Frauen und die Arbeitswelt Gute Ausbildung, weniger Lohn, arm im Alter

Düsseldorf/Berlin · Frauen haben bei Ausbildung und Arbeit enorm aufgeholt. Doch Teilzeitarbeit kann im Alter problematische Folgen haben — das Armutsrisiko ist höher als bei Männern. Ein Überblick.

 Eine Geschäftsfrau telefoniert, während sie am Computer arbeitet (Symbolfoto).

Eine Geschäftsfrau telefoniert, während sie am Computer arbeitet (Symbolfoto).

Foto: dpa, Patrick Pleul

Sie sind im Schnitt besser ausgebildet, verdienen aber weniger. Sie haben schlechtere Aufstiegschancen und leisten mehr unbezahlte Arbeit. Wenn sie Kinder haben, übernehmen sie oft das Gros der Erziehungs- und der unbezahlten Hausarbeit. Im Alter droht ihnen öfter Armut. Ein ähnliches Bild wie die OECD zeichnen auch andere Studien. Hier eine Auswahl.

Wie hoch ist das Risiko für Frauen, im Alter zu verarmen?

Grundsätzlich gilt, dass Frauen in Deutschland überall ein höheres Armutsrisiko im Alter haben als Männer. Dies ist Folge der Teilzeitarbeit, der wegen Kindern unterbrochenen oder gar nicht vorhandenen Erwerbsbiografien, der geringeren Entlohnung und der höheren Lebenserwartung. In NRW sind jüngsten Zahlen des gewerkschaftsnahen Wirtschaftsforschungsinstituts WSI zufolge knapp 17 Prozent der Frauen von Altersarmut betroffen. NRW liegt damit im Bundesvergleich an vierter Stelle.

So erhielten westdeutsche Männer im Ruhestand 2014 dem Sozialverband SoVD zufolge im Schnitt monatlich 994 Euro. Im Vergleich dazu erhielten westdeutsche Frauen mit 576 Euro rund 42 Prozent weniger aus der Rentenkasse. Beunruhigend ist dabei, dass das Risiko in NRW künftig zunimmt, weil sich der Strukturwandel und die gestiegene Zahl von Ehescheidungen erst in den kommenden Jahren auswirken.

Was bedeutet "Gender Pay Gap"?

Der englische Begriff bezeichnet den geschlechtsspezifischen Lohnunterschied beim durchschnittlichen Bruttostundenlohn. Zwar liegen NRW-Arbeitnehmerinnen im Bundesvergleich bei der Lohnhöhe auf Platz drei. Dabei verdienen sie aber 4,92 Euro und damit fast 20 Prozent weniger als Männer. NRW liegt laut WSI beim Gender Pay Gap bundesweit an neunter Stelle. Ein Teil dieser Differenz ist darauf zurückzuführen, dass Frauen häufiger Teilzeit arbeiten. Bei Vollzeit liegt der Abstand aber immer noch bei 4,33 Euro - 17,1 Prozent. Zu berücksichtigen ist dabei, dass Frauen häufig in Branchen arbeiten, in denen das Lohnniveau niedriger ist. Das kann den Lohnunterschied aber nicht vollständig erklären.

Wie viele Frauen sind berufstätig?

Im Bundesdurchschnitt arbeiten dem WSI zufolge 69,9 Prozent (2015) der Frauen. 2005 arbeiteten erst 56,4 Prozent. NRW weist 2015 allerdings mit 66,1 Prozent die zweitniedrigste Quote unter allen Ländern auf.

Wie oft kommt es vor, dass Frauen das Haupteinkommen in einer Familie beziehen?

Betrachtet man alle Haushalte, dann beziehen nach Daten des Statistischen Bundesamtes in 41 Prozent der Haushalte Frauen das Haupteinkommen. Darunter finden sich allerdings auch Alleinerziehende, Single-Frauen und alleinstehende Rentnerinnen. Blickt man auf Paar-Haushalte, in denen auch Kinder leben, dann verdienten 2013 nur 13,4 Prozent der Frauen mehr als ihre Männer. Doch auch dieser Anteil wächst langsam, aber stetig: Zehn Jahre davor waren es nur 10,5 Prozent der Frauen mit Kindern, die als Familienernährerin auftraten.

Haben Frauen häufiger einen niedrigen Schulabschluss?

Nein. Bundesweit haben mehr Jungen keinen Schulabschluss als Mädchen. In NRW allerdings lag der Anteil früher Schulabgänger dem WSI zufolge zuletzt bei gut elf Prozent - Mädchen und Jungen lagen nahezu gleichauf. Mit "frühen Schulabgängern" meint die Statistik den Anteil der 18- bis unter 25-Jährigen ohne beruflichen Abschluss und ohne (Fach-)Hochschulreife, die sich weder in schulischer oder beruflicher Ausbildung befinden noch an einer Weiterbildung teilnehmen. In Bayern lag die Quote für Mädchen nur bei 5,6 Prozent, bundesweit bei 9,5 Prozent. Doch sind Mädchen unter Abiturienten regelmäßig mit Quoten über 50 Prozent überrepräsentiert.

Wie haben sich die Rollenbilder in den Familien bei der Hausarbeit verändert?

Töchter helfen heute deutlich weniger im Haushalt mit als noch vor zehn Jahren. Das geht aus einer neuen Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) hervor, die unserer Redaktion vorliegt. Demnach lag der Anteil der 15- bis 17-jährigen Mädchen, die im Durchschnitt mehr als 45 Minuten pro Tag mit Hausarbeit verbringen, zu Beginn des Jahrtausends noch bei 68 Prozent. Heute sind es dagegen nur noch knapp 46 Prozent. "Damit haben die geschlechterspezifischen Rollenunterschiede der Kinder in der Familie deutlich abgenommen", heißt es in der Studie, die auf Daten aus einer repräsentativen Haushaltsstichprobe des Statistischen Bundesamtes beruht.

Allerdings ging der Studie zufolge auch der Anteil der Jungen weiter zurück, die sich an der Hausarbeit beteiligen. Waren es 2001/2002 noch 31 Prozent der Jungen zwischen 15 und 17, die nichts oder fast nichts im Haushalt taten, stieg ihr Anteil 2012 weiter auf gut 39 Prozent. Bei den untätigen Mädchen war der Anstieg jedoch noch größer: Er nahm in der Dekade von elf auf 23 Prozent zu.

Wie hat sich die seit Anfang 2016 geltende Frauenquote ausgewirkt?

Alle 106 börsennotierten und paritätisch mitbestimmten deutschen Unternehmen haben sich an die gesetzliche Vorgabe gehalten, frei werdende Aufsichtsratsposten bis zum Stichtag 2. November 2016 mit Frauen zu besetzen. Das geht aus einem Faktenpapier des Bundesfrauenministeriums hervor, das unserer Redaktion vorliegt. Demnach haben sich 70 Prozent der 362 börsennotierten Unternehmen eine eigene Zielgröße für den Frauenanteil im Aufsichtsrat gesetzt. 23,2 Prozent hätten die Zielgröße 30 Prozent gewählt, so das Papier. Dagegen setzten sich 57,1 Prozent der Unternehmen nur die Mindest-Zielgröße von "größer als null".

Auch auf der Vorstandsebene bewege sich wenig. "In den Vorständen der untersuchten Unternehmen sind Frauen nach wie vor stark unterrepräsentiert, und zu wenige Unternehmen setzen sich zum Ziel, überhaupt eine Frau für den Vorstand zu gewinnen. Hier müssen wir auch über Nachbesserungen am Gesetz nachdenken", sagt Frauenministerin Manuela Schwesig (SPD).

Der Bund geht zwar mit gutem Beispiel voran, doch seien bisher nur "ein knappes Drittel der Führungskräfte in obersten Bundesbehörden Frauen". 19 von 22 obersten Bundesbehörden beschäftigen nach wie vor mehr Männer als Frauen in Leitungsfunktionen. "Bei den beruflichen Aufstiegen ist keine Benachteiligung zu erkennen. Der Frauenanteil liegt hier insgesamt bei rund 53 Prozent", konstatiert das Ministerium.

(qua / mar)
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