Interview mit Axel Milberg "Bei der Autofahrt laufen die drei Fragezeichen"

Düsseldorf · Der 60-jährige Schauspieler spricht mit unserer Redaktion über seinen neuen "???"-Sprecherjob, die Zukunft des Kieler "Tatorts" und seine Lieblingsserie bei Netflix.

 Axel Milberg (Archivaufnahme).

Axel Milberg (Archivaufnahme).

Foto: dpa, bsc

Das Video, in dem die Produzentin der Hörspielreihe "Die drei Fragezeichen" im Sozialen Netzwerk Facebook eine Neuigkeit ankündigte, wurde innerhalb kurzer Zeit mehr als 100.000 Mal aufgerufen: Schauspieler Axel Milberg ("Tatort") löst den langjährigen Erzähler Thomas Fritsch ab. Nun erscheint die erste Folge mit der neuen Stimme: "Die drei Fragezeichen und das silberne Amulett".

Haben Sie damit gerechnet, dass eine Erzählerrolle in einem Kinderhörspiel so große Wellen schlägt?

Milberg Nein, das hat mich überrascht. Ich wusste natürlich, dass es die am längsten laufende Hörspielreihe der Welt ist. Mit solch einer Reaktion hätte ich aber trotzdem nicht gerechnet.

Zu Live-Vorführungen des Hörspiels kommen Tausende Zuschauer. Könnten Sie sich vorstellen, bei solchen Auftritten dabei zu sein?

Milberg Sehr gut sogar, ich habe das schon angeregt. Am Ende entscheiden natürlich die Sprecher der drei Detektive und die Produzentin, ob so eine Tour noch einmal stattfindet - aber wenn es so sein sollte, bin ich als Sprecher dabei. Das ist ein riesiges Spektakel. Da schauen und hören ja nicht nur Kinder zu, sondern auch viele Erwachsene, die damit aufgewachsen sind.

Manchmal hat man das Gefühl, dass die Väter ihre Kinder zu den Shows nur als Alibi mitnehmen, damit sie selber hingehen können.

Milberg Ja, das kann schon sein. Aber so ganz stimmt es nicht. Ich sehe das auch bei uns in der Familie: Unser jüngster Sohn ist 13 Jahre alt, und obwohl Kinder heute durch das Internet ein riesiges Angebot haben, hört er die Hörspiele richtig gerne.

Das heißt, Sie kannten "Die drei Fragezeichen".

Milberg Ja, natürlich. Ich kann mich noch gut an einige lange Autofahrten erinnern. Von Süddeutschland, wo wir leben, bis nach Verona in Italien dauert es zum Beispiel ungefähr fünf bis sechs Stunden. Da weiß man vorher: Da brauchen wir ein paar Kassetten im Auto.

Gibt es eine Folge, die Sie nicht mehr hören können, weil sie bis nach Verona in Dauerschleife lief?

Milberg Es war eher umgekehrt. Wir hatten den Ton am Radio so eingestellt, dass er nur über die hinteren Lautsprecher kommt. Irgendwann habe ich gemerkt, dass das Gespräch zwischen meiner Frau und mir immer mehr versiegte, weil wir mithören wollten.

Die Serie gibt es seit 1979 . Wie erklären Sie sich den Erfolg?

Milberg Genau beschreiben kann ich es gar nicht. Es ist wahrscheinlich die Balance zwischen Spannung und Erleichterung in den Geschichten. Als Kind habe ich die "Fünf Freunde"-Bücher verschlungen, verglichen damit sind "Die drei Fragezeichen" noch geheimnisvoller und mysteriöser.

Wie sind Sie an den Erzähler-Job gekommen? Vorsprechen mussten Sie ja sicherlich nicht. . .

Milberg Peter Shaw, gesprochen von Andreas Fröhlich, hatte mich vorgeschlagen. Alle waren einverstanden, und bei nächster Gelegenheit habe ich die Folge 187 und weitere im Haus der Produzentin Heikedine Körting in Hamburg aufgenommen.

Sitzen alle zusammen und lesen den Text gemeinsam?

Milberg Ich will die Hörer ja nicht desillusionieren, aber die Geschichte war schon vorher aufgenommen. Ich bin den drei Detektiven also nicht begegnet. Es fehlten nur noch die Sätze des Erzählers.

Ihr Vorgänger war 82 Folgen lang der Erzähler. Wie viele machen Sie?

Milberg Das weiß ich noch nicht. Bislang habe ich drei Folgen aufgenommen. Die nächsten drei sind schon fertig, da geht es jetzt nur noch darum, einen Termin zu finden, damit ich sie aufnehmen kann. Ich freue mich jedenfalls auf eine lange Zusammenarbeit.

Inwiefern unterscheiden sich regelmäßige Projekte wie Hörspiele oder Ihre Rolle als Kieler "Tatort"-Kommissar Borowski von anderen?

Milberg Man kann da weitermachen, wo man das letzte Mal aufgehört hat. Man muss nicht lauter Hände schütteln von Menschen, die man das erste Mal sieht und deren Namen man sich erst merken kann, wenn die Produktion fast wieder vorbei ist.

Nach dem Rückzug von Sibel Kekilli brauchen Sie einen neuen Partner. Steht der Nachfolger schon fest?

Milberg Wir casten gerade. Es soll auf jeden Fall eine Frau sein. Mehr steht noch nicht fest. Wir wollen uns beim Profil der Rolle am Ende eher nach der Schauspielerin richten, anstatt sie in ein fertiges Konzept zu quetschen.

Haben Sie ein Mitspracherecht?

Milberg Ja. Es ist wichtig, dass beide Seiten miteinander auskommen.

Wann drehen Sie wieder?

Milberg Ende Juni bis Ende Juli.

Da muss die Entscheidung fix fallen.

Milberg Das stimmt.

Könnten Sie sich vorstellen, auch eine Serie für Amazon oder Netflix zu drehen?

Milberg Natürlich. Ich habe zuletzt schon sechs Folgen für die Serie "Cape Town" in Südafrika gedreht, die auf dem Bestseller "Dead before dying" von Deon Meyer beruht. Das war ziemlich aufregend. Vieles auf Netflix zeigt die absolute Spitze des heutigen Erzählens.

Haben Sie auch eine Lieblingsserie?

Milberg Fargo. Die Serie ist vollkommen irre, ruhig und trotzdem beherrscht von einer Unberechenbarkeit in jeder Sekunde. Wir sind gerade in der dritten Staffel und warten sehnsüchtig auf die nächste Folge.

Florian Rinke führte das Gespräch.

(RP)
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