TV-Krimi am Sonntag Dieser Kölner "Tatort" ist der Tiefpunkt des Jahres

Köln · Der WDR versucht es beim "Der Fall Reinhardt" mal mit schauspielerischer Namens-Prominenz. Doch leider ersetzt Ben Becker die Handlung und der Zuschauer hat die Wahl: Ist das der schlechteste "Tatort" des Jahres oder nur der langweiligste?

Szenen aus "Der Fall Reinhardt"
19 Bilder

Szenen aus "Der Fall Reinhardt"

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Wahnsinn. Der WDR hat Ben Becker für einen Köln-"Tatort" gewonnen. Ben Becker! Ist das nicht großartig? B-E-N B-E-C-K-E-R-! Das riecht ja förmlich schon nach Grimme-Preis, also einer Volkshochschul-Auszeichnung, die die öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten aus Überzeugung mit einem Erfolg verwechseln.

Am Ende von "Der Fall Reinhardt" wird der Zuschauer sich fragen, ob er nun den schlechtesten "Tatort" des Jahres oder bloß den langweiligsten gesehen hat. Die Antwort: beides! Das Drehbuch stammt von Dagmar Gabler, die sich mit drei "Tatort"-Machwerken (so dem unsäglichen Kölner Zeitungs-Tatort "Unter Druck") offenbar hinreichend disqualifiziert hat, um ein komplettes Buch an einen Hauptdarsteller zu verschwenden, der schlechter singt als seine Schwester Meret, schlechter schauspielert als sein Stiefvater Otto Sander und eine der schlimmsten Nerv-Stimmen des Hörbuch-Businesses ist.

Am Ende steht leider nur Ben Becker

Die Regie führt Torsten C. Fischer, wofür es keinen offensichtlichen Grund gibt, aber er war halt mal Regieassistent für Dominik Graf, und das ist ja faktisch schon eine Garantie für Zuschauer-Vergraulung UND einen Grimme-Preis. Worum es in dem Krimi, der so richtig keiner ist, angeblich geht: Eine Serie von Brandanschlägen hält Köln in Atem, doch jetzt sterben zum ersten Mal Menschen dabei: drei Kinder kommen in den Flammen ums Leben. Und die zeitlichen Abstände zwischen den Anschlägen werden kürzer.

Die Mutter der drei toten Kinder ist den Kommissaren Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) und Freddy Schenk (Dietmar Bär) mehr ein Rätsel als eine Hilfe. Sie will nicht wahrhaben, dass ihre Kinder tot sind. Von ihrem Mann Gerald Reinhardt fehlt jede Spur. Ballauf und Schenk begeben sich auf die Suche nach einem Phantom, das dann am Ende leider nur Ben Becker ist.

Abgefackelte Villa in Düsseldorf

Um die abgefackelte Villa zu filmen, in der die drei Kinder sterben, bewegte sich das Kölner "Tatort"-Team sogar nach Düsseldorf. Das Beste, was der Krimi zu bieten hat, ist Susanne Wolff in der Rolle der Mutter Karen Reinhardt, die ihre drei Kinder verloren hat — und ihren Mann (wobei man sich die ganze Zeit fragt, was diese Frau mit so einer Wurst wollte). Wolff spielt in diesem Köln-"Tatort" sehr glaubwürdig eine komplett Durchgeknallte, auch wenn die Drehbuchautorin das anders sieht. Sie beobachte immer mehr Frauen in allen Schichten, die in hohem Maße immer perfekter werden wollten, so Drehbuchautorin Gabler. Die Frauen hätten immer größere narzisstische Ansprüche und immer weniger echte Empathiefähigkeit. Folglich nehme der Druck auf sie zu, intern und extern. Wenn dann etwas aus der "sorgfältig austarierten Balance und außer Kontrolle gerät", sei die Katastrophe programmiert.

Das kann man glauben oder lassen, der Köln-"Tatort" wird zum x-ten Mal für das Absingen einer Sozialoper missbraucht; am Ende gibt es nicht einmal eine Currywurst an der berühmten Bude. Deshalb ein Vorschlag: Statt den "Tatort" zu sehen, sollte man lieber nett essen gehen und sich einen schönen Abend machen.

"Tatort — Der Fall Reinhardt", ARD, So., 20.15 Uhr

(RP)
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