Serien-Tipp Better watch Saul!

Düsseldorf · Der Serien-Boom ebbt nicht ab. Umso trauriger, dass kaum jemand über "Better call Saul" spricht – das so viel mehr ist als ein "Breaking Bad"-Spinoff. Ein Plädoyer ohne Spoiler.

"Nobody said it was easy / no one ever said it would be THIS hard" — Jimmy McGill (Bob Odenkirk) aka Saul Goodman weiß, was Coldplay damit meinten.

"Nobody said it was easy / no one ever said it would be THIS hard" — Jimmy McGill (Bob Odenkirk) aka Saul Goodman weiß, was Coldplay damit meinten.

Foto: AMC

Der Serien-Boom ebbt nicht ab. Umso trauriger, dass kaum jemand über "Better call Saul" spricht — das so viel mehr ist als ein "Breaking Bad"-Spinoff. Ein Plädoyer ohne Spoiler.

Jimmy McGill alias Saul Goodman will, dass DU seine Serie siehst.

Jimmy McGill alias Saul Goodman will, dass DU seine Serie siehst.

Foto: AMC

Diese Serie braucht weder Drogendeals noch Drachen noch Untote, um ihre Zuschauer zu fesseln. Sie braucht nicht mal "normale" Tote. Vor dem Finale der zweiten Staffel "Better call Saul" (ab Dienstag um Mitternacht bei Netflix), haben in 19 Folgen bloß drei Charaktere das Zeitliche gesegnet — und die waren sämtlich nebensächlich. Selbst das sprichwörtlich textlastige Polit-Drama "House of Cards" war so gesehen krasser, von den Blutbädern in "Game of Thrones" ganz abgesehen.

Trotz dieses extrem niedrigen "Bodycount" lässt sich spätestens jetzt sagen: Alle Befürchtungen waren gegenstandslos, "Better call Saul" ist weder eine devote Hommage an "Breaking Bad" geworden noch ein klamaukiger Blick auf immer neue Hampeleien des schrillen Anwalts Saul Goodman, der in der düsteren Mutterserie meist für den "comic relief" zuständig gewesen war. Dem bzw. dessen alter ego James "Jimmy" McGill verleiht Bob Odenkirk (53), zuvor weniger als Schauspieler bekannt denn als Gagschreiber und Comedian, hier ungleich mehr Tiefe und Drive. Den großväterlich-grummeligen Killer Mike Ehrmantraut spielt Jonathan Banks (69) erneut mit unerreichtem Stoizismus. Kaum weniger glänzt die zweite Hälfte des Protagonisten-Quartetts, Newcomer Michael McKean (68) als Star-Anwalt und Bruder der Hauptfigur sowie Rhea Seehorn (43) als "Sauls" Freundin.

Eine menschliche Tragödie

"Better call Saul" ist keine Anwalts- und schon gar keine Comedyserie. Es ist die menschliche Tragödie, die in mindestens 30 Akten ähnlich wie "Fargo" Grundsätzliches verhandelt. Es geht darin um Gut und Böse, um Recht und Gerechtigkeit, um die Missgunst selbstbesoffener Eliten und ausgebootete Außenseiter. Um Menschen, die das Falsche aus den richtigen Gründen tun und andersherum. Um einen erbitterten Bruderzwist und die Realitätsferne des Amerikanischen Traums — und vor allem um das Nicht-aus-der-eigenen-Haut-Können.

Die Serie erzählt von der Herkulesaufgabe, redlich zu bleiben in einer Welt, in der das Mittel zum Erfolg zu sein scheint, das exakt richtige Maß an Unredlichkeit an den Tag zu legen. Zu Recht wurde das mit sieben Emmy-Nominierungen belohnt, zu Unrecht steht die erste ganz große Prämierung noch aus. Die Showrunner Vince Gilligan und Peter Gould sezieren, wie Menschen zu dem werden, was sie sind.

Dass diese Menschen erstens fiktiv sind und zweitens bekannt aus der besten TV-Serie aller Zeiten, ist nebensächlich. "Better call Saul" mag einigermaßen unspektakulär beginnen, steht aber schnell problemlos auf eigenen Beinen und entwickelt einen starken Sog.

It's all good, man.

"Better call Saul" läuft bei den Streamingdiensten Netflix, Amazon Prime und Maxdome. Am Dienstag um Mitternacht kommt Folge 20, die letzte der zweiten Staffel. Eine dritte mit ebenfalls 10 Folgen kommt im Februar 2017.

(tojo)
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