Düsseldorf Der männliche Held als Feigling

Düsseldorf · Im Spielfilm "Höhere Gewalt" lässt Vater Tomas seine Familie im Stich, als eine Lawine anrollt.

Bereits am zweiten Tag des Skiurlaubs in den französischen Alpen wird die Familienidylle erschüttert: Tomas (Johannes Bah Kuhnke), seine Ehefrau Ebba (Lisa Loven Kongsli) und ihre beiden Kinder sitzen gerade noch entspannt beim Mittagessen auf einer Skihütte, als plötzlich eine riesen Lawine anrollt. Panik bricht aus. Gäste flüchten. Während Ehefrau Ebba versucht, ihre Kinder Vera und Harry (Clara und Vincent Wettergren) zu beschützen, rennt Tomas davon. Der Familienvater bringt zuerst einmal sich selbst in Sicherheit - und eröffnet mit diesem Handeln die Bühne des Spielfilms "Höhere Gewalt" (heute, 20.15 Uhr), der von enttäuschter Erwartung, Rollenvorstellungen und einem erschütterten Vertrauensverhältnis handelt.

Die sichtbare Lawine inmitten des Skigebietes wird durch Pistenarbeiter ausgelöst, die lose Massen von Neuschnee sprengen. Der Druck der hinunterstürzenden Massen wächst und die Zunge der Lawine wird immer größer. Letztlich geht das Naturspektakel glimpflich aus, und das Skiparadies bleibt von einer großen Katastrophe verschont. Doch mit der Lawine kommt der Bruch im geordneten Leben der schwedischen Familie.

Die Kinder setzen ihre Eltern vor die Tür, Ebba stellt ihren Ehemann zur Rede, und Tomas selbst? Der bestreitet bis zuletzt, geflohen zu sein.

Der Film von Regisseur Ruben Östlund ist bildgewaltig, wenn Lawine und Alpenpanorama zu sehen sind und die Emotionen im Ehestreit hochkochen. Östlund ist mit "Höhere Gewalt" (Originaltitel: "Turist") auch eine lakonische Komödie gelungen. Er lässt in dem 114-minütigen Spielfilm reichlich schwarzen Humor durchblicken, wenn es um die Frage der Verantwortung eines Familienvaters und die Maxime im Katastrophenfall "Frauen und Kinder zuerst" geht. Inspiriert wurde der Regisseur vom realen Verhalten des Kapitäns der "Costa Concordia": Der hatte beteuert, in das Rettungsboot "gefallen" zu sein, als das Schiff 2012 auf Grund lief.

Wer über Schnee im Sommer hinwegsehen kann und einen Film mit Action und trockenem Humor sehen will, darf Arte einschalten.

"Höhere Gewalt", heute Abend, 20.15 Uhr, Arte.

(ball)
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