Hamburg Gespräche über neue TV-Gebühr

Hamburg · Ohne die 16 Länderparlamente kann ARD-Chef Lutz Marmor nicht viel am Rundfunkbeitrag ändern.

Vielleicht ist der neue ARD-Vorsitzende, NDR-Intendant Lutz Marmor, einfach falsch verstanden worden, als er am Dienstag in Hamburg zum neuen Rundfunkbeitrag erklärte: "Bei einer solchen Neuregelung kann es einzelne Fälle geben, wo es Nachbesserungsbedarf gibt." Es bedeutet nicht, dass Lutz Marmor selber nachbessern kann oder dies auch nur vorhätte. Viel wahrscheinlicher ist, dass sich vor 2015 an der einstigen GEZ-Gebühr grundlegend gar nichts ändert. Im Alleingang kann Marmor ohnehin wenig tun, denn schon der Titel "ARD-Vorsitzender" grenzt an Hochstapelei.

Der Vorsitzende hat in der Runde der Intendanten nicht mehr zu sagen als jeder andere Intendant. Marmors Aussage, beim Thema Filialbetriebe werde "man sicher nochmal hinsehen müssen", dürfte sowohl Handelsunternehmen wie auch die Kirchen dennoch hellhörig gemacht haben. Das Erzbistum Köln klagt dagegen, dass der Beitragsservice Kirchen, Pfarrhaus, Gemeindezentrum und Kindergarten einer Gemeinde auch auf zusammenhängenden Grundstücken als einzelne Betriebsstätten abkassieren will. Handelsunternehmen, die viele kleine Filialen unterhalten, zahlen bis zum zehnfachen Beitrag von Konzernen, die möglicherweise sogar mehr Mitarbeiter an einem Standort konzentriert haben. Man könne Fragen der Interpretation klären, "aber nicht Gesetze verändern", so Marmor.

Das ist das eigentliche Problem. Für etliche Kritikpunkte am neuen Rundfunkbeitrag sind weder Marmor noch ARD und ZDF die richtigen Ansprechpartner. Das neue Gebührenmodell haben die 16 Bundesländer jeweils in ihren Länderparlamenten beschlossen und in die Form eines Staatsvertrages gegossen. Änderungen am Modell müssten daher den gleichen Weg durchlaufen. Schon bei der Herausnahme der Demenzkranken aus der Beitragspflicht sei man an die Grenze des rechtlich Erlaubten gegangen, so Marmor.

Selbst wenn ARD und ZDF willens wären, in Detailfragen zu substanziellen Veränderungen zu kommen, würden sie im Alleingang einen Gesetzesverstoß riskieren. In den Rundfunkstaatsvertrag zum Gebührenmodell haben die Länder eine Überprüfungsklausel eingebaut. Vorgesehen ist die Überprüfung jedoch erst in zwei Jahren. Dass die Landtage das Thema deutlich vorher anfassen, ist unwahrscheinlich. "Kurzfristig wird es keine großen Änderungen geben", bestätigt ARD-Sprecherin Anna Engelke, "aber wir suchen das Gespräch." Auch das Erzbistum Köln ist unabhängig von seiner Klage weiter mit dem WDR im Gespräch, so Bistumssprecher Christoph Heckeley. Was dabei herauskommen könnte, ist aber wohl weiter ungewiss.

Die Kritik aus etlichen Kommunen am neuen Modell ist zudem ein Indiz dafür, dass die Städte und Gemeinden sich vor der Umstellung nicht sonderlich für die Folgen interessiert haben – oder sie gar nicht kannten. Denn die alte GEZ-Gebühr wurde auch innerhalb einer Stadtverwaltung teils von unterschiedlichen Stellen entrichtet. Offenbar fielen die Unterschiede erst auf, als die Kommune aufgrund des neuen Modells begannen, ihre tatsächlichen Kosten auszurechnen.

(RP)
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