Bonn Der Ereignissender wird 20 Jahre alt

Bonn · Am 7. April 1997 ging der Nachrichtenkanal Phoenix auf Sendung. Sein Pfund ist die Live-Übertragung aus Parlamenten.

Zum Feiern des 20. Geburtstages haben die Mitarbeiter des Senders Phoenix in diesem Jahr eigentlich gar keine Zeit - es ist einfach viel zu viel los. Die Amtseinführung des US-Präsidenten, die Wahl eines neuen Bundespräsidenten, die Wahlen in den Niederlanden und in Frankreich, drei Landtags- sowie eine Bundestagswahl. "In diesem für uns so besonderen Jahr kommen viele relevante Ereignisse auf uns zu", sagt Programmgeschäftsführerin Michaela Kolster. Aber das passt, schließlich bezeichnet sich der Nachrichtenkanal als "Ereignissender".

Das Besondere im Programm sind Live-Übertragungen von Parlamentsdebatten und wichtigen Abstimmungen. Und diese sind laut Programmgeschäftsführer Michael Hirz in diesen Zeiten wichtiger denn je. "Das Publikum ist kritischer gegenüber der Berichterstattung in den Medien und gegenüber Institutionen. Umso wichtiger sind unsere ungefilterten Übertragungen." Bei Phoenix können sich die Zuschauer selbst ein Bild machen. Deshalb verzichtet man auch bewusst auf eine Kommentierung.

Dass es Phoenix gibt, geht auf eine Initiative des Präsidiums des Deutschen Bundestages zurück. Die Politiker wünschten sich von ARD und ZDF eine umfangreichere TV-Berichterstattung aus dem Parlament. Die Rundfunkanstalten hoben deshalb den eigenen Sender in Bonn aus der Taufe. Am 7. April 1997 nahm er den Betrieb auf. Damals gab es täglich 16 Stunden Programm, vor allem Direktübertragungen, Dokumentationen und Gesprächssendungen. Diese drei Säulen sind auch nach 20 Jahren unverändert. Mittlerweile sendet Phoenix aber 24 Stunden an sieben Tagen der Woche.

Der Großteil der Mitarbeiter sitzt weit weg von der großen Politik in Bonn. Das sei aber kein Nachteil, betont Hirz. "Eine räumliche Distanz zur Politik ist nicht verkehrt." Auch andere politische Redaktionen seien fern von Berlin, etwa die "Tagesschau" in Hamburg oder "heute" in Mainz. An einen Umzug wird nicht gedacht. "Der Standort Bonn steht nicht zur Disposition."

Jeden Tag informieren sich 4,31 Millionen Menschen bei Phoenix. "Wir wissen genau, wer uns guckt", sagt Hirz. Seine Zuschauer leben eher in Ballungsräumen als auf dem Land. Sie sind überdurchschnittlich gebildet, zwei Drittel des Publikums sind männlich. "Es schalten besonders viele Multiplikatoren ein, wir machen ein Programmangebot für diejenigen, die in diesem Land etwas bewegen, die sich engagieren und sich einbringen", betont Hirz.

Dass Politik nur wenige interessiert, kann die Führungsriege nicht bestätigen. "Die Zeiten sind so politisch wie lange nicht, das belegen auch die Beteiligung an den jüngsten Wahlen und die starken Diskussionen in der gesellschaftlichen Mitte", sagt Kolster.

Die Quote liegt bei 1,1 Prozent, Phoenix rangiert laut eigenen Angaben bei den Kleinsendern damit hinter N24, aber vor Arte und 3sat. "Wir sind nicht gegründet worden, um Quote zu machen", stellt Kolster fest. Viel mehr Luft nach oben sei nicht, wenn der Sender an seinem Profil festhalte. "Wenn wir noch mehr Publikum erreichen wollten, müssten wir ein anderes Programm machen."

(mso)
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