Düsseldorf Aufstieg und Fall einer Regierungschefin

Düsseldorf · Eine Fernseh-Dokumentation im WDR zeichnet Hannelore Krafts politische Karriere nach.

Hannelore Kraft in der Staatslimousine, Hannelore Kraft auf dem Marktplatz, Hannelore Kraft auf der Pressekonferenz. In 45 Minuten zeigt der WDR in einer Dokumentation den Aufstieg und Fall der Ministerpräsidentin von Nordrhein-Westfalen. Von 2010 bis 2017 zeichnet der Film, den der WDR heute Abend ausstrahlt, die Stationen ihrer Regierungszeit nach.

Vom freudigen Moment, als sie es schaffte, CDU-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers abzulösen. Bis zu jenem bitteren Wahlabend im Mai 2017, als sie nach der historischen Niederlage der SPD in Nordrhein-Westfalen ihr Amt als Landesvorsitzende der Partei und als stellvertretende Bundesvorsitzende abgab und zurücktrat.

Dazwischen liegen sieben Jahre, in denen sie nach ihrer Wiederwahl 2012 als neue Hoffnungsträgerin, ja sogar zeitweise als mögliche Kanzlerkandidatin der SPD gehandelt wird. In denen sie zunächst von Erfolg zu Erfolg eilt, sie, die Tochter eines Straßenbahnfahrers und einer Schaffnerin. Wie sie dann aber auf dem Höhepunkt ihrer Macht mit ihrer strikten Absage an eine politische Karriere in Berlin sich selbst aus dem Rennen nimmt.

Auch in NRW wird sie in dieser Phase immer unsichtbarer, etwa nach Katastrophen wie der Überschwemmung in Münster im Juli 2014 mit zwei Toten und den sexuellen Übergriffen in der Kölner Silvesternacht 2015, als sie tagelang nicht zu erreichen ist bzw. den öffentlichen Auftritt scheut.

Es ist das Verdienst dieses Films, diese gerade für eine Frau immer noch ungewöhnliche Karriere nachzuerzählen, bevor sie in Vergessenheit gerät. Allen landespolitisch Interessierten bietet die Dokumentation eine leicht nachvollziehbare, weil chronologische Darstellung der Ereignisse mit allerdings wenigen überraschenden Momenten. Zu Wort kommt als einziger politischer Weggefährte der ehemalige rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck, der ausschließlich positive Worte findet. Zudem äußern sich Journalisten, darunter Eva Quadbeck, Mitglied der Chefredaktion der Rheinischen Post und Leiterin des Berliner Büros.

Viele Bilder stehen zwar für sich. Etwa jene von Krafts authentischem Auftritt nach dem Loveparade-Unglück, der für lange Jahre ihr Image als fürsorgliche Landesmutter prägt. Oder die Szene ganz am Ende, als sie auf einer Pressekonferenz vergeblich nach einem Zettel sucht und die Frage nach den vordringlichen landespolitischen Themen nicht zu beantworten weiß.

Insgesamt aber fehlt es der Dokumentation an Einordnung. Zudem insinuiert der Film, dass Hannelore Krafts Scheitern am Ende vor allem in ihrer Persönlichkeit begründet ist. Das allein greift jedoch zu kurz. Diese These lässt außen vor, dass die Wähler in Nordrhein-Westfalen vor allem mit der Politik der rot-grünen Landesregierung unzufrieden waren. Denn bis zuletzt hatte Hannelore Kraft in Umfragen höhere Beliebtheitswerte als ihr Herausforderer von der CDU, Armin Laschet. Die Unzufriedenheit mit dem Abitur nach acht Jahren (G8), lange Staus und das vorherrschende Gefühl der Unsicherheit nach mehreren Terroranschlägen waren laut Meinungsforschern die Hauptgründe dafür, weshalb Krafts politische Karriere ein abruptes Ende fand.

Es wäre interessant gewesen, was Kraft selbst dazu sagt. Wie viel Abstand sie schon zu den Geschehnissen hat, worin sie die Ursachen sieht und wie sie ihren politischen Weg im Nachhinein einordnet. Leider wird nicht ausreichend deutlich, ob sie nicht gefragt wurde oder ob sie nicht reden wollte.

(kib)
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