Berlin Der Sturm im Innenohr

Berlin · Jeden Tag vom Lärm umgeben zu sein - davon handelt die Arte-Doku "Lärm ohne Grenzen".

Jeder macht Lärm, meist zu Hause: Da brodelt der Kaffeeautomat, brüllt der Mixer, brausen Fön und Staubsauger, und ewig dudelt das Radio vor sich hin. Die meisten Menschen merken das gar nicht mehr, regen sich aber umso mehr über den Lärm von außerhalb auf, egal ob er von Autos, Zügen, Flugzeugen, Baustellen, spielenden Kindern, lärmenden Nachbarn oder vollen Fußballstadien kommt. Der Arte-Thementag "Lärm ohne Grenzen" beleuchtet das Thema Lärm von mehreren Seiten.

In "Unser täglich Lärm" (20.15 Uhr) beschreibt Autorin Dorothee Kaden, dass sich der Körper einfach nicht an Lärm gewöhnen will. Sie begleitet zwei Familien durch ihren Alltag: Das Ehepaar Rupf lebt mit drei Söhnen in Frankfurt und betreibt dort eine Apfelweinwirtschaft; Familie Le Lionnais lebt in Plouha in der Bretagne. Hier kreischen Laubbläser oder Kleinkinder samt Spielzeug, dort kreischen Möwen oder Mähdrescher. Wirkliche Stille findet sich also selbst auf dem Lande nicht, Krach wird höchstens auf Partys oder in der Disco als vergnüglich wahrgenommen.

Die Berliner Psychoakustikerin Brigitte Schulte-Fortkamp erklärt, dass "zu starke Lärmbelästigung definitiv zu Erkrankungen führt und man dem Krach im Alltag ja nicht entfliehen kann. Mit einem Knopf im Ohr schalten sich viele bewusst aus der Umwelt heraus, in der sie sich gerade befinden". Und die Musik im Ohr kann oder muss dann wiederum auch sehr laut sein - ein Teufelskreis. In Paris kann man per Notfalltelefon einen Gerichtsvollzieher kommen lassen, der den aktuellen Geräuschpegel misst.

"Lärm macht kaputt" (21.10 Uhr) lautet der Titel der Doku von Peter Gerhardt, in der es um Verkehrslärm geht. Barbara Schulz-Freywald leidet sichtlich unter dem beträchtlichen Fluglärm des Frankfurter Flughafens, Ruth Caspari unter den unerträglich lauten Güterzügen im Mittelrheintal, Gérard Dutal in Lyon hat die Vibrationen von 14 Fahrspuren direkt vorm Wohnzimmerfenster zu ertragen. Man erfährt anhand nur mäßig engagierter Stellungnahmen von Politikern, dass sie das Leid ihrer Bürger (und Wähler) kaum kümmert, und die Lobby der Verkehrskonzerne sehr groß ist.

"Lärm ohne Grenzen", Arte, ab 20.15 Uhr

(dpa)
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