Berlin Der Oskar Schindler der Schweiz

Berlin · Der Schweizer Grenzbeamte Paul Grüninger rettete ab 1938 hunderten Flüchtlingen das Leben.

"Das Boot ist voll." Mit diesem lapidaren, später oft kritisierten Satz reagierte die Schweizer Regierung im August 1938 auf Flüchtlinge aus Deutschland und Österreich. Die Grenzen wurden geschlossen, deutschen Juden, die um ihr Leben fürchten mussten, wurde die Einreise verweigert.

Aber nicht jeder Beamte folgte den Anweisungen seiner Vorgesetzten. Paul Grüninger (Stefan Kurt), Chef der Grenzpolizei in St. Gallen, zeigte Zivilcourage und ermöglichte hunderten Menschen die Einreise in die Schweiz.

Das TV-Drama "Akte Grüninger" (Arte, 20.15 Uhr ) erzählt die wahre Geschichte dieses couragierten Grenzpolizisten, für den Menschlichkeit höher rangierte als blinder Gehorsam gegenüber Vorgesetzten. Alle haben angeblich nur ihre Pflicht getan, aber manche haben auch in dieser Zeit auf ihr Gewissen gehört.

Der 1976 in Zürich geborene Regisseur und Grimmepreisträger Alain Gsponer ("Das wahre Leben") inszeniert diese Biografie vor dem Hintergrund der historischen Ereignisse auch mit Hilfe von Archivmaterial als spannendes, manchmal etwas bemühtes Politdrama. Grüningers Gegenspieler ist der ehrgeizige Polizeiinspektor Robert Frei (Max Simonischek), der nach St. Gallen geschickt wird, um die ungewöhnlich hohe Zahl von Grenzübertritten zu untersuchen. Schon nach kurzer Zeit und wenigen Verhören deckt Frei auf, dass Grüninger zusammen mit Siggi Dreifuss (Anatole Taubman), dem Vorsteher der Israelitischen Gemeinde, eine Flüchtlingshilfe organisiert hat, um möglichst viele Verfolgte in der Schweiz unterzubringen.

Frei konfrontiert Grüninger mit diesen Tatsachen: "Wenn ich meinen Bericht abgebe, sind Sie geliefert", stellt er den mutigen Familienvater zur Rede. Aber der ist entschlossen weiterzumachen: "Legal, illegal, das sind keine Begriffe mehr, wenn es ums nackte Überleben geht", sagt er ganz offen zu seinem Gegenspieler. Dem kommen immer mehr Zweifel an seinen Ermittlungen. Ein spannendes Psychoduell entwickelt sich. Frei scheint willig zu sein, seinen Bericht zurückzuhalten. Aber schließlich ist Grüninger auch wegen politischer Ränkespiele nicht mehr zu halten und wird 1939 unehrenhaft aus dem Dienst entlassen.

"Akte Grüninger", Arte, 20.15 Uhr

(dpa)
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