Millionen-Investition für Verkehrssicherheit Moderne Technik soll Unfälle auf NRW-Autobahnen vermeiden

Düsseldorf/Ratingen · Auf der A3 gab es binnen 28 Stunden zwei tödliche Lkw-Unfälle. Das Land will den Verkehr dort bald anders regeln. Intelligente Sensoren an den Fahrzeugen, aber auch die elektronische Verkehrssteuerung der Autobahn sollen die Risiken eindämmen.

 Der Fahrer des Kleinlasters starb gestern noch an der Unfallstelle auf der A 3. Er war auf einen Lkw aufgefahren

Der Fahrer des Kleinlasters starb gestern noch an der Unfallstelle auf der A 3. Er war auf einen Lkw aufgefahren

Foto: A. Blazy

Auf der Autobahn 3 hat sich am Freitag erneut ein tödlicher Verkehrsunfall ereignet. Ein 76-Jähriger war mit seinem Kleinlaster kurz vor der Anschlussstelle Ratingen-Ost auf einen Sattelzug aufgefahren. Er starb noch am Unfallort. Sein Beifahrer erlitt schwerste Verletzungen.

Fast täglich kommt es auf den Autobahnen in NRW zu schweren Verkehrsunfällen, an denen Lkw beteiligt sind - und oft enden sie tödlich. Zu den häufigsten Unfallursachen gehören Ablenkung, Übermüdung, plötzlicher Fahrstreifenwechsel und zu geringer Abstand zum Vordermann. Der Unfall am Freitag war der zweite tödliche auf der A3 innerhalb von nur 28 Stunden. Nur wenige Kilometer entfernt fuhr am Donnerstag in Fahrtrichtung Oberhausen kurz vor dem Kreuz Breitscheid ein Lkw vermutlich ungebremst auf ein Stauende.

Dabei kam ein 34-jähriger Mann sofort ums Leben, ein 26-jähriger Profi-Badmintonspieler aus Bonn starb wenige Stunden später im Krankenhaus. Eine 65-jährige Frau liegt noch mit lebensgefährlichen Verletzungen in einer Klinik. Zwei Lastwagen und fünf Autos waren in den Unfall verwickelt.

Der Verursacher, ein Lkw-Fahrer aus Ungarn, wurde von der Polizei bereits befragt und durfte nach Hause, nachdem er eine finanzielle Sicherheit hinterlegt hatte. Mehrere Gutachten zur Unfallursache werden erstellt. In solchen Fällen, sagt ein Polizist einer Verkehrsinspektion, werde natürlich ganz genau untersucht, ob der Fahrer zum Unfallzeitpunkt telefoniert hat oder auf eine andere Weise - etwa durch Zeitungslesen oder Videogucken - abgelenkt gewesen ist. "Diese Ermittlungen gestalten sich aber oft als sehr schwierig, weil ein solches Fehlverhalten schwer nachzuweisen ist", betont er.

Ihm sei kein Fall bekannt, wo ein Lkw-Fahrer wegen eines von ihm verursachten Auffahrunfalls mit Todesfolge verurteilt worden ist. Das nordrhein-westfälische Innenministerium erklärt, dass man die Lkw-Fahrer und deren Fahrzeuge deutlich häufiger kontrolliere als noch vor einigen Jahren. "Die Polizei hält den Kontrolldruck hoch", sagt ein Sprecher des Ministeriums. Darüber hinaus verweist er auf die gesetzlich vorgeschriebenen automatischen Notbremsassistenten für Lkw-Neufahrzeuge. Der ADAC kritisiert die Vorschrift als zu lasch. "Die Anforderungen sind recht moderat.

So müssen bei stehenden Hindernissen lediglich 20 km/h aus den 80 km/h Fahrgeschwindigkeit abgebaut werden", erklärt ein Sprecher des Automobilclubs. Jedoch hätte ein Test gezeigt, dass die in Lkw verbauten Bremsassistenten deutlich mehr könnten als sie müssten. Demnach verwenden moderne Lkw intelligente Sensorik, die eine Unfallvermeidung bis 80 km/h selbst bei einem Stauende leistet. "Die Bremswirkung ist der eines Pkw ebenbürtig", sagt der Sprecher.

Das NRW-Verkehrsministerium unterstützt die Entwicklung hin zum automatisierten Fahren. Dieses wird nach Angaben des Ministeriums ab 2018 unter realen Bedingungen auf einigen Abschnitten getestet. Hinzu kommt der Ausbau der sogenannten telematischen Infrastruktur, der elektronischen Verkehrssteuerung. In den nächsten zweieinhalb Jahren würden auf NRW-Autobahnen für 76 Millionen Euro Anlagen geschaffen, die den Zufluss regeln und beeinflussen können. Hinzu kämen temporäre Standstreifenfreigaben. Diese Maßnahmen würden dabei helfen, Unfälle zu vermeiden. Vorgesehen sind die Anlagen auch auf der unfallträchtigen A3-Strecke zwischen Leverkusen, Hilden und Breitscheid, teilte eine Sprecherin von NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst (CDU) unserer Redaktion mit.

Begleiterscheinung eines tödlichen Unfalls sind auch sehr häufig Gaffer - so auch beim Verkehrsunfall am Donnerstag. Allein die Auswertung der Videoaufnahmen vom Gegenverkehr an der Unfallstelle zur Ermittlung der Gaffer sei sehr zeitintensiv, sagte eine Polizeisprecherin. Sie sprach davon, dass zahllose Verkehrsteilnehmer auf der Gegenfahrbahn Fotos und Videos von der Unfallstelle gemacht hätten. Solche Aufnahmen können als Ordnungswidrigkeit oder auch als Straftat verfolgt werden. Die Bußgelder liegen zwischen 20 und 1000 Euro.

(RP)
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