Verbeamtung abgelehnt Zu dick fürs Lehramt

Düsseldorf · In NRW wollen derzeit drei Lehrer ihre Verbeamtung einklagen. Sie wird den Pädagogen verweigert, weil sie zu viel Gewicht auf die Waage bringen. Das Trio steht beispielhaft für eine wachsende Zahl von Lehrern, die offenbar nicht fit genug sind, um Beamte zu sein.

 Ein Blick auf die Waage offenbart Gewichtsprobleme.

Ein Blick auf die Waage offenbart Gewichtsprobleme.

Foto: DAK Wigger, gms

109 Kilo bei 1,68 Meter Größe - zu viel, fand der Amtsarzt und entschied: Die 31-jährige Lehrerin Lena M.* sollte nicht verbeamtet werden. Sein Urteil notierte der Mediziner in einem Schreiben, das er an die zuständige Bezirksregierung schickte.

Zu Lena M. sagte der Arzt: "Nehmen Sie 30 Kilo ab und kommen Sie in zwei Jahren wieder." Lena M. fiel aus allen Wolken. Dass sie wegen ihres Gewichts nicht verbeamtet werden könnte, damit hatte sie nie gerechnet.

"Nehmen Sie 30 Kilo ab", das war das Letzte, was sie nach gut zehn Jahren Studium, Promotion mit Auszeichnung und Referendariat hören wollte. "Es machte mich so traurig, dass ich danach noch mehr aß", erzählt Lena M..

Sie legte weiter zu und erreichte das höchste Gewicht, das sie je hatte: 112 Kilo. Dann gab sie sich einen Ruck, stellte ihre Ernährung um und besuchte eine Diätgruppe. Ein Jahr ist das nun her.

Seitdem hat Lena M., die an einem Gymnasium Englisch und Philosophie unterrichtet, 17 Kilo abgenommen. Laut Bezirksregierung muss sie einen Body-Mass-Index (Berechnung siehe Info BMI) von unter 30 erreichen. Derzeit hat sie einen BMI von 33,7 und ist optimistisch, dass sie in einem Jahr die Auflage des Arztes erfüllen wird. "Ich schaffe das!", sagt Lena M..

Pädagogen mit einem extrem hohen BMI könnten aber häufiger auch andere gesundheitliche Probleme haben, entgegnet Claudia Pirch, Sprecherin der Bezirksregierung in Düsseldorf. Wenn diese Kollegen ausfielen und vielleicht sogar verfrüht in den Ruhestand gingen, könne das teuer werden.

Sicher gebe es bei Übergewicht Folgeerkrankungen, sagt Lena M.. Sie kenne jedoch auch viele Kollegen, die dünn, aber trotzdem dauernd krank seien. Die 31-Jährige will ihre Verbeamtung einklagen.

NRW-weit versuchen derzeit drei Lehrer, ihre Verbeamtung wie Lena M. auf dem Rechtsweg zu erstreiten. Sie stehen beispielhaft für eine wachsende Zahl von Pädagogen, denen eine Verbeamtung aufgrund Übergewichts versagt bleibt.

Bei den amtsärztlichen Untersuchungen werden die Bewerber komplett durchgecheckt. Herz, Blutdruck, Schilddrüse, Lymphknoten, Lunge, Hals, Nase, Mund, Rachen, Beweglichkeit von Armen, Schulter, Beinen, Stellung der Wirbelsäule - der Amtsarzt schaut sich alles genau an. Dazu stellt er Fragen wie: "Machen Sie Sport?", "Leiden Sie an Diabetes?", "Rauchen Sie?", "Welche Krankheiten oder Verletzungen hatten Sie in der Vergangenheit?"

Berthold Paschert, Sprecher der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Nordrhein-Westfalen, meint, dass die Bezirksregierung bei der Verbeamtung immer rigider wird. "Sie will damit wohl verhindern, dass Beamte frühzeitig wegen Dienstunfähigkeit ausscheiden."

Lena M. wundern diese Zahlen nicht. Die Anforderungen an Lehrer und der Druck auf sie seien in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Zwölf-, 13-Stundentage seien für sie keine Seltenheit. Gleichzeitig würden die Schüler immer komplizierter. "Viele Lehrer sind einfach ausgebrannt und psychisch am Ende." Idealgewicht helfe ihnen da auch nicht.

*Name geändert

(Rheinische Post)
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