Neuss Empörung über drei Johanniter-Sanitäter

Neuss · In Neuss ist das Entsetzen groß: Drei Rettungsdienst-Mitarbeiter der Johanniter haben während ihres Einsatzes entwürdigende Fotos mit teils schwer Kranken gemacht und die Bilder ins Internet gestellt. Ihnen wurde jetzt gekündigt.

Hilflose, teils im Sterben liegende Kranke, denen ein Grablicht in die Hand gedrückt wurde oder denen ein als Priester verkleideter Sanitäter die letzte Ölung spendet – diese Fotos machten im Internet die Runde und schockierten Vorstand und Mitarbeiter der Johanniter-Unfall-Hilfe in Neuss. Denn es waren drei Kollegen aus dem Rettungsdienst, die diese entwürdigenden Bilder von ihnen anvertrauten Patienten gemacht hatten. "Wir sind zutiefst betroffen und haben den drei Mitarbeitern Ende Januar gekündigt", berichtet Joachim Kürsten, Regionalvorstand für den Verband Niederrhein.

Die Sanitäter, seit Jahren im Rettungsdienst tätig, haben die Fotos 2013 bei ihren Einsätzen aufgenommen und über soziale Netzwerke verbreitet. So erfuhr auch die Johanniter-Geschäftsführung davon. "Wir haben uns sofort mit unseren Anwälten beraten und fristlos gekündigt", sagt Kürsten. Außerdem habe man Strafanzeige wegen "Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen" und Beleidigung erstattet.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt nach eigenen Angaben seit einer Woche. Auch dort zeigt man sich betroffen von den Fotos. "Ein ähnlicher Fall ist mir nicht bekannt", sagt Staatsanwalt Ralf Herrenbrück. "Zwar gibt es immer wieder Fälle, dass unerwünschte Bilder in sozialen Netzwerken auftauchen – insbesondere von Ex-Freunden, die damit einem Mädchen schaden wollen. Aber Beleidigungen von alten oder kranken Menschen, die auf Fotos lächerlich gemacht werden, hatten wir bisher nicht." Da es sich bei den drei Männern um erfahrene Rettungsdienstmitarbeiter handele, könne man auch nicht von einem Dumme-Jungen-Scherz sprechen.

Patienten, die auf den Fotos abgebildet sind, haben sich bislang nicht bei der Staatsanwaltschaft gemeldet. Sie seien auf den Fotos auch nicht immer eindeutig zu erkennen. Man hoffe daher insbesondere auf Hinweise von den Johannitern, aber auch von anderen. "Bei einer Verurteilung droht den drei Männern eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren", sagt Herrenbrück.

Einsicht zeigen die entlassenen Sanitäter wohl nicht. Vor dem Arbeitsgericht Mönchengladbach wollen sie gegen ihre fristlosen Kündigungen klagen. Der Johanniter-Vorstand macht zu diesem schwebenden Verfahren keine Angaben.

Die Stadt Neuss als Träger des Rettungsdienstes wurde vor zwei Wochen über die Vorfälle unterrichtet. Der Verband habe klargemacht, so der Beigeordnete Stefan Hahn, dass es sich um Einzelfälle handelte, so dass die Stadt weiter zu ihrem Partner im Rettungsdienst steht. "Aber es gibt scheinbar ein ethisches und ein Werteproblem", sagt Hahn. Diese Fragen sollen nun Unterrichtsgegenstand in Fortbildungslehrgängen werden. Dabei wird es auch um den Umgang mit sozialen Netzwerken gehen. Dass immer öfter Fotos und Filme nach Einsätzen ins Netz gestellt werden, ist ein zunehmendes Problem, das auch die Feuerwehren beschäftigt.

(RP)
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