TV-Kritik Anne Will TTIP — "Es ist ein Problem der Transparenz"

Düsseldorf · Das geplante Freihandelsabkommen TTIP zwischen der EU und der USA ist umstritten. Wem aber nützt es eigentlich? Das wollte Anne Will in ihrem TV-Talk klären. Immerhin: Es wurde eine Diskussionsrunde, die einen guten Überblick über das Abkommen und die aktuell drängenden Fragen gab. Ob es am Ende wirklich dem Verbraucher nutzt, dieser Frage kam die Talkrunde nicht wirklich näher.

 Anne Will (Mitte) und ihre Gesprächspartner zum Thema TTIP.

Anne Will (Mitte) und ihre Gesprächspartner zum Thema TTIP.

Foto: Screenshot ARD

"Wem nützt TTIP — nur Konzernen oder auch Verbrauchern?" — diese Frage stellte Anne Will am Mittwochabend ihren Gästen. Dazu hatte sie auf der einen Seite eiserne Verfechter des umstrittenen Handelsabkommens eingeladen und auf der anderen Seite eiserne Gegner. Da waren die Befürworter Friedrich Merz (CDU), Chef der Organisation Atlantik-Brücke, BDI-Chef Ulrich Grillo und Matthias Machnig (SPD), Staatssekretär im Bundeswirtschaftministerium. Und auf der anderen Seite waren da die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linken, Sahra Wagenknecht, und Foodwatch-Geschäftsführer Thilo Bode.

Sie alle stellten von Anfang an klar ihre Positionen heraus: Während es die Befürworter als Gewinn für den Handel und die Unternehmen darstellten, sehen die Gegner darin eine Gefahr für die europäische und auch deutsche Demokratie, befürchten, das hier geltende Standards von US-Unternehmen unterwandert werden könnten. Also genau die Positionen, die auch in der öffentlichen Debatte eine Rolle spielen. So sagte etwa Bode: "TTIP ist gefährlich — für uns Bürger." Das Abkommen sei eine Gefahr für die Demokratie, weil die Konzerne in vielen Bereichen Einfluss auf die Gesetzgebung bekämen. Was natürlich von den Verfechtern des Abkommens bestritten wurde.

So argumentierte Merz, der gerne mal Klartext redet und es auch in dieser Runde schaffte, klar und deutlich zu argumentieren, dass es kein Freihandelsabkommen auf der Welt gebe, dass das Recht des Gesetzgebers, verschärfte Regeln zu machen, einschränke. Und das werde auch bei TTIP nicht der Fall sein. "Es stimmt einfach nicht." Er sagte aber auch, dass die großen Konzerne TTIP gar nicht benötigten, weil sie ja schon Zugang zum US-Markt hätten, die kleinen und mittelständischen Unternehmen bräuchten diesen aber. Und auch Grillo sagte: "Wir brauchen einen fairen und freien Handel zum Vorteil von allen."

Es ging aber auch um das Thema Standards, etwa bei Lebensmitteln oder Umweltvorgaben, ein heiß diskutiertes Eisen in Sachen TTIP. Denn viele befürchten, dass US-Unternehmen sich auf den Investorenschutz berufen würden und etwa Deutschland verklagen würden, wenn die Standards zu hoch seien. Und das nicht vor dem normalen deutschen Gericht, sondern vor Schiedsgerichten. Wagenknecht sprach ebenso wie Bode von einer Paralleljustiz, Merz versuchte sie als "seit Jahrzehnten etablierten Standard zu verteidigen". Und in Bezug auf die Standards betonten sowohl er als auch Machnig, dass es ausdrücklich in dem Papier stehe, dass der Gesetzgeber durchaus die Möglichkeit habe, diese zu halten — und auch zu erhöhen.

Immerhin war sich die Runde einig, dass hier und da am Abkommen dann doch noch nachjustiert werden muss. Mitunter ging es denn auch um Detailfragen, die am Ende zusammegenommen aber einen guten Überblick über die laufende Debatte gaben. Auch wurde klar, dass der Handel durchaus profitieren könnte. Was aber der Verbraucher wirklich davon hat, das wurde nicht klar. Das ist aber auch in der allgemeinen Debatte der Fall und wurde denn auch von Machnig mit einem Satz auf den Punkt gebracht: "Es ist in der Tat ein Problem der Transparenz". Denn viele wissen gar nicht, wie der aktuelle Verhandlungsstand in Bezug auf TTIP ist.

Nach heftiger Kritik unter anderem von TTIP-kritischen Gruppen und aus dem Europaparlament hatte denn auch die neue EU-Kommission unter Jean-Claude Juncker mehr Offenheit versprochen. Seit Anfang des Jahres stellt die Kommission Unterlagen zu den Verhandlungen ins Internet. Allerdings sind dort Textvorschläge nur von der EU-Seite verfügbar, nicht von den USA. Und bei Anne Will bestätigte eben Machnig, dass das Thema Transparenz das Kernproblem ist.

Ein Punkt kam dann natürlich auch noch zur Sprache: Die NSA-Affäre, weswegen einige ein Aussetzen der Verhandlungen verlangen. Das aufgeklärt werden muss, das ist auch Grillo und Machnig wichtig, aber Aussetzen müsse man die Verhandlungen deshalb nicht. Und dass das Vertrauen zurückkommen muss, darin waren sich denn auch wieder alle einig.

(das)
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