Polizeigewalt in Bremen Wieder zeigt ein Video prügelnde Polizisten

Erst Tritte und Prügel in Westerburg, nun ein weiterer Fall von brutaler Polizeigewalt in Bremen. Ein den Medien zugespieltes Video zeigt, wie sieben Polizisten den Besucher einer Diskothek traktieren. Das Opfer erstattete Anzeige. Die deutsche Polizei muss um ihren Ruf bangen. Am Mittwoch erstattete sie Selbstanzeige.

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Foto: dpa, Tobias Kleinschmidt

Gleich mehrfach sind in den vergangenen Monaten Fälle von Polizeigewalt in Deutschland publik geworden. Mit jedem einzelnen bekommt das Berufsbild der Polizei als Freund und Helfer tiefere Risse.

Am Mittwoch veröffentlichte bild.de ein Video, das einen Einsatz von insgesamt sieben Polizisten in einer Discothek in Bremen dokumentiert. Die schwarz-weißen Bilder einer Überwachungskamera wurden der Redaktion zugespielt, heißt es. Nun verschärfen sie die Debatte über das Ausmaß von Polizeigewalt in Deutschland. Zahlreiche Medien berichteten am Mittwoch über das Video, das vom 23. Juni datiert und in der Disco "Gleis 9" in der Nähe des Hauptbahnhofs aufgenommen wurde.

Großflächige Hämatome

Denn das Video lässt keinen Spielraum für Interpretationen zu, wer hier die Gewalt auf die Spitze trieb. Ein Mann wird in einem Vorraum der Discothek von drei Polizisten an die Wand gedrängt, einer drückt ihm die Hand gegen die Kehle. Schläge sind zu sehen, Tritte, mehrfach drischt ein Polizist mit einem Schlagstock auf den Besucher ein, der von den anderen zu Boden gedrückt wird. Besucher der Discothek werden vom Hauspersonal und einigen Polizisten zügig aus dem Raum geführt.

Er soll zuvor randaliert haben, heißt es in dem Bericht. Nach dem Polizei-Einsatz habe er wegen Prellungen an Kopf, Gesicht, Rücken und Rippen behandelt werden müssen. Später gemachte Aufnahmen zeigen das Opfer mit großflächigen Hämatomen unter beiden Augen. Der Mann hat Anzeige wegen Körperverletzung erstattet.

Polizei erstattet Selbstanzeige

Weitere Vorwürfe setzen die Polizisten noch mehr unter Druck: So sollen die Beamten die Discothek durchsucht und die Kamera beschlagnahmt haben. Angeblich, weil die Aufnahmen den Datenschutz verletzten.

Dennoch gelangte der Film an die Medien. Nun wird intern ermittelt, wie es heißt. "Ihr Hinweis reicht aus, dass wir ein Strafverfahren gegen unbekannt und interne Ermittlungen einleiten", zitiert bild.de Polizeipräsident Lutz Müller.

Am Mittwoch gaben die Polizei-Verantwortlichen aus Bremen bekannt, dass sie bei der Staatsanwaltschaft Anzeige gegen die Beamten erstattet hat. "Es geht um den Verdacht der Körperverletzung im Amt", sagte Polizeisprecher Dirk Siemering. Auch die Dienststelle für interne Ermittlungen beim Innensenator wurde eingeschaltet. Die Polizei erfuhr nach eigenen Angaben erst durch die Berichterstattung von dem Video.

Nicht der erste Fall von Polizeigewalt

Polizeipräsident Lutz Müller sagte, er erwarte eine lückenlose Aufklärung. Die Polizei sei leider häufig gezwungen, Zwangsmaßnahmen anzuwenden. Trotzdem müsse dies verhältnismäßig und angemessen erfolgen. "Wenn dies nicht geschieht, machen sich die agierenden Beamten strafbar und müssen sich den Konsequenzen stellen.".

Der Fall aus Bremen löst auch deswegen ein so großes Echo aus, weil in den vergangenen Monaten schon mehrfach ganz ähnliche Fälle die Öffentlichkeit aufschreckten.

Westerburg: Tritte bei der Festnahme

So filmte ein Passantin im Juni in Westerburg, wie zwei Polizisten aus der Stadt Westerburg im Westerwaldkreis auf einen festgenommenen Mann einschlugen. Das von der Rheinzeitung veröffentlichte Video zeigte, wie ein Beamter von oben mehrmals auf den am Boden sitzenden Festgenommenen einschlägt. Ein weiterer Polizist versetzte ihm einen Schlag gegen den Kopf und einen Tritt in die Seite. Nach weiteren Schlägen ins Gesicht wurde der Mann abgeführt.

Gegen die Beamten wurde ein Ermittlungsverfahren eingeleitet, heiß es anschließend. Zwei weitere Polizisten — ein Mann und eine Frau — sollen zugeschaut haben, ohne einzuschreiten. Gegen sie ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen Strafvereitelung im Amt.

Schläge in der Zelle

In Bayern sorgte im Frühjahr ebenfalls ein Prügelfall für Aufsehen. Die Staatsanwaltschaft in München eröffnete im Mai gegen einen 33 Jahre alten Beamten Verfahren wegen des Verdachts der vorsätzlichen Körperverletzung im Amt. Eine 23-Jährige musste nach ihrem Aufenthalt in der Polizeizelle mit gebrochener Nase und gebrochenem Augenhöhlenbogen in ein Krankenhaus gebracht werden. Wie die Süddeutsche Zeitung berichtet, lag sie mit nach hinten gefesselten Händen wehrlose auf einer Pritsche, während ihr der Polizeihauptmeister Faustschläge ins Gesicht versetzte.

Die Vorfälle sind dazu geeignet, nun die ganze Polizeiarbeit in Verruf zu bringen. Die spricht von bedauerlichen Einzelfällen und schwarzen Schafen, muss sich aber auch gegen den Vorwurf erwehren, aus falsch verstandenem Korpsgeist Kollegen zu schützen und Vertuschungsarbeit zu leisten.

"Vertreter des Gewaltmonopols müssen beim Einschreiten gegen Bürger diszipliniert handeln, Verhältnismäßigkeit ist ein Rechtsgrundsatz ohne Wenn und Aber. Polizisten dürfen nicht unkontrolliert schlagen, schon gar nicht misshandeln", stellt unlängst noch Joachim Kersten, Fachgebietsleiter an der Deutschen Hochschule der Polizei in Münster, in einem Beitrag für die Süddeutsche Zeitung klar.

Die Polizei habe solche Charaktere nicht verdient.

Sonst verliere die Bevölkerung das Vertrauen.

(pst)
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