TV-Show "Die Höhle der Löwen" Fast zu vernünftig für Privatfernsehen

Düsseldorf · In der "Höhle der Löwen" treten jede Woche junge Gründer vor ein Millionenpublikum im Fernsehen, um Geld für ihre Ideen einzusammeln. Dabei gelingt dem Privatsender Vox erstaunlich vielschichtiges und ehrliches Fernsehen, meint unser Autor.

Daniel Kania von "GreenLab" aus Berlin kann sich über 110.000 Euro für Bio-Dünger aus Kakaobohnen-Abfall freuen.

Daniel Kania von "GreenLab" aus Berlin kann sich über 110.000 Euro für Bio-Dünger aus Kakaobohnen-Abfall freuen.

Foto: Vox/Bernd-Michael Maurer

Das Konzept der "Höhle der Löwen" hat sich auch in der zweiten Staffel nicht geändert. Fünf erfolgreiche Unternehmer aus verschiedenen Branchen stecken ihr privates Kapital in die Ideen anderer, zumeist junger Unternehmer — auf der Suche nach "den besten Gründern Deutschlands", wie der Sender es selbst formuliert.

Eine Sendung voller gelebter Klischees

Aus dieser Sendung spricht der blanke Kapitalismus, kombiniert mit der menschlichen Faszination eines Startups: Wenn jemand all seine Zeit und Kraft in die Idee steckt, an die er glaubt, dann reißt das mit, dann schafft das Begeisterung. Doch stets ist dabei auch die Frage: Fliegt die Idee oder bleibt sie am Boden?

Wie individuell Erfolg dabei zu definieren ist, zeigt die junge Firma "AngelCab" aus dem mittelfränkischen Leinburg. Die Brüder Vincent und Louis, beide Anfang 20, haben eine wirklich gute Idee: Sie stellen komplett individualisierbare Kinderwagen her, online konfigurierbar, als ginge es um das neue Wunschauto. Das Versprechen: Die Kinderwagen werden zu einhundert Prozent in Deutschland hergestellt und sind komplett frei von Schadstoffen.

Geld bekommen die beiden Gründer in der "Höhle der Löwen" für ihre Idee allerdings nicht, obwohl sie für Investor Vural Öger für Deutschland als ein "Land der Erfinder und Tüftler" stehen. Denn, so sagt Homeshopping-Unternehmerin Judith Williams: "Ihr müsst langsam wachsen. Ihr habt es verdient, dass eure Firma und euer Gewinn euch gehören." Der Mensch wird bei diesem Stück beachtlichen Fernsehen nicht außer Acht gelassen, scheint es. Wem eine schnelle Investition nicht hilft, bekommt sie auch nicht. Auch das schafft Quoten.

Faire Kritik statt Demütigung

Ohnehin scheint es so, als verzichte Vox bei der "Höhle der Löwen" weiterhin auf die Demütigung von Kandidaten, die die Zuschauer aus anderen Casting-Shows gewöhnt sind. Gleich drei weitere Gründer bekommen in dieser achten Folge der zweiten Staffel kein Geld, stets jedoch klar begründet durch die Investoren. Ohne Schnörkel, frei heraus, in faire Worte verpackt.

So gehen die schicken, aber viel zu teuren Eier-Leuchten namens "Rocky Dancing Colours" einer jungen Produktdesignerin aus Oberbayern leer aus (Vural Öger: "Sie überzeugen mich, aber nicht ihr Produkt"), ebenso die putzigen aber womöglich nicht massentauglichen 3D-Modelle zum Selberbasteln von "Papershape", hergestellt von einem Pärchen in Nürnberg (Investorin Lencke Steiner: "Ich finde euch super-super-süß, aber ihr seid leicht kopierbar”).

"Das ist ein bisschen in die Hose gegangen"

Die härteste Kritik fangen sich schließlich zwei Erfinder aus Frankfurt und Berlin ein, die mit "Stay2Day" mobile Schlafboxen für Flughäfen entwickelt haben, allerdings ohne konkrete Zahlen zur Konkurrenz mitzubringen, die es in München bereits gibt. "Erfolg hat drei Buchstaben: 't', 'u', 'n'. Tun. Und das haben Sie nicht getan", lautet das harte Urteil von Investor Jochen Schweitzer, den die Boxen zwar interessieren, wohingegen er zu den beiden unscheinbaren und unsicheren Gründer keinen Zugang findet.

"Das ist ein bisschen in die Hose gegangen", resümieren die Gründer. "Woran hat's gelegen?", fragt Moderator Ermias Habtu in bester Sportjournalisten-Mentalität. Es ist der einzige Moment, in dem die Fassade des anspruchsvollen Fernsehens bröckelt an diesem Abend auf Vox, und das will beim "Shopping Queen"-Sender schon etwas heißen.

Großes Geld für große Ideen

Geld ausgegeben wird aber natürlich trotzdem: 110.000 Euro frisches Kapital erhält das "GreenLab" aus Berlin für seinen Bio-Dünger aus Kakaobohnen-Abfällen (Frank Thelen: "Total brilliant!") von Jochen Schweitzer und Vural Öger — allerdings nach harten Verhandlungen, denn die Margen sind bei dem Produkt gering und Gewinne liegen in weiter Ferne. Einen Euro pro verkauftem Produkt im Online-Shop müssen die Gründer deshalb zusätzlich zu 26 Prozent Unternehmensanteilen abdrücken.

Den Zuschlag des Triumvirats aus Judith Williams, Jochen Schweitzer und Vural Öger erhält schließlich auch die "Bademeisterei" aus Österreich, die selbst anmischbare Badelotionen vertreibt. 350.000 Euro für 30 Prozent Firmenanteile. Ein guter Deal, scheint es. "Auf in die Badewanne!", jubelt Williams anschließend. Dass die Österreicher ihr Bade-Imperium in einer Garage gegründet haben, ist dabei wohl das Mindestmaß an Klischee in einer Sendung mit und über Startups. Sei's drum.

(hebu)
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