Brennelemente vermisst Wirbel um Atommüll aus Jülich

(RP). Das Bundesumweltministerium ist irritiert über das Hin und Her um den Verbleib von 2284 Brennelementekugeln aus dem Forschungsreaktor Jülich. Dokumente belegen Lieferungen ins Bergwerk Asse. Das Bundesamt für Strahlenschutz dementiert, dass das Material dort eingelagert wurde.

Atom-Katastrophen und Zwischenfälle
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Foto: dapd

Die "Begleitlisten" stammen aus dem Jahr 1976. Sie belegen, dass Brennelemente aus dem Forschungsreaktor Jülich per Bahn in zwei Transporten zum Forschungsreaktor Asse gebracht wurden. Eine Spur auf den Verbleib von atomaren Brennelementen aus dem Forschungszentrum Jülich? Die Landesregierung hatte am Wochenende nicht ausgeschlossen, dass radioaktives Material aus dem Reaktor in dem Salzbergwerk eingelagert worden sein könnte. Montag ging das Hin und Her um den Atommüll weiter.

Das Forschungszentrum Jülich kann die Aufregung um die Brennelemente nicht nachvollziehen. Der Verbleib von 2285 radioaktiven Kugeln sei "vollständig dokumentiert", sagte Achim Bachem, Vorstandsvorsitzender des Forschungszentrums. Alle befänden sich auf dem Gelände des Forschungszentrums. 1976 seien nur Testbrennelemente mit schwacher oder mittlerer Radioaktivität, die in anderen Forschungsgeräten erprobt worden seien, nach Asse gebracht worden.

Grüne sehen keinen Grund für Entwarnung

Auch das Bundesamt für Strahlenschutz erklärte, das fragliche Material sei nicht in dem Salzbergwerk eingelagert worden. Hans Christian Markert, atompolitischer Sprecher der Grünen im Düsseldorfer Landtag, sieht in diesen Statements noch keinen Grund für eine Entwarnung. Der "Gegenbeweis" dafür, dass nicht doch Teile der Jülicher Brennkugeln in dem Bergwerk gelandet seien, sei noch längst nicht erbracht.

Der Politiker hatte bei Recherchen zu möglichen Castor-Transporten von Jülich zum Zwischenlager Ahaus Unstimmigkeiten bei den Angaben zur Menge der auf dem Gelände des Forschungszentrums gelagerten Brennelemente festgestellt. In der Antwort auf eine Anfrage hatte die Landesregierung eingeräumt, über den Verbleib von 2285 Brennelementekugeln könne "keine abschließende Aussage" getroffen werden. In Regierungskreisen hieß es gestern, die Antwort sei mit dem Forschungszentrum abgestimmt worden. Die Behauptung, die fraglichen Brennelemente seien auf dem Gelände geblieben, löste Verwunderung aus. "Das ist ein befremdlicher Alleingang", hieß es in Düsseldorf.

Mittlerweile schieben sich die beteiligten Behörden gegenseitig die Schuld an dem Informationswirrwarr zu. Das Bundesumweltministerium kündigte an, man werde die zuständige Landesaufsicht zum Rapport einbestellen. NRW-Wissenschaftsministerin Svenja Schulze wiederum forderte das Forschungszentrum Jülich auf, "schnellstmöglich Transparenz" zu schaffen. Nach dem vorläufigen Endbericht des parlamentarischen Untersuchungsausschusses des niedersächsischen Landtags zum Atommülllager Asse gebe es den Hinweis, dass Graphitkugeln von Jülich dorthin verbracht worden seien, bekräftigte Schulze.

Lutz Lienenkämper, Energie-Experte der CDU-Landstagfraktion, will das Rätsel um die Brennelemente in Jülich morgen im Wirtschaftsausschuss ansprechen. Die rot-grüne Minderheitsregierung versuche, "die Verantwortlichkeiten zu verbergen". Im Zeitraum von 1967 bis 1988, als der Forschungsreaktor betrieben wurde, habe die Atomaufsicht in NRW in den Händen der SPD gelegen.

(RP)
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