TV-Nachlese Türkische AKP-Politikerin sorgt im "Donnerstalk" für Kopfschütteln

Düsseldorf · Die letzte Ausgabe des "ZDF Donnerstalk" mit Dunja Hayali in diesem Sommer überzeugte mit aktuellen Themen und namhaften Gästen. Die Sendezeit reichte nicht aus, um den Türkei-Konflikt, soziale Gerechtigkeit und die Pflegesituation zu besprechen. Das aber machte deutlich, warum das Format fortgesetzt werden sollte.

AKP-Politikerin Meryem Göka zu Gast bei Dunja Hayali.

AKP-Politikerin Meryem Göka zu Gast bei Dunja Hayali.

Foto: Screenshot ZDF-Donnerstalk/www.zdf.de/ZDFmediathek

Die Themen

Drei Schwerpunkte hatten Hayali und ihr Redaktionsteam für das Finale gewählt: "Schon Fremde oder noch Freunde — Wohin steuert die Türkei?", "Frustriert und allein gelassen — Wer macht Politik für die kleinen Leute?" und "Zwischen Liebe und Last — Pflege zu Hause oder im Heim?"

Spätestens seit der Reaktion auf die Putschnacht vom 15. Juli steht die Regierung des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan in der Kritik. Im "Donnerstalk" zu Gast waren zu diesem Thema AKP-Politikerin Meryem Göka und die Landtagspräsidentin von Baden-Württemberg, Muhterem Aras. "Schafft die Türkei die Demokratie ab?", wollte die Moderatorin zu Beginn wissen. Mit einem abschätzigen Lachen reagierte Göka darauf: "In der Putschnacht haben wir unsere Demokratie doch verteidigt!". "Natürlich" müssten verdächtige Leute suspendiert werden, sagte Göka. Eine Hetzjagd gebe es nicht. Den Hinweis, dass Erdogan selbst das Vokabular der "Säuberung" nutzt, überhörte sie großzügig.

Die deutsche Politikerin Muhterem Aras sah das anders. "Ein Staatspräsident sollte für die gesamte Bevölkerung stehen." Aras bezeichnete Erdogans Politik als "inakzeptabel" und forderte, dass sich die Türkei zur Wertegemeinschaft Europas bekennen solle.

Moderatorin Hayali konfrontierte anschließend Bundesjustizminister Heiko Maas mit den laufenden EU-Beitrittsverhandlungen. Maas wolle die Gespräche nicht unterbrechen — die Türkei solle allerdings "Farbe bekennen". Obwohl Hayali kritisch und beharrlich nachfragte, blieb Maas unkonkret in seinen Antworten.

Das Gegenteil bleibt über Meryem Göka zu sagen, deren Aussagen eindeutig, allerdings vollkommen grotesk anmuteten: "Wie kämen wir denn dazu, Erdogan-Gegner zu verfolgen?", fragte sie mit reichlich Sarkasmus in der Stimme. Kopfschütteln erntete sie für diesen merkwürdigen Auftritt von Zuschauern im Studio. Für Hayalis knappes Fazit reichte die Zeit noch: Unterschiedliches Demokratieverständnis, verhärtete Fronten. Dann aber folgte bereits das zweite Thema.

Der Brief eines Zuschauers hatte Dunja Hayali dazu veranlasst, den sozialen Brennpunkt "Mannheim auf der Schönau" zu besuchen. Vor Ort hatte sie Bürger auf der Straße befragt, wie der Stadtteil zur AfD-Hochburg werden konnte. Als Hayali erneut Justizminister Heiko Maas nach Lösungen fragte, blieb der weiterhin unbefriedigend schwammig: Mindestlohn, sozialer Wohnungsbau, Mietpreisbremse — er flüchtete sich lieber in die Erfolge der Vergangenheit.

AfD-Politikerin Beatrix von Storch nannte "direkte Demokratie" als zentralen Punkt im AfD-Wahlprogramm. Die soziale Grundsicherung solle auch verbessert werden — wie all das aber umgesetzt werden soll, konnte von Storch nicht sagen. Für den Satz "Fakten haben die AfD ja noch nie interessiert", erntete Heiko Maas viel Applaus. Angesichts seines blassen Auftritts fiel dieser aber gefühlt ein wenig zu wohlwollend aus. Doch ehe die Debatte an Tiefe gewinnen konnte, galoppierte die Sendung bereits weiter zu Thema drei.

Als ihr "ganz persönliches Herzensthema" kündigte Dunja Hayali den Beitrag zum Thema Pflege in Deutschland an. Angehörige ihrer eigenen Familie seien betroffen, und das merkte man der Reportage auch an: Die Journalistin hatte sich als Praktikantin für einen Tag in eine Berliner Pflegeeinrichtung begeben. Von der Pflege am Morgen über das Bespaßen am Mittag bis zum bürokratischen Teil empfand die Journalistin den Arbeitsalltag einer Pflegekraft nach. "Ein Höchstleistungsjob", resümierte sie. Mit Tränen in den Augen zeigte sie sich beeindruckt von der Arbeit der Pflegerinnen und Pfleger.

Das Fazit

Ohnehin als Journalistin bekannt, die mit ganzem Herzen bei der Recherche ist, imponierte Hayali in dieser Sendung. Auch das Pflege-Thema hätte mehr Zeit verdient gehabt als nur die letzten zehn Minuten im "ZDF Donnerstalk". Das Ende blieb offen, drei Gesellschaftsfragen blieben ungeklärt.

Eine Antwort gab die Sendung dennoch: Dass sie eine Daseinsberechtigung im deutschen Fernsehen hat, weil Dunja Hayali eben auch ihre Komfortzone TV-Studio verlässt und bürgernah vor Ort recherchiert.

(ball)
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