Düsseldorf Zuschauer sprechen Piloten frei

Düsseldorf · Die Mehrheit des Fernsehpublikums plädierte für nicht schuldig. Nur 13,1 Prozent urteilten anders.

ARD-Abstimmung bei "Terror - Ihr Urteil": Mehrheit plädiert für nicht schuldig
Foto: dpa, kde

Darf man 164 Menschen töten, um 70.000 zu retten? In dieser moralisch und juristisch brisanten Frage, die gestern Abend im Zentrum des interaktiven TV-Dramas "Terror - Ihr Urteil" stand, entschieden die Fernsehzuschauer mit klarer Mehrheit mit Ja. 86,9 Prozent sprachen den Bundeswehrpiloten Lars Koch (Florian David Fitz) frei, der mit seinem Kampfjet ein Passagierflugzeug ohne Erlaubnis abgeschossen hatte, um einen IS-Terroristen davon abzuhalten, es in die voll besetzte Allianz-Arena in München stürzen zu lassen. 13,1 Prozent plädierten für schuldig.

ARD-Abstimmung bei "Terror - Ihr Urteil": Mehrheit plädiert für nicht schuldig
Foto: Screenshot hartaberfair/ARD-Mediathek

Leicht dürften sich das Urteil die wenigsten gemacht haben, als sie nach 90 Minuten und den intensiven Plädoyers der Staatsanwaltschaft und des Verteidigers per Telefon und Internet über den Ausgang der Verhandlung abstimmten. Sowohl die Zuschauer in Deutschland als auch die in Österreich und der Schweiz waren dazu aufgerufen, in dem Gerichtsdrama nach dem gleichnamigen Theaterstück von Ferdinand von Schirach als Schöffen über die Schuldfrage mitzuentscheiden.

ARD-Abstimmung bei "Terror - Ihr Urteil": Mehrheit plädiert für nicht schuldig
Foto: Screenshot hartaberfair/ARD-Mediathek

Die ARD wertete die Zahlen rasch aus und zeigte dann die entsprechende Urteilsverkündung durch den Vorsitzenden Richter - dementsprechend waren zwei verschiedene Fassungen gedreht worden. Frank Plasberg diskutierte den Ausgang des TV-Experiments im Anschluss in seiner Sendung "Hart aber Fair" mit Experten wie Ex-Verteidungsminister Franz-Josef Jung ("nicht schuldig") und Ex-Innenminister Gerhart Baum ("schuldig").

Der ungewöhnliche Fernsehabend dürfte der ARD gute Quoten beschert haben. Der aufwendig gestaltete Spielfilm präsentierte den Prozess vor dem fiktiven Berliner Schwurgericht als TV-Event mit vielen Stars. In der Rolle der Staatsanwältin war Martina Gedeck zu sehen, den Vorsitzenden Richter spielte Burghart Klaußner und den Bundeswehr-Offizier Rainer Bock.

Die Inszenierung des preisgekrönten Regisseurs Lars Kraume ("Der Staat gegen Fritz Bauer", "Familienfest") konzentrierte sich auf die Befragung weniger Personen, des vorgesetzten Offiziers, des Angeklagten selbst und der Nebenklägerin (Jördis Triebel), deren Mann im Flugzeug umkam. Mit ihrem Votum liegen die Fernsehzuschauer im Trend: Nach 467 Vorstellungen an 39 deutschen Theatern entschied das Publikum in 436 Fällen auf Freispruch - was 93,4 Prozent entspricht. Ein Blick auf die absoluten Zahlen zeigt ein knapperes Ergebnis: 89.819 Menschen stimmten für nicht schuldig, 60.625 für schuldig. Das Stück hatte im Oktober 2015 Uraufführung.

Somit fiel das Ergebnis des Fernsehpublikums wesentlich entschiedener aus, als das in den Theatern, wo im Schnitt "nur" rund 60 Prozent der Zuschauer für einen Freispruch plädierten. Offenbar waren jedoch die Leitungen zeitweise zusammengebrochen und auch die Internetseite nicht erreichbar, wie Nutzer berichteten.

Das Votum in anderen Ländern, in denen das Stück ebenfalls im Theater gespielt wird, ist übrigens ganz anders ausgefallen: Während in der Schweiz bislang alle Verhandlungen mit einem Freispruch endeten, wurde der Pilot in Japan am Ende immer schuldig gesprochen.

(RP)
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