"Der Liebling des Himmels" Ein Psychiater in der Sinnkrise

Berlin · Die Komödie "Der Liebling des Himmels" trumpft mit Axel Milberg und Mario Adorf auf.

Es sollte unbedingt ein Zwangsneurotiker sein. Als der renommierte Filmemacher Dani Levy ("Alles auf Zucker!", "Mein Führer") gebeten wurde, für die ARD eine Komödie mit Axel Milberg (Kieler "Tatort") in der Hauptrolle zu schreiben und zu inszenieren, stand für ihn als erstes der grundlegende Zustand der Figur fest. "Das ist mir intuitiv aus der Seele geflossen, hat also bestimmt viel mit mir selbst zu tun", sagte Levy. Auch sonst verarbeite er in "Der Liebling des Himmels" wie immer in seinen Werken eigene Lebenserfahrung.

Sein Zwangsneurotiker wurde schließlich ein anerkannter Psychiater in diesem auch in kleinen Rollen starbesetzten und mit subversivem Humor gesegneten Komödien-Kleinod. Magnus Sorel (Milberg), Arzt in den besten Jahren, erzielt bei hellsichtig-scharfem Umgang mit seinen Patienten große Heilungserfolge. Nur in seinem Inneren sieht es - verborgen hinter autoritärem, auch jovialem Auftreten - fatal aus. Penibel zählt Sorel Schritte und die Blätter zu benutzenden Toilettenpapiers.

Gefühle lässt er dagegen kaum zu. In seiner mit asiatischer Kunst ausgestatteten Wohnung in der kühlen Hamburger Hafencity hat er sich verschanzt. Von seiner Frau (Jenny Schily) geschieden und dem Teenagersohn (Jakub Gierszal) gemieden, ist der Überempfindliche zudem seinem Psychiater-Übervater Magnus Sorel senior (Mario Adorf mit langem grauen Zopf als sehenswerter Althippie-Schamane) nicht gewachsen.

Bei so wenig Selbsterkenntnis lässt Unglück kaum lange auf sich warten. Wobei Sorel - in seiner lächerlichen, verklemmten Arroganz von Milberg wundersam differenziert gezeichnet - anderen stets predigt, Krise sei Chance. Für ihn beginnt die Erschütterung mit der tödlichen Krebserkrankung seiner Ex, der er mit den Worten begegnet "Da schau her, rank und schlank! Du wolltest doch immer abnehmen." Der egomanische Seelendoktor und feinsinnige Opernfreund wird zudem von einer Patientin, einer vollbusigen Kroatin (Andreja Schneider) ohne Geschmack, wegen sexueller Nötigung angezeigt und hat mit Erpressung zu kämpfen - ein Unbekannter hat seine Tagebücher gestohlen, die seine tiefsten Abgründe offenbaren. Nach einem verpatzten Auftritt bei "Günther Jauch" probiert Sorel mit Gewalt, die Bücher wieder in seinen Besitz zu bringen. Womit er sich natürlich auf dem Holzweg befindet.

Wahrhaft entsetzlich ist also die Seelenpein des Titelhelden - und so abstrus wie hintersinnig komisch diese außergewöhnliche Produktion, in der unter anderem auch Stefan Kurt, Hark Bohm und Karl Dall mitwirken. Die in sich stimmige Tonart des Films ist umso bemerkenswerter, als bei den Dreharbeiten nicht geprobt wurde - jede einzelne Szene wurde nur einmal gespielt und sofort verwendet. Es soll laut Milberg Seelenverwandtschaft mit im Spiel gewesen sein zwischen den Schauspielern und ihrem Autor und Regisseur.

"Der Liebling des Himmels, ARD, 20.15 Uhr

(dpa)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort