"Star Trek" 50 Jahre durch unendliche Weiten

Los Angeles · Mit der Premiere der Serie "Star Trek" am 8. September 1966 etablierte sich intelligente Science-Fiction im TV. Etliche Ableger folgten.

So viel Progressivität wie am 8. September 1966 ist selten wieder einem TV-Publikum zugemutet worden: Die Besatzung dieses neuen Raumschiffs namens "Enterprise" bestand nämlich - Skandal! - nicht nur aus weißen Männern.

Schlimmer noch als der spitzohrige, "satanisch anmutende" Außerirdische Mister Spock erschien dabei vielen Kritikern in den USA, dass am Steuer ein Japaner saß und am Funkgerät sogar ein Offizier, der nicht nur dunkelhäutig war, sondern auch noch weiblich. Martin Luther King überredete die Darstellerin Nichelle Nichols 1967, nicht aus der Serie auszusteigen. Ein Jahr später küssten sich Nichols' Charakter Uhura und Captain Kirk (William Shatner) - Ausdruck der liberalen Gesinnung der TV-Macher, für viele Zuschauer aber ein Affront.

Zu diesem Zeitpunkt gehörte längst auch der Russe Pavel Chekov, der nichts weniger als die Waffen des fiktiven Raumschiffs bediente, zur Führungsriege - während in der echten Welt der Kalte Krieg tobte. Die alles überragende Richtlinie der Crew hieß übrigens Nichteinmischung in fremde Angelegenheiten; auch das war Gesellschaftskritik, vor allem am Vietnamkrieg der USA.

Dass diese erste "Star Trek"-Serie (deutscher Titel: "Raumschiff Enterprise", 1966-1969) heute vor allem unfreiwillig komisch wirkt, liegt einerseits daran, dass die Überwindung zumindest der offensichtlichsten Formen von Rassismus und Sexismus uns so selbstverständlich erscheint - und andererseits am erkennbar niedrigen Budget.

Wesentlich besser gealtert sind die Nachfolge-Serien, die deutlich eleganter die großen Fragen verhandeln: Woher kommen wir? Wohin gehen wir? Ist es klug, auf Vernunft, Kommunikation und Empathie zu setzen statt auf Feuerkraft?

Stärken und Schwächen des Menschen werden darin überdeutlich durch die Gegenüberstellung mit Robotern, Hologrammen und diversen Alienrassen, die einseitig auf Logik, Aggression oder Gier setzen.

So glänzt "Raumschiff Enterprise - Das nächste Jahrhundert" (1987-1994) häufig mit der leidenschaftlichen Verteidigung der Menschheit an sich gegenüber dem launischen Quasi-Gott "Q", der einen Grund sucht, sie aufgrund allgemeiner Unwürdigkeit zu vernichten.

Der deutlich düsterere Nachfolger "Deep Space Nine" (1993-1999) thematisiert Fluch und Segen von Religion für eine Gesellschaft und arbeitet sich an faschistoiden Systemen ab. "Raumschiff Voyager" (1995-2011) dreht sich um die Kooperation von Feinden, die weit entfernt von ihrer Heimat allein nicht überlebensfähig wären.

Afroamerikanische und weibliche Charaktere nahmen in diesen Serien immer wichtigere Rollen ein, Kapitän inklusive. Erst mit "Star Trek: Enterprise" (2001 bis 2005) folgte ein schwächeres, wenig originelles Prequel zum historischen Original.

Alle Serien gibt es auf DVD sowie bis Ende des Jahres auch schrittweise beim Onlinedienst Netflix, wo ab Januar 2017 auch die brandneue sechste Serie "Star Trek: Discovery" laufen wird. Die Abenteuer von Captain Kirk und Mister Spock sind bereits seit einigen Tagen abrufbar.

"Star Trek" wird immer Zuschauer finden, weil es im Kern zeitlos ist. All die Raumschiffe und Zeitreisen sind bloß Kulisse für die Utopie einer egalitären Gesellschaft, die aber noch neugierig und verbesserungswillig ist. Im besten Fall zeigt es eine mögliche Zukunft unserer Gesellschaft.

"Die fünf besten Folgen der Originalserie", Tele 5, 20.15 Uhr "Building Star Trek. Erfolgsgeheimnis einer Serie", Arte, Fr., 21.45 Uhr; danach um 23.15 Uhr: "True Stories".

(tojo)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort