Anne Will zum G20-Gipfel Scholz in Abwehrhaltung und eine Bildstörung

Düsseldorf · Nach der Gewalt am Rande des G20-Gipfels talkt Anne Will zu der Frage, ob es das Ganze wert war. Olaf Scholz, Erster Bürgermeister Hamburgs, verteidigt sich und den Polizeieinsatz. Einen Rücktritt lehnt er ab. Und dann war doch noch eine zehnminütige Bildstörung.

G20 in Hamburg: Dritte Krawallnacht im Hamburger Schanzenviertel
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Dritte Krawallnacht im Hamburger Schanzenviertel

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Foto: dpa, dbo

Darum ging's

"Heute war in Hamburg großer Kehraus" — Anne Will beginnt ihre Sendung mit der Aufräumaktion in der Hansestadt nach den tagelangen Krawallen rund um den G20-Gipfel. Und der Einspieler zu Beginn verweist auf "G20 im Zeichen des Chaos". Nun will die Moderatorin Bilanz ziehen und fragt, was vom G20-Gipfel bleibt. Es wird ein Rundumschlag zwischen den Randalen und dem, was der Gipfel inhaltlich gebracht hat.

Die Gäste

  • Peter Altmaier, CDU, Kanzleramtschef
  • Olaf Scholz, SPD, Erster Bürgermeister Hamburgs
  • Kathrin Göring-Eckardt, Grünen-Fraktionsvorsitzende
  • Jan Reinicke, Hamburger Landesvorsitzender des Bundes Deutscher Kriminalbeamter
  • John Kornblum, ehemaliger US-Botschafter in Deutschland
  • Georg Restle, Journalist

Der Aussetzer des Abends

Die Sendung läuft nur wenige Minuten, da bekommt der Zuschauer plötzlich einen blauen Bildschirm zu Gesicht. Gerade ging es noch um den Polizeieinsatz und die Frage an Kanzleramtschef Altmaier, was der Gipfel gebracht hätte und welche Verantwortung Merkel hätte, da geht plötzlich nichts mehr. Zehn Minuten lang ist Anne Will nicht mehr auf Sendung, eine Leitungsstörung, wie die ARD auf Twitter erklärt.

Klar, dass sich die Twitterer darüber köstlich amüsierten. So wie dieser User.

Oder auch dieser.

Und extra3 mischt auch mit.

Unterdessen läuft die Diskussion weiter — ohne Zuschauer, wie jetzt im Internet zu sehen ist. Als man wieder auf Sendung ist, redet Altmaier gerade vom Schwarzen Block und wird von Will unterbrochen: "Wir haben noch nicht geklärt, warum wir nicht auf dem Sender waren. Wir vermuten erstmal nichts Böses." Dann wird munter weiterdiskutiert.

Frontverlauf

Zu Beginn der Sendung kommt Jan Reinicke vom Hamburger Bund Deutscher Kriminalbeamter zu Wort, und er redet Klartext. Die Polizei habe keine Chance gehabt, die Bürger besser schützen zu können, sagt er. Und dass die Aufgaben, die sich den Beamten gestellt hätten, gar nicht machbar gewesen wären. "Es ging um Leib und Leben der Beamten", zieht er eine vernichtende Bilanz. Und er erhebt den Vorwurf, die Polizei sei mitunter nicht rechtzeitig vor Ort gewesen, weil sie zum Schutz der Gipfelteilnehmer abgestellt worden sei.

Doch Olaf Scholz wehrt ab, das sei nicht seine Einschätzung. Hamburg habe sich ein Jahr lang auf den Gipfel vorbereitet, 20.000 Polizisten seien im Einsatz gewesen, und genau deshalb habe man geglaubt, das schaffen zu können. Die Polizei hätte hervorragende Arbeit geleistet. Ihnen und den Planern könnten keine Vorwürfe gemacht werden. Auch den Vorwurf, es seien eher die Gipfelteilnehmer geschützt worden, will er nicht gelten lassen, selbst als ihn Anne Will mit einem Zitat des Hamburger Polizeipräsidenten Ralf Martin Meyer konfroniert: "Wenn es in der Peripherie zu Sachbeschädigungen kommt, müssen wir das teilweise hinnehmen, um einen friedlichen Ablauf des Gipfels zu gewährleisten." Man habe keinen Kontrollverlust zugelassen, entgegnet Scholz, und auch die Frage, ob die Polizei nicht zu hart in die Sache reingegangen sei, lässt er an sich abprallen. An Rücktritt denke er auch nicht.

Immerhin ein wenig Rückendeckung bekommt Scholz von Altmaier. Seiner Einschätzung nach hätte die Polizei richtig reagiert und den Schwarzen Block gestoppt. Er hätte sich einen solchen Ausbruch von Gewalt nicht vorstellen können. Aber es seien ja auch viele Gewaltbereite aus anderen Ländern angereist, und das hätte in jeder anderen Stadt auch passieren können, stellt der Kanzleramtschef fest. Für ihn ist klar: Man dürfe sich nicht "von einigen hundert Kriminellen vorschreiben lassen", wo solche Gipfel stattfinden dürften.

Anders sieht das Journalist Restle, der zwar Scholz ein wenig verteidigt ("Absolute Sicherheit wird es nie geben."), der aber auch die harte Linie der Polizei kritisiert. Man müsse sich fragen, ob man damit nicht Öl ins Feuer gegossen habe — was der SPD-Politiker natürlich anders sieht. Göring-Eckardt stellt zwar fest, dass man im Nachhinein sagen müsse, Hamburg sei nicht der richtige Ort für einen solchen Gipfel gewesen, aber so etwas müsse in einer Demokratie möglich sein.

Kurz nach der Bildstörung aber kommt Will recht schnell auf den Gipfel an sich zu sprechen. Da dürften vermutlich viele Zuschauer schon gar nicht mehr zugeschaltet haben. Letztlich erfuhr man nicht viel Neues, da es vor allem um die Frage ging, ob ein solcher Mammut-Gipfel noch zeitgemäß ist. "Dieses Format gehört auf die Müllkippe der Geschichte", sagt Restle. Kornblum plädiert eher für kleinere, themenbezogene Treffen. Ein bisschen wird dann noch über Klimaschutz geplaudert und über das Treffen von US-Präsident Donald Trump mit seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin, und das war es dann mit der Bilanz.

Satz des Abends

"Nein, das tue ich nicht." Olaf Scholz auf die Frage, ob er über einen Rückzug aus dem Amt nachdenke.

Fazit

Der Beginn der Sendung war durchaus spannend, insbesondere die Einschätzung Reinickes. Olaf Scholz dürfte kaum mehr Freunde gefunden haben nach dieser Sendung, so sehr wehrte er sich gegen jeglichen Verdacht eines Fehlers. Und dass die Gipfel-Debatte an sich im zweiten Teil der Sendung nicht wirklich neue Erkenntnisse brachte, das war fast schon zu erwarten.

(das)
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