Berlin-Kreuzberg Zwölfjähriger Schüler schlägt Lehrerin krankenhausreif

Berlin (rpo). Im Berliner Stadtteil Kreuzberg hat ein zwölfjähriger Schüler seine Lehrerin zusammengeschlagen. Der Zwölfjährige soll der Lehrerin gezielt ins Gesicht geschlagen und sie so stark verletzt haben, dass die 62-jährige Pädagogin ins Krankenhaus musste. Der Vorfall habe sich am Robert-Koch-Gymnasium ereignet, sagte ein Polizeisprecher. Über Hintergründe wurde zunächst nichts bekannt.

Die Serie gewalttätiger Übergriffe an Berliner Schulen reißt nicht ab. Ein 12-jähriger Grundschüler hat am Montag im Stadtteil Kreuzberg einer Lehrerin ins Gesicht geschlagen, als sie bei einer Schlägerei auf dem Schulhof einschritt. Die 62-Jährige musste im Krankenhaus behandelt werden. Bildungssenator Klaus Böger (SPD) plädiert für strengere erzieherische Maßnahmen gegen junge Straftäter. Dagegen fordert die FDP eine Verschärfung des Strafrechts für Kinder.

Zu der Auseinandersetzung kam es am Mittag auf dem Schulhof des Robert-Koch-Gymnasiums in der Dieffenbachstraße, der an das Gelände der Lemgo-Grundschule grenzt, wie ein Polizeisprecher sagte. Dort waren Schüler beider Schulen in eine Schlägerei verwickelt. Als die Lehrerin des Gymnasiums dazwischen ging, soll ihr der 12-jährige Junge mit der Faust auf ein Auge geschlagen haben. Der Schüler aus einer libanesischen Familie ist den Angaben zufolge Hobby-Boxer.

Durch die Wucht des Schlages zerbrach die Brille der Lehrerin. Das Opfer wurde von der Feuerwehr ins Krankenhaus gebracht. Schüler hielten den Schläger fest und brachten ihn in das Direktorat. Nach seiner Vernehmung durch die Polizei wurde der Junge seinen Eltern übergeben. Gegen ihn wird wegen Körperverletzung ermittelt.

Elternsprecherin Traudl Kellermann zeigte sich nicht überrascht. "Wir haben es alle geahnt", sagte sie. Der Junge sei erst vor wenigen Wochen an die Lemgo-Schule gekommen, nachdem er von einer anderen Schule verwiesen worden sei. Offenbar sei er bereits dort durch Gewalttätigkeit auffällig geworden. Dennoch seien mit dem Schulverweis keine Begleitmaßnahmen verbunden gewesen, es habe sich kein Sozialarbeiter um das Kind gekümmert. "Wir fühlen uns absolut alleine gelassen", kritisierte Kellermann.

Rangeleien sind Normalität

Probleme gebe es eigentlich jeden Tag, sagte ein Oberschüler. Grund- und Oberschule teilten sich einen Hof - da seien Rangeleien zwischen den Schülern Normalität. Die seien auch schon mal gewalttätig. Dass es diesmal eine Lehrerin und dann auch noch eine sehr beliebte erwischt habe, verwundere ihn aber. "Die wollen uns beweisen, dass sie stark sind", sagte ein anderer Gymnasiast, der früher selbst an die Lemgo-Grundschule ging. Viele Kinder hätten Probleme zu Hause und lebten ihre Aggressionen dann in der Schule aus.

Böger, der die verletzte Pädagogin am Nachmittag im Krankenhaus besucht hatte, betonte, die Tat zeige einmal mehr, "mit welchen Verrohungen sich Lehrer an Berlins Schulen auseinander zu setzen haben". Er sprach sich dafür aus, dass eine bereits beim Bundesjustizministerium eingerichtete Arbeitsgruppe auch über Möglichkeiten von "erzieherischen Maßnahmen unterhalb der Entziehung der elterlichen Gewalt" nachdenke. Die derzeitigen Mittel wie das Einschalten des Jugendamtes setzten ein aktives Mitwirken der Eltern voraus, das häufig nicht gegeben sei. Auch die Eltern des 12-Jährigen hätten sich lange Hilfsmaßnahmen verschlossen, erst kürzlich habe der Vater dem Einsatz eines Familienhelfers zugestimmt.

Einsatz von Schulpsychologen

FDP-Fraktionschef Martin Lindner fordert die Herabsetzung der Strafmündigkeit von 14 auf 12 Jahre. Im vergangenen Jahr seien 5700 strafunmündige tatverdächtige Kinder registriert worden. CDU-Bildungsexpertin Katrin Schultze-Berndt verlangte den Einsatz von mehr Schulpsychologen, mehr Kontrollen auf Schulhöfen und zusätzlichen Freizeitangeboten.

Gewaltvorfälle an Berliner Schulen hatten in den vergangenen Monaten eine neue Debatte um die Bildungs- und Integrationspolitik entfacht. Für Schlagzeilen sorgte vor allem der Hilferuf von Lehrern der Neuköllner Rütli-Schule wegen zunehmender Gewalt sowie das Erscheinen einer 18-Jährigen mit einer scharfen Pistole im Klassenzimmer der Hedwig-Dohm-Oberschule. Erst in der Nacht zum Samstag hatte ein 16-Jähriger bei einem Amoklauf im Regierungsviertel 31 Menschen mit einem Messer verletzt. Zuvor war er wegen des Mitführens eines Butterfly-Messers im Unterricht von der Johann-Thienemann-Schule verwiesen worden.

(afp2)
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