Bochum Doppelmord-Prozess: Marcel H. räumt Bluttaten ein

Bochum · Als der mutmaßliche Doppelmörder Marcel H. gestern von drei Wachtmeistern in den voll besetzten Bochumer Gerichtssaal geführt wird, trägt er einen zu großen grauen Pullover und hat Badelatschen an den Füßen. "Er bittet, seine unangemessene Kleidung zu entschuldigen", beeilt sich Verteidiger Michael Emde zu erklären. Doch der Unmut unter den Zuschauern ist nicht zu überhören. Angeblich, so heißt es später, habe keiner aus der Familie den 19-Jährigen mit Schuhen und vernünftiger Kleidung versorgt. Seine Eltern hätten mit ihm gebrochen.

Marcel H. aus Herne: Mutmaßlicher Kindermörder in Bochum vor Gericht
16 Bilder

Mutmaßlicher Kindermörder Marcel H. vor Gericht

16 Bilder
Foto: Bernd Thissen/dpa

Zum Prozessauftakt um den Doppelmord von Herne hat der 19-Jährige über seinen Verteidiger eingeräumt, die Bluttaten an einem Nachbarsjungen und einem ehemaligen Schulfreund begangen zu haben. "Der Angeklagte betont, dass er den Anklagevorwürfen nicht entgegentritt", sagte Emde. Zu Einzelheiten wolle sein Mandant aber keine Angaben machen - auch nicht zu seinem Lebenslauf.

Marcel H. wird vorgeworfen, am 6. März 2017 zunächst den neunjährigen Nachbarsjungen und einen Tag später einen 22-jährigen Ex-Schulfreund ermordet zu haben. "Ich gewichte das als Geständnis", sagte Emde in einer Prozesspause. Zuvor hatte es Irritationen gegeben, ob die knappe Aussage vor Gericht juristisch als Geständnis gewertet werden kann. Das Motiv für die Bluttaten soll unter anderem Mordlust gewesen sein. Bilder der schrecklich zugerichteten Leichen waren später im Internet aufgetaucht. Zum Prozessauftakt zeigte der Angeklagte keine Emotionen.

Die ersten Zuschauer waren schon vor sechs Uhr am Bochumer Landgericht, um sich einen der knapp 60 Sitzplätze zu sichern. Die Mütter der beiden Opfer waren ebenfalls anwesend. "Eigentlich ist das alles nicht zu ertragen", sagte die Mutter des kleinen Jaden am Rande des Prozesses. "Aber ich will ihn mit meinen Augen fixieren."

Ihr Anwalt Reinhard Peters hat inzwischen auch eine Schmerzensgeldklage über 100.000 Euro eingereicht. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass Marcel H. ihren Sohn unter einem Vorwand in den Keller seiner ehemaligen Herner Wohnung gelockt hat. Der Junge, der gleich nebenan wohnte, habe ihm beim Aufstellen einer Leiter helfen sollen. Dann soll alles ganz schnell gegangen sein: "Der Angeklagte stach mit einem Klappmesser mit neun Zentimeter langer Klinge 52 Mal auf das überraschte Kind ein", heißt es in der Anklage. "Er handelte in dem Streben danach, einen Menschen sterben zu sehen", sagte Staatsanwalt Danyal Maibaum.

Nach der Tat soll Marcel H. Bilder der Kinderleiche verschickt haben, die kurze Zeit später im Internet aufgetaucht sind. Außerdem nahm er eine Sprachnachricht auf, die im Netz zu hören war. Darin heißt es unter anderem "Ich habe hier gerade den Nachbarn umgebracht. Meine Hand blutet jetzt - und das ist das Einzige, was mich gerade stört." Das zweite Opfer war sein ehemaliger Schulfreund des Angeklagten. Die Staatsanwaltschaft W. geht davon aus, dass sich Marcel H. bei dem 22-Jährigen verstecken wollte.

Marcel H. hatte sich am 9. März selbst gestellt. Er war am Abend in einem Imbiss aufgetaucht, der ganz in der Nähe des zweiten Tatorts lag. Zuvor soll er in der Wohnung von W. laut Anklage Feuer gelegt haben, um Spuren zu verwischen. Als Heranwachsendem droht Marcel H. eine Höchststrafe von 15 Jahren.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort