Bezahlen mit dem guten Namen Die Kreditkarte wird 50 Jahre alt

Washington (AP). Es war schon eine peinliche Situation für den Geschäftsmann Frank McNamara. Im Frühjahr 1950 wollte er die Rechnung in einem Restaurant in Manhattan begleichen, da langte seine Hand beim Griff nach dem Geldbeutel ins Leere. Obwohl ihm seine eilends herbeigerufene Frau aus der Klemme half, ließ ihn der Vorfall nicht ruhen - so etwas sollte ihm nicht noch einmal passieren. Also bedruckte er einfach einen kleinen Karton, setzte darauf seine Unterschrift und überzeugte den Restaurantbesitzer beim nächsten Mal, dass diese Karte und die Unterschrift für eine spätere Bezahlung garantierten.

Damit war die erste Kreditkarte aus der Taufe gehoben - mehr als ein halbes Jahrhundert, nachdem der Begriff erfunden worden war. Der US-Schriftsteller Edward Bellamy schrieb 1888 die Gesellschaftsutopie "Ein Rückblick aus dem Jahre 2000 auf 1887", in der er eine schöne neue Welt beschrieb. In seiner Zukunft war das Geld abgeschafft und durch Kreditkarten ersetzt worden, die es dem Inhaber ermöglichen, seine Wünsche zu erfüllen, wann immer und wo immer er will.

Ob McNamara Bellamy gelesen hatte, ist unklar, jedenfalls gründeten er und sein Anwalt den Diners Club, der zunächst nur rund 200 Freunden und Geschäftspartnern gestattete, mit ihrem guten Namen zu bezahlen. Bereits ein Jahr nach dem Start, im März 1951, verzeichnete Diners Club 42.000 US-Bürger in seiner Kartei, die in mehr als 330 Unternehmen ohne Bargeld einkaufen konnten. Die Mitgliedschaft kostete drei Dollar pro Jahr, alle Rechnungen mussten am Ende eines Monats beglichen werden.

Die heute üblichen Kreditkarten von Banken wurde 1951 von der damaligen Franklin National Bank eingeführt, die später zur European American Bank wurde. Lange galten Kreditkarten als Zierde der Reichen, die ihre Rechnungen für Luxushotels oder Drei-Sterne-Restaurants damit bezahlten. Inzwischen sind die Plastikkarten so verbreitet, dass fast alle täglichen Güter damit eingekauft werden. In den USA haben rund 160 Millionen Einwohner mindestens eine davon; im Durchschnitt sind es sechs. In der Bundesrepublik haben rund 16,5 Millionen Menschen eine Kreditkarte, weiter verbreitet ist noch die EC-Karte der Banken, mit der auch fast überall bargeldlos bezahlt werden kann.

Das Geschäft boomt weiter, der Markt ist hart umkämpft. American Express gibt für 1.000 Dollar (2.000 Mark) im Jahr eine Premium-Card heraus, mit der die Besitzer in Hotels oder auf Flughäfen eine Sonderbehandlung erfahren, auch ein persönlicher Reiseberater wird gestellt. Andere buhlen mit Zusatzleistungen wie Versicherungen oder einem kostenlosen Einstieg auf Probe um die Gunst der Kunden.

Der Wirtschaftsprofessor Frederic Mishkin von der Columbia-Universität in New York sieht in der Entwicklung eine Demokratisierung des Kredits. "Jeder kleine Mann ist kreditwürdig geworden", sagt er. Genau an dieser Stelle sehen Kritiker die Gefahren. Nach Angaben der Verbrauchergemeinschaft der USA beträgt das durchschnittliche Minus auf den Konten der rund 80 Millionen Haushalte mit Kreditkarten derzeit 6.000 bis 7.000 Dollar (12.000 bis 14.000 Mark). Rund 70 Prozent aller Studenten an Universitäten oder den vergleichbaren Colleges haben mindestens eine Kreditkarte, die im Durchschnitt mit rund 2.000 Dollar (4.000 Mark) belastet ist.

Wie der Soziologe Robert Manning erforscht hat, müssen Studenten zunehmend ihr Studium unterbrechen, um ihre Schulden abzubauen. Einige Selbstmorde von Studenten wurden in jüngster Vergangenheit mit ihrer finanziellen Lage in Verbindung gebracht. Aber alle Warnungen verhallen angesichts des Potenzials, das die Kreditkarten vor allem beim Einkaufen auch im Internet haben. Über das Datennetz kann heute vom Schreibtisch aus fast alles nach Hause bestellt werden, und meist ist dafür eine Kreditkartennummer erforderlich.

Auch hier lauern Gefahren: Mehrfach haben Hacker die Daten von Käufern ausgespäht und die Nummern für eigene Zwecke benutzt. Alle Experten raten daher beim elektronischen Handel zu besonderer Vorsicht. Und auch bei persönlichen Einkäufen sollte mit der Kreditkarte so vorsichtig umgegangen werden, als handele es sich um Bargeld.

(RPO Archiv)
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