Privatflüge Eine Reise mit der Mitflugzentrale

Düsseldorf · Über das Wochenende an die Nordsee jetten: Mitflugzentralen für Privatflugzeuge machen es möglich. Hobby-Piloten bekommen so einen Teil ihrer Kosten zurück - Geld verdienen dürfen sie dabei nicht.

Das Prinzip Mitfahrzentrale ist mittlerweile ein alter Hut. Ein Fahrer hat in seinem Auto auf einer längeren Strecke noch Plätze frei und vergibt sie an zahlungswillige Mitfahrer. Die Kosten werden geteilt. Was auf der Straße funktioniert, soll nun auch die Lüfte erobern. Mitflugzentralen wie Wingly oder Flyt.club verbinden private Piloten und Mitflieger.

"Selbst fliegen ist nur etwas für Reiche - mit diesem Klischee wollen wir aufräumen", sagt Lars Klein, Mitgründer des deutsch-französischen Startups Wingly. Viele Piloten würden gerne häufiger fliegen, die Kosten seien aber hoch. "Wir ermöglichen es, dass sich Piloten die Kosten mit ihren Passagieren teilen."

Kosten teilen - das bedeutet zum Beispiel 70 Euro pro Passagier für einen einstündigen Rundflug über Mönchengladbach oder 300 Euro für die Strecke von Düsseldorf nach Norderney und zurück. Ähnliche Preise sind auch auf der Konkurrenzplattform Flyt.club zu finden, wobei es auch teurere Verbindungen gibt, etwa die Strecke von Essen nach Kiel für 385 Euro. Die Bezahlung wird online abgewickelt.

Dabei schreiben beide Plattformen vor, dass der Pilot nicht weniger zahlt als seine Passagiere. Stattdessen müssen die Kosten fair zwischen allen Insassen geteilt werden. Grundlage dafür ist die EU-Verordnung 965/2012, die im April 2014 in einer veränderten Version in Kraft getreten ist. Sie sieht auch vor, dass Piloten maximal fünf Passagiere mitnehmen dürfen.

Große Jets betreiben oder Geld verdienen können Piloten mit Mitflugzentralen wie Flyt.club oder Wingly also nicht - aber sie können es sich vermutlich häufiger leisten, in den Flieger zu steigen. Ein gewisser Markt für solche Flüge scheint zu existieren, zumindest wenn man den Unternehmen glaubt.

Wingly bietet derzeit nach eigenen Angaben 300 Flüge auf seiner Plattform an, jeder dritte Flug werde auch gebucht. In Deutschland seien gut 1000 Piloten auf der Plattform registriert, wobei diese erst Anfang Februar gestartet ist. Flyt.club, am Start seit Juli 2015, spricht von einer Auslastung von immerhin 14 Prozent und derzeit 240 angebotenen Flügen. Registrierte Piloten gebe es knapp 700.

Wirklich verlassen sollten sich Mitflieger auf ihren Flug aber nicht, denn eine Garantie gibt es auf beiden Plattformen nicht. Der Pilot kann den Flug jederzeit absagen, zum Beispiel wegen schlechten Wetters oder weil ihm etwas dazwischen kommt. Eine Entschädigung gibt es nicht, die Mitflieger erhalten ihre bereits gezahlten Anteile jedoch zurück. Wer nicht gleich einen passenden Flug findet, kann sich bei den meisten Anbietern E-Mail-Benachrichtigungen für die gewünschten Ankunfts- und Abflugsorte einrichten, so dass es eine Nachricht gibt, wenn passende Flugrouten wieder eingestellt werden.

Dabei sind die Voraussetzungen für die Hobbyflieger bei beiden Mitflugzentralen dieselben: Das Flugzeug und alle seine Insassen müssen vom Piloten durch eine Haftpflichtversicherung abgesichert sein, außerdem muss er eine gültige Fluglizenz und ein medizinisches Tauglichkeitszeugnis vorweisen können. Zudem muss er, je nach Flugschein, über eine bestimmte Zahl an Flugstunden verfügen.

Während Wingly diese Dokumente bei der Registrierung von den Piloten als eingescannte Datei verlangt, genügt es bei Flyt.club, dass ein Pilot für den Besitz der Unterlagen garantiert. "Viele Piloten besitzen kein eigenes Flugzeug, sondern chartern sich eine Maschine", erklärt Marcus Loffhagen, Mitgründer von Flyt.club, das in Leipzig ansässig ist. Die Dokumente würden dann vor Ort überprüft, zum Beispiel durch den örtlichen Fliegerverein, meist ergänzt durch eine Test-Runde in der Luft.

"Am Ende zählt ohnehin das persönliche Kennenlernen auf dem Flugplatz", sagt Loffhagen. Ein Hochladen der nötigen Dokumente ersetze nicht den Kontakt und die Überprüfung "von Mensch zu Mensch". Beide Mitflugzentralen setzen außerdem auf Bewertungen durch andere Passagiere. "Sehr angenehmer Flug, supernetter Pilot, den ich gerne weiter empfehlen möchte", ist dort zum Beispiel zu lesen. Das System scheint bislang zu funktionieren. "Wir hatten bisher keinen einzigen Zwischenfall mit Wingly", sagt Mitgründer Klein.

(hebu)
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