RAF-Aussteigerin Maier-Witt: "Wir sind alle alte Leute geworden"

Stuttgart (RPO). RAF-Aussteigerin Silke Maier-Witt hat ihre früheren Kampfgenossen nachdrücklich aufgefordert, ihr Schweigen über die Täter beim Buback-Attentat und anderen Anschlägen zu brechen. "Es macht keinen Sinn, das Versteckspiel aufrechterhalten zu wollen", sagte Maier-Witt am Freitag als Zeugin vor dem Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart.

Ex-RAF-Terroristin Becker von der Vergangenheit eingeholt
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"Wir sind alle alte Leute geworden und stehen kurz vor dem Rentenalter", betonte die 61-Jährige. Sie denke daher, dass es an der Zeit wäre, dass diejenigen, die Bescheid wüssten, ihr Wissen offenbarten. Es dürfe nicht so getan werden, als gäbe es eine "besondere Verbundenheit in der Gruppe" und "irgendwelche geheimen Absprachen", an die man sich halten müsse.

Maier-Witt sprach von einer moralischen Pflicht gegenüber den Opfern, Wissen über Anschläge zu offenbaren. Michael Buback, der Sohn des ermordeten Generalbundesanwalts Siegfried Buback, habe ein Recht zu wissen, wer seinen Vater erschossen hat.

Nun müssten alle diejenigen reden, "die es auf jeden Fall wissen", sagte Maier-Witt. Dazu zählte sie frühere RAF-"Führungspersonen" wie Brigitte Mohnhaupt, Christian Klar und auch Stefan Wisniewski. Bis heute ist unklar, wer Buback und zwei seiner Begleiter am 7. April 1977 erschossen hat. Als "Mittäter" verurteilt wurden Mohnhaupt, Klar und Knut Folkerts.

Folkerts war nach Einschätzung von Maier-Witt jedoch nicht unmittelbar an dem Mordanschlag beteiligt. "Ich glaube nicht, dass Herr Folkerts an der Aktion beteiligt war", sagte die 61-Jährige. "Ich glaube eher, dass er beteiligt sein sollte und es nicht getan hat", fügte Maier-Witt hinzu. Sie könne dies aber "nicht irgendwie beweisen".

Folkerts galt bisher als unmittelbar Tatbeteiligter des Anschlags vom 7. April 1977 in Karlsruhe, bei dem die Todesschüsse vom Soziussitz eines Motorrads abgefeuert wurden. Immer wieder gab jedoch auch Zweifel, dass Folkerts am Tattag überhaupt in Karlsruhe war. Spekuliert wurde, dass er in Amsterdam gewesen sein könnte. Maier-Witt nährte mit ihrer jetzigen Aussage diese Zweifel.

In dem Stuttgarter Prozess ist die ehemalige RAF-Terroristin Verena Becker angeklagt, Mittäterin beim Buback-Mord gewesen zu sein. Becker soll maßgeblich an der Entscheidung für den Mordanschlag, an dessen Planung und Vorbereitung sowie der Verbreitung der Bekennerschreiben mitgewirkt haben.

Michael Buback hält Becker für die Todesschützin. Die Bundesanwaltschaft hat dafür aber keine hinreichenden Anhaltspunkte. Becker selbst schweigt beharrlich zum Tatvorwurf.

(DDP)
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