"Maischberger" im Ersten Das Schreckgespenst vom Brexit

Düsseldorf · Der Brexit wäre ein Segen für Großbritannien - oder auch ein Fluch. Bei "Maischberger" im Ersten bereicherten vor allem die Argumente der Befürworterin eines EU-Austritts die Debatte. Unser Schnellcheck.

Maischberger im Ersten über den Brexit: Bilder der Sendung
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Darum ging's
"Sprengstoff Brexit: Fliegt Europa auseinander?" lautete der Titel der spätabendlichen "Maischberger"-Ausgabe. Diskutiert wurde nicht nur, was ein Austritt der Briten aus der EU wirklich bedeuten würde - für die Insel, die Deutschen und den Rest von Europa - sondern auch, wie die Brexit-Debatte große Probleme der EU mit sich selbst aufzeigt.

Die Runde

  • Francis Fulton-Smith (deutsch-britischer Schauspieler)
  • Wolf von Lojewski (Langjähriger ARD-Korrespondent in London)
  • Anna Firth (Konservative Politikerin und Brexit-Befürworterin)
  • Anja Kohl (ARD-Börsenexpertin)
  • Jean Asselborn (Luxemburgischer Außenminister)
  • Roland Tichy (Wirtschaftsjournalist)

Frontverlauf
Bis auf Anna Firth saßen in der Runde nur Brexit-Gegner. Die britische Politikerin selbst war jedoch nur zugeschaltet, und das auch nur für einen kurzen Moment. Ihr Hauptargument: Die Europäische Union ist wirtschaftlich auf dem absteigenden Ast, den Briten hingegen gehe es gut. Es sei nicht sinnvoll für Großbritannien, in einem wirtschaftlich absinkenden Block zu bleiben. Es wäre besser, das Geld im eigenen Land zu investieren. Die Warnungen vor einem Brexit nahm sie gelassen. Die Briten seien auch vor den Folgen gewarnt worden, falls sie den Euro nicht einführen würden. Stattdessen hätten dann die Euro-Staaten Probleme bekommen. Auch der Handel mit den europäischen Staaten werde weitergehen.

Letzteres fand sogar Zustimmung in der Runde, Jean Asselborn betonte aber: "Dafür müssen neue Verträge geschlossen werden." Ein Austritt der Briten aus der EU werde Konsequenzen haben. Asselborn trat außerdem für die Vorteile der EU ein. "Ohne Europa hätten wir keinen Schengen-Raum."

Noch am meisten Verständnis für die Briten brachte Roland Tichy auf. Er glaubte zudem nicht an die Wiedereinführung von Zöllen. Jedes zweite Auto in Großbritannien komme aus Deutschland. "Werden wir den Engländern Zölle abknöpfen, damit sie uns Zölle abknöpfen?"

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Foto: Caro / Oberhaeuser

Gleichzeitig wurde klar, dass hinter der Brexit-Debatte die Frage nach dem Für und Wider einer starken Europäischen Union steht. Die Kluft in Europa wachse, sagte Kohl. Die Menschen würden sich die Frage stellen, ob uns die EU und der Euro ärmer statt reicher machen. Die Flüchtlingsdebatte und das Verhalten Deutschlands habe der Brexit-Diskussion außerdem Schub gegeben, fand Tichy. Die Briten habe es wahnsinnig gemacht, weil sie nicht wussten, wie viele Flüchtlinge kommen. "Die Briten wollen die Kontrolle zurück." Fulton-Smith sah das ähnlich, glaubte aber auch genau wegen der Flüchtlingskrise, dass die Brexit-Diskussion zur Unzeit komme. "Wir haben ganz andere Probleme zu lösen."

Angriff des Abends
Roland Tichy ging besonders Jean Asselborn hart an. "Sie bestreiten, dass demokratische Defizite in der EU existieren." Asselborns Verhalten beschrieb er immer wieder als Inbegriff der europäischen Arroganz gegenüber den Briten. Asselborn wusste sich dagegen nur wenig zu helfen, als immer wieder zu betonen, was die EU für Europa gebracht habe. Etwa: "70 Jahre Frieden" oder "Was wäre los, wenn wir nicht den Euro hätten?"

Anstrengendster Gast
War - trotz seines charmanten Auftretens - Wolf von Lojewksi. Er erzählte zwar viele Dinge aus früheren Zeiten, etwa aus der Anfangszeit des Euro und vom Weg dahin. Inhaltlich konnte er aber nur wenig zur Debatte beitragen und schob stattdessen Gemeinplätze dazwischen, wie etwa: "Wenn man die Briten belehrt, hören sie überhaupt nicht hin." Einen wertvollen Hinweis hatte er aber: Der Humor in der Brexit-Debatte fehle.

Spannendester Widerspruch
Anna Firth sagte, auch das Thema Immigration spiele eine große Rolle bei der Brexit-Debatte. "Wir glauben an Fairness in diesem Land", sagte sie, und meinte damit: Großbritannien gehe danach, was jemand bieten könne, und nicht danach, wo ein Mensch geboren sei. Durch die Einwanderungspolitik der EU sei Großbritannien aber daran gebunden, nach Herkunft zu diskriminieren und europäische Bürger zu bevorzugen.

Entkräftet wurde dieses Argument von Francis Fulton-Smith. Die herkunftsgebundene Immigration gebe es in Großbritannien nicht nur durch die EU, sondern auch durch den Commonwealth, also den Staatenverbund der früheren britischen Kolonien, zum Beispiel Pakistan. Aus diesen Ländern könne jeder Bürger nach Großbritannien einwandern - unabhängig davon, was ein Mensch nun genau könne.

Satz des Abends
"Am Ende steht immer Krieg", sagte Francis Fulton-Smith direkt am Anfang der Sendung - und meinte damit das Zurückfallen Europas in nationalstaatliches Denken.

Was deutsche Chefs über den Brexit sagen
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Foto: Endermann, Andreas

Offene Fragen
Wollen wir mehr oder weniger EU? Wie können Demokratie-Defizite in der EU beseitigt werden? Können die großen Probleme wie Klimawandel und Flüchtlingskrise auch ohne die EU gelöst werden? Außerdem: Wird es einen Domino-Effekt in anderen Ländern geben, sollten die Briten wirklich für den Brexit stimmen? Und sind Referenden überhaupt die richtige Art und Weise, über solche Fragen abzustimmen? Viele Fragen blieben am Ende offen, vor allem aber diese eine: Wie wird die Brexit-Abstimmung ausgehen?

Mit einem Ergebnis des Referendums in Großbritannien wird für Freitagmorgen gerechnet. Erfahren Sie hier mehr über das Thema Brexit.

(hebu)
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