Letzte Sendung des Moderators Günther Jauch hat ausgetalkt

Düsseldorf · Günther Jauch macht alles ganz klassisch. Am Sonntagabend lief die letzte Sendung seiner Talkshow in der ARD. Passend zum Jahresende und zum Ende seiner Sendung rechnete Jauch ab. Eingeladen hatte er nur einen Gast: Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble. Und ausgerechnet in der letzten Folge musste Jauch noch eine Gegendarstellung zeigen.

Günther Jauch hatte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble in seine letzte Sendung eingeladen.

Günther Jauch hatte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble in seine letzte Sendung eingeladen.

Foto: Screenshot ARD

Jauch rechnete nicht mit seinen Kritikern ab, die in den vergangenen Wochen immer lauter geworden waren; Jauch sei kein Talker, hatte man beklagt. Nicht mit seinen Gästen, nicht mit seinen Zuschauern und erst recht nicht mit sich selbst — das wäre nun wirklich überraschend gewesen. Nein, Günther Jauch rechnete stattdessen lieber gleich mit der ganzen Welt ab, mit der Politik und mit Angela Merkel. Denn um das politische Jahr Revue passieren zu lassen und die ganz großen Fragen dieser Zeit zu diskutieren, lud Jauch einen echten Berliner Klassiker ein: Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble. Den Mann, der zum Jahresende den Weg weisen sollte.

Zum Schluss gab es für Günther Jauch nur ein Thema

Somit war das Thema für Jauchs letzte Talksendung im Ersten gefunden: der Krisen-Staffellauf 2015. Was man am Jahresende eben so diskutiert. Angefangen bei der Krise in der Ukraine, hin zu Griechenland und der Euro-Krise, abrupte Übergabe an die Flüchtlings-Krise, nun ergänzt von der terroristischen Bedrohung in Europa. Die Krise lässt Günther Jauch übrigens nicht zum ersten Mal diskutieren. Themen wie "Die Welt in Unordnung — kann Politik noch Krisen lösen?" sind ein Jauch'scher Verkaufsschlager. Oder eben nicht.

Und so unterhielten sich am Sonntagabend bei der "allerletzten" Sendung aus dem Berliner Gasometer, wie es sich Jauch nicht nehmen ließ mehrfach schmunzelnd zu erwähnen, ein Politiker, der nach eigenen Angaben die Gelassenheit genießt, "nichts mehr werden" zu wollen, und ein Journalist, der seine Sendung zum letzten Mal fährt, nachdem die Jauch'sche Methode zunehmend kritisiert wurde: minimale Befragung, maximale Beobachtung.

Eine Mischung, die bei "Wer wird Millionär" ziemlich gut funktioniert. Bei der Talkshow hat das Quäntchen Intervention und Mimik aber irritiert. So sehr, dass Jauch selbst bei seiner letzten Sendung von seinem Gesprächspartner Wolfgang Schäuble noch Mut zugesprochen bekommen musste, um seine Frage nach dem Verhältnis Schäuble — Kohl, los zu werden.

"Ich habe keinen Groll mehr"

Aber leicht hatte es Günther Jauch mit Wolfgang Schäuble auch nicht. Denn der war nicht gekommen, um sich auf Debatten einzulassen. Als dienstältester Bundesminister müsse er sich schließlich davor hüten, ständig andere belehren zu wollen, und gerade das sei doch das Schöne am Älter werden: dass man freier werde. Aber vielleicht war auch genau das die Jauch'sche Strategie. Ein gemütlicher Plausch mit einem namhaften Gast, der weiß, was er will. Ein Selbstläufer — könnte man meinen.

Gegen Helmut Kohl jedenfalls hege Schäuble inzwischen keinen Groll mehr, und auch sonst blockte der Minister an diesem Abend viele Fragen einfach ab. Und Nachfragen setzt Günther Jauch ja für gewöhnlich auch nur sehr dosiert sein. "Immer dieselben Themen", tat der Finanzminister auch Jauchs Frage nach Schäubles Loyalität gegenüber der Kanzlerin ab. Und machte klar: In der Flüchtlingsfrage steht Schäuble voll und ganz hinter Angela Merkel.

Schäuble kann Martin Schulz nicht ernst nehmen

Etwas leidenschaftlicher wurde das Gespräch zwischen den beiden Männern dann aber doch noch, als Jauch Schäuble unter die Nase hielt, der Parlamentspräsident der Europäischen Union Martin Schulz mache Schäuble persönlich für das kühle Image Deutschlands in der Euro-Krise verantwortlich. Schäuble blieb da nichts als zu sagen, dass er doch lieber über etwas Vernünftigeres reden wolle und dass man solche Aussagen nicht ernst nehmen könne. Ihm Mangel an europäischer Solidarität vorzuwerfen, zeuge wiederum von einem Mangel an Sachkenntnis und Personenkenntnis, ärgerte sich nun Schäuble doch ein bisschen.

Und Schulz sei ohnehin, so sage man, auf ein Amt in Berlin scharf. Günther Jauch lässt das natürlich so stehen und geht zum nächsten Kärtchen über; fragt Schäuble später noch nach seinen Plänen für die nächste Wahl. Doch wie der Finanzminister entgegnete, werde er diese Pläne mit Jauch wohl nicht mehr besprechen können, da Jauch, wenn es soweit sei, seine Talkshow ja nicht mehr haben werde.

Abschiedsworte aus der Tagesschau

Doch auch davon lies sich Günther Jauch nicht mehr beeindrucken: Selbst das könne ihn nicht bewegen, diese Sendung weiter zu führen. Und damit war es gesagt. Günther Jauch hat ausgetalkt, keine Talkshow mehr. Er kann bald wieder ganz er selbst sein und nichtsagend den Kopf nach hinten rücken, die Mimik einfrieren und sich ein "Jetzt gucken Sie schon wieder so, Herr Jauch" von hilfesuchenden Quiz-Kandidaten anhören, um dann zu sagen "Ich weiß es doch auch nicht".

Abschiedsworte kamen dann von Pinar Atalay aus den Tagesthemen, die Jauch alles Gute wünschte, wie dann auch Schäuble. Und Jauch? Der bedankte sich verlegen und sagte doch noch ein paar Worte zum Abschied als Talkmaster. "Herzlichen Dank, dass Sie uns diese viereinhalb Jahre so wunderbar die Treue gehalten haben", sagte er. Vor allem aber machte er den Weg frei für seine Vorgängerin und Nachfolgerin Anne Will, die dem Sonntagabend in der ARD nun wieder ein anderes Gesicht geben wird.

Mit dem Abspann war Jauchs Sendung übrigens noch nicht vorbei. Denn sein letzter Talk endete ausgerechnet mit einer Gegendarstellung, die direkt nach dem Abspann ausgestrahlt wurde. Dabei ging es um eine Sendung vom April 2014, in der sich Jauch mit Prominenten und den Grenzen der Berichterstattung beschäftigt hatte. In einem Laufband wurde damals eingeblendet, welche Zeitschriften in die Sendung eingeladen worden waren, aber keinen Vertreter in die Sendung schicken wollten. Dazu zählte auch das Magazin "Closer", deren damaliger Chefredakteur Tom Junkersdorf aber gar nicht abgesagt haben will, wie er in der Gegendarstellung feststellte.

Bei Twitter wurde die Gegendarstellung natürlich gleich aufgegriffen, unter anderem von Moderator Jan Böhmermann.

Die gesamte Sendung können Sie sich in der ARD-Mediathek anschauen. Die Gegendarstellung ist dort übrigens nicht zu finden.

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