Flüchtlingsdiskussion bei Anne Will "Ich würde de Maizière den Stuhl vor die Tür setzen"

Düsseldorf · Bundesinnenminister Thomas de Maizière will den Familiennachzug für Syrer aussetzen. Aber ist diese Begrenzung unvermeidlich? Darüber diskutierte Anne Will mit ihren Gästen. Überraschend zurückhaltend gab sich ausgerechnet ein CSU-Mann, während ein Ex-Bezirksbürgermeister und eine Grüne stritten. Der TV-Talk im Schnellcheck.

 Anne Will und ihre Gäste zum Thema Begrenzung des Familiennachzuges.

Anne Will und ihre Gäste zum Thema Begrenzung des Familiennachzuges.

Foto: Screenshot ARD

Darum ging's

"Familiennachzug begrenzen — unchristlich, aber unvermeidlich?" lautete der Titel der Sendung von Anne Will am Mittwochabend. Und Will hat dabei auch jemanden zu Gast, die jenen eine Stimme gibt, die tatsächlich aus ihrem Land vor dem Krieg fliehen — was in den Talkshows der vergangenen Wochen nur zu selten der Fall war.

Die Runde

Für die Koalition und insbesondere für die CSU war der stellvertretende Vorsitzende der Partei zu Gast, Peter Ramsauer. Daneben Heinz Buschkowsky, früherer Bezirksbürgermeister von Neukölln, der immer wieder vor Brennpunkten gewarnt hatte. Die Oppositionsseite vertrat Grünen-Vorsitzende Simone Peter. Zudem der deutsche n-tvJournalist Constantin Schreiber, der im Internet eine Sendung auf Arabisch macht, sowie Maya Alkhechen, die einst selbst mit ihrer Familie mit einem Schlepperboot aus Syrien nach Deutschland kam.

Bemerkenswertester Gast

Das war Maya Alkhechen, Alkhechen war schon einmal bei Will zu Gast und hatte von ihrer Flucht mit ihrem Mann und ihren zwei kleinen Söhnen berichtet. Nun spricht sie erneut darüber, aber vor allem auch über ihren Schwager, der vor wenigen Wochen nach Deutschland kam und schnell seine Familie nachholen will. Sie habe sich noch nicht getraut, ihm von den Plänen der Politik zu berichten, sagt Alkhechen, denn eine seiner ersten Fragen nach der Ankunft sei gewesen, wann er denn seine Familie — seine Frau und seine vier Kinder halten sich derzeit in Ägypten auf — nachholen kann. Die junge Frau sagt, für ihn wäre es sicherlich ein Schock, wenn er erfahren würde, dass er sie nicht nachholen kann. Und dass er dann vermutlich zurück zu seiner Familie ginge — um womöglich die Flucht mit ihnen zusammen noch einmal zu wagen.

Überraschendster Gast

Die CSU hatte in den vergangenen Wochen ziemlich oft und ziemlich laut ihre Stimme erhoben, als es darum ging, das Asylrecht zu verschärfen. Bei Anne Will aber blieb Peter Ramsauer erstaunlich ruhig und zurückhaltend. Das mag daran liegen, dass die Partei mit dem von der Koalition gefundenen Kompromiss derzeit zufrieden ist. Ramsauer jedenfalls ließ sich nicht auf hitzige Dialoge ein, sondern beschränkte sich darauf, sachlich zu erklären, was genau die Koalition denn vorhat, um immer wieder auch darauf zu verweisen, dass man sich an die Genfer Flüchtlingskonvention halte.

Spektakulärste Wortgefechte

Die führten Peter und Buschkowsky. Der Ex-Bezirksbürgermeister ist bekannt dafür, sich in Rage zu reden. Und mit Peter hatte er jemanden neben sich sitzen, die das Vorhaben der Regierung kritisiert. "Ich würde dem Herrn de Maizière den Stuhl vor die Tür setzen, wenn ich Frau Merkel wäre", sagt sie über den Vorstoß des Innenministers. Buschkowsky hält dagegen: "Mein Eindruck ist im Moment, wir schaffen es mehr schlecht als recht." Da war etwa die Frage, wie man denn in der Praxis das alles bewältigen kann. Peter sagt, im Gegensatz zur Regierung hätte ihre Partei schon vor einem Jahr mehr Leute etwa beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge eingestellt

Buschkowsky: "Hör'n se mir uff mit vorigem Jahr. Wir reden von heute."

Peter wiederholt noch einmal, dass versagt worden sei, als es darum ging, den Kommunen mehr Geld zur Verfügung zu stellen.

Buschkowsky: "Wir kommen mit unserem Moralimperialismus auch nicht weiter." Und dann: "Ich stelle ihnen die Frage, die ihnen hunderte Landräte und Bürgermeister stellen: Was machen wir denn nun morgen, wie kriegen wir die Leute nun von der Straße und aus den Sporthallen raus? Da bauen wir neue Brennpunkte."

Peter: "Man kann es ja auch besser machen."

Aber eine wirkliche Antwort liefert sie nicht. Immerhin sind sich die beiden einig, dass solche Dinge wie Galgen, die auf "Pegida"-Demonstrationen gezeigt werden, zu verurteilen sind. Buschkowksy sagt dazu: "Daran sehen sie, welche Emotionalität da drin ist, das Menschen so etwas Irres machen."

Satz des Abends

Der kommt wiederum von Alkhechen, als sie nach den Folgen fragt, die eine mögliche Begrenzung des Familienzuges nach sich ziehen könnten: "Ist die Folge, dass es jetzt wieder mehr Familien mit Kindern übers Mittelmeer probieren — und dann sterben?"

Erkenntnis

Die Gäste sind sich immerhin in einem Punkt einig: Dass der begrenzte Familienzuzug — ob er nun ihrer Ansicht nach die richtige Maßnahme ist oder nicht — durchaus die Signalwirkung hat, die vor allem die CSU immer wieder erstrebt hat. Der Journalist Schreiber etwa sagte, dass er aus Zuschriften herausliest, dass die Diskussion darüber schon im nahen Osten ankommt. "Es wirkt ein wenig wie Torschlusspanik, was jetzt einsetzt", sagt er.

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(das)
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