TV-Nachlese "Günther Jauch" Der Terror und die großen Fragen danach

Düsseldorf · "Terrorziel Deutschland – wie groß ist die Gefahr?" lautete das Thema am Sonntagabend in der Talkrunde von Günther Jauch in der ARD. Dabei blieben die Antworten des Podiums um Joachim Herrmann, Sonia Mikich, Stefan Aust und Jürgen Todenhöfer jedoch meist floskelhaft: Die Bedrohung durch den IS sei real und allgegenwärtig, war man sich einig, doch Panik dürfe nicht ausbrechen – Erkenntnisse, die keiner 60 Minuten Polittalk bedürfen.

 Günther Jauch sprach mit seinen Gästen über das Thema: "Terrorziel Deutschland — wie groß ist die Gefahr?"

Günther Jauch sprach mit seinen Gästen über das Thema: "Terrorziel Deutschland — wie groß ist die Gefahr?"

Foto: Screenshot ARD

"Terrorziel Deutschland — wie groß ist die Gefahr?" lautete das Thema am Sonntagabend in der Talkrunde von Günther Jauch in der ARD. Dabei blieben die Antworten des Podiums um Joachim Herrmann, Sonia Mikich, Stefan Aust und Jürgen Todenhöfer jedoch meist floskelhaft: Die Bedrohung durch den IS sei real und allgegenwärtig, war man sich einig, doch Panik dürfe nicht ausbrechen — Erkenntnisse, die keiner 60 Minuten Polittalk bedürfen.

Terror, überall Terror. Seit den Anschlägen von Paris ist er allgegenwärtig. Und nicht mehr nur die anderen sind dieser Tage vor Angriffen des Islamischen Staats bedroht, erstmals ist seit der Absage des Länderspiels in Hannover auch in Deutschland die Angst vor einem Anschlag so real wie nie zuvor. Doch wie groß ist die Gefahr tatsächlich? Das wollte Moderator Günther Jauch am Sonntagabend von seinen Gästen im Talk in der ARD wissen. Angestrengt versuchten diese, Antworten darauf zu finden — mit ähnlichen Ergebnissen, die vor allem eines gemeinsam hatten: Sie blieben zumeist floskelhaft.

Von einer großen und globalen Bedrohung sprach beispielsweise Stefan Aust, Herausgeber der "Welt". Die Kanzlerin habe die Lage entgegen ihrer Beschwichtigungsversuche nicht mehr im Griff, und Schuld daran seien auch die für alle Flüchtlinge offenen Grenzen, die Deutschland zunehmend destabilisieren würden. In der Folge sprach er sich deshalb auch für eine Schließung der Grenzen aus. Dies befürwortete — wer hätte es gedacht — der CSU-Politiker und bayerische Innenminister Joachim Herrmann. Die europäischen Außengrenzen würden nicht ordentlich kontrolliert, und so lange dies nicht geschehe, müsse Deutschland in Zeiten eines "Frontalangriffs des islamischen Terrorismus" die eigenen Grenzen besser sichern. Wie genau der Flüchtlingsstrom mit der aktuellen Bedrohung durch den IS verbunden ist, konnte der Politiker jedoch nicht erläutern.

Vor zu viel Panikmache warnte dagegen Sonia Mikich, Chefredakteurin des WDR. Die Geschehnisse der vergangenen Tage hätten nicht alles verändert, viel mehr müssten die Deutschen nun eben den Umgang mit der Bedrohung durch Terroristen lernen, wie es die Menschen in London und Madrid bereits nach den Anschlägen dort gelernt hätten. Ein viel größeres Problem ist für die Journalistin der Sprachgebrauch von Medien und Politik: Wörter wie "Krieg" und "Top-Terroristen" dürften — wenn überhaupt — nur mit äußerster Vorsicht gebraucht werden, sagte sie, und nannte dabei auch die in der vergangenen Woche häufig zitierte Aussage von Innenminister Thomas de Mazière nach der Absage des Länderspiels eine äußerst unglückliche Formulierung. Der Minister hatte bei einer Pressekonferenz auf die Frage nach der Bedrohung durch Terroristen erklärt, genauere Informationen würden die Bevölkerung nur beunruhigen.

Anschläge in Paris: Die blutige Spur des Terrors
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Tatort Paris – die blutige Spur des Terrors

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Foto: afp, le

Wieder eine andere Einschätzung zur Terrorgefahr in Deutschland gab Jürgen Todenhöfer ab. Der Publizist hatte im vergangenen Jahr Kämpfer des IS in Syrien und im Irak getroffen und ist überzeugt, die Bedrohung für Deutschland ist keinesfalls so groß wie für Großbritannien, Frankreich und die USA. Grund sei die blutige Geschichte dieser drei Länder im Nahen und Mittleren Osten. Todenhöfer nannte etwa den Algerienkrieg Frankreichs als einen Grund für den Groll des Islamischen Staates gegenüber der Franzosen. Der größte Feind seien dagegen weiter die USA.

Über die Kämpfer des IS urteilte er aber auch: "Diese Menschen sind nicht mehr zu retten." Bekämpfen dürfe man sie jedoch nicht mit militärischen Mitteln, weil man ihnen so nur in die Falle tappe. Stattdessen müsse man die Waffenlieferungen von Saudi-Arabien an die Terroristen stoppen, müsse diplomatisches Geschick im Konflikt Syriens und des Iraks mit den Sunniten beweisen und die türkische Grenze zu den IS-Kämpfern besser kontrollieren. Hilfe brauche man da auch von Partnern, mit denen man eigentlich nicht gerne zusammenarbeite wie etwa dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan. Zumindest bei dieser Feststellung erhielt Todenhöfer die Zustimmung vom Podium. In Zeiten des Terrors seien eben auch umstrittene Bündnispartner notwendig — dazu zählten Russlands Präsident Putin oder sogar Syriens Machthaber Assad.

Alles in allem war die Talkrunde von Günther Jauch mit diesen Antworten am Ende jedoch wenig aufschlussreich. Dass es eine Bedrohung durch den IS gibt, wusste man auch ohne die Verifikation der Gäste, die anschließend bei der Frage nach den Möglichkeiten zur Prävention wenig konkret wurden.

Amüsant wurde es noch einmal bei einer Frage fernab des Terrors am Ende der Sendung: Jauch wollte von Joachim Herrmann wissen, ob sein Parteichef Horst Seehofer am Wochenende fair mit Angela Merkel umgegangen sei. Seehofer hatte die Kanzlerin beim CSU-Parteitag auf der Bühne für ihre Flüchtlingspolitik öffentlich getadelt. Herrmann versuchte auf diese Frage mit allerlei Floskeln zu antworten — und blieb Jauch ein konkretes "Ja" oder "Nein" schuldig.

(lai)
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