Herzogenaurach Zwei Brüder erfinden den Sportschuh neu

Herzogenaurach · Jahrzehntelang ruhte die Story rund um die Entstehung von Adidas und Puma, dann schlugen zwei Sender zu. RTL setzte auf die Anfänge, der ARD-Zweiteiler "Die Dasslers" zeigt jene Entwicklung, die die Konzerne bis heute beschäftigt.

Die Dasslers in der ARD - Adidas vs. Puma: Brüder erfinden den Sportschuh neu
Foto: dpa, sab

Die gemeinsame Leidenschaft für den perfekten Schuh schweißt Adi und Rudi Dassler in jungen Jahren zusammen, doch lange hält die traute Bruderschaft nicht. Wenn es um Geld und Macht in der eigenen Schuhfabrik geht, hört die Liebe für die beiden äußerst ehrgeizigen Männer auf. Am Ende steht eine auf Generationen zerstrittene und tief gespaltene Familie - und die Geschichte zweier Weltkonzerne: Adidas und Puma. Nach RTL (Karfreitag 2016) hat sich nun auch die ARD der reizvollen Geschichte angenommen und aus den wahren Begebenheiten ein tiefgründiges Familienepos gemacht. Der Zweiteiler "Die Dasslers - Pioniere, Brüder und Rivalen" läuft ein Jahr später, ebenfalls am Karfreitag (20.15 Uhr).

Auch wer die Familiensaga aus dem kleinen fränkischen Herzogenaurach bereits aus dem RTL-Werk kennt, kann noch einmal einschalten. Denn die Regisseure Cyrill Boss und Philipp Stennert setzen in ihrem Film andere Schwerpunkte - auch wenn Vergleiche zwangsläufig nicht ausbleiben. Zwar sind die Rechercheteams von RTL und ARD mit erstaunlicher Regelmäßigkeit auf den gleichen Nenner gekommen - beziehungsweise gegen die gleichen Mauern gestoßen: So werden etwa die gleichen Sachverhalte im Vagen belassen, die Charaktere sind recht ähnlich gezeichnet. Doch die ARD legt ihren Zweiteiler mit 180 Minuten Gesamtlänge umfassender an.

Die erste Szene spielt zu einem Zeitpunkt, bis zu dem die RTL-Version "Duell der Brüder" nicht gekommen ist: Es ist in den 70er Jahren, als Rudi Dasslers Tod absehbar ist. Er liegt im Sterben, doch davon will sein Bruder Adi nichts wissen. "Wir haben seit 26 Jahren nicht mehr miteinander geredet", kommentiert er kühl, als er von der Nachricht hört, dass sein Bruder eine Lungenblutung hatte. "Er braucht keinen Bruder. Er braucht einen Arzt", sagt er und wendet sich wieder der Arbeit, dem Stollencheck bei den Fußballschuhen, zu.

Die Frage, ob es eine Aussprache nach 26 Jahren unmittelbar vor dem Tod Rudis noch gegeben hat, bildet die Klammer um die packende Story. Dazwischen stecken Erfindungen, Streitereien, der Zweite Weltkrieg, Machtkämpfe, Misstrauen, Verrat und schließlich der große Knall: Aus den verbissenen Brüdern und Pionieren ihrer Zeit - Adi (Christian Friedel), einem introvertierten aber handwerklich-kreativen Tüftler, und Rudi (Hanno Koffler), einem Menschenfänger und charismatischen Verkaufsstrategen - werden erbitterte Feinde.

Hier hört die Geschichte noch nicht auf. RTL konzentrierte sich nur auf die Anfänge der Marken Adidas und Puma, erzählte chronologisch und wertete die Charaktere mehr: Rudi, der böse, Adi, der gute Typ. Die ARD beleuchtet dagegen auch die deutsche Nachkriegsgeschichte, den Aufstieg der beiden Firmen zu Weltkonzernen und die Zerwürfnisse zwischen den Söhnen - Horst (Oliver Konietzny) und Armin (Rafael Gareisen) - nach dem Abtreten der jeweiligen Firmenpatriarchen aus der ersten Generation.

Dass darüber hinaus die Ursprünge des Sportmarketings und der Korruption im Sportgeschäft gezeigt werden, verleiht dem Film die aktuelle Note in Zeiten von Fifa-Korruption und "Sommermärchen-Affäre", die im vergangenen Jahr hochkamen. Dazu bleibt der Film den Charakteren gegenüber ohne jede Heldenverklärung ausgeglichener.

In ihren Altersrollen brillieren über einen Bogen von rund 50 Jahren nicht nur Friedel und Koffler, sondern auch Adis Frau Käthe (Alina Levshin) und Rudis Frau Friedl (Hannah Herzsprung).

"Die Dasslers" zeigt nicht nur die emotionsgeladene Biografie einer ehemals harmonischen Familie in der deutschen Kriegs- und Nachkriegsgeschichte. Vielmehr wird deutlich, dass der erbittert geführte Konkurrenzkampf zwischen den beiden Dassler-Dynastien zugleich ein Motor für den weltweiten Erfolg der beiden Marken Adidas und Puma war. Heute sind die Konzerne nicht mehr in Familienbesitz.

(dpa)
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