TV-Kritik Günther Jauch Führt Erben zu wachsender Ungerechtigkeit?

Düsseldorf · Wie gerecht ist es, zu erben? Darum ging es Günther Jauch in seiner Sendung am Sonntagabend. Doch eine Neid-Debatte, die der Moderator scheinbar gern geführt hätte, wurde es kaum, sondern vielmehr eine ideologische. Und die zeigte sich vor allem bei zwei Personen – dem Unternehmer und dem Armutsforscher.

Günther Jauch und seine Gäste zum Thema Erben.

Günther Jauch und seine Gäste zum Thema Erben.

Foto: Screenshot ARD

Wie gerecht ist es, zu erben? Darum ging es Günther Jauch in seiner Sendung am Sonntagabend. Doch eine Neid-Debatte, die der Moderator scheinbar gern geführt hätte, wurde es kaum, sondern vielmehr eine ideologische. Und die zeigte sich vor allem bei zwei Personen — dem Unternehmer und dem Armutsforscher.

Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgericht muss das Erbrecht in Deutschland verändert werden. Es geht um die Vorgaben zur Verschonung von Firmenerben bei der Erbschaftsteuer. Die hält Karlsruhe zwar grundsätzlich für geeignet, aber für unverhältnismäßig. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) will nun, dass Unternehmen und die Arbeitnehmer grundsätzlich geschützt und die Erbschaftsteuer nie aus dem Betrieb heraus gezahlt werden muss — wofür er viel Kritik erntet.

Was aber ist gerecht, wenn es um das Erben geht? Danach fragt nicht nur die Politik, sondern das beschäftigte auch Günther Jauch in seiner Sendung am Sonntagabend. "Unverdient reich — ist Erben gerecht?" lautete der Titel seiner Sendung. Jauch schien aber weniger die aktuelle politische Debatte als vielmehr das Buch der Journalistin Julia Friedrichs mit dem Titel "Wir Erben. Was Geld mit Menschen macht" zum Anlass zu nehmen, das Thema zu diskutieren.

Friedrichs, die Anteile an einem Haus geerbt hat, sieht die neue Erbengsellschaft als ungerecht an. Ihrer Ansicht nach kommt es zu einer wachsenden Ungerechtigkeit, weil hier eher die Abstammung als die Leistung zähle. Und das versuchte sie immer wieder darzulegen — und machte damit zugleich mächtig Werbung für ihr Buch.

Jauch hatte aber doch noch andere Gäste eingeladen. Da waren Schloss-Erbin Stephanie Gräfin von Pfuel, Armutsforscher Christoph Butterwegge, Vermögensforscher Thomas Druyen und Drogeriemarkt-Betreiber Dirk Roßmann. Der Moderator versuchte, eine Neid-Debatte anzuzetteln, was ihm aber kaum gelang. Lediglich Druyen konstatierte, dass seinem Gefühl nach die Neid-Debatte hierzulande größer sei als in anderen Ländern.

Es zeigte sich vielmehr, dass es hier nicht um Neid oder Nicht-Neid geht, sondern um unterschiedliche Sichtweisen aus der jeweiligen Biografie heraus. Pfuel etwa betonte, dass sie sich 20 Jahre auf ihre Rolle vorbereitet hat, extra Forstwirtschaft statt ihres Wunschberufes studiert hat, damit sie das Erbe antreten kann und ihm gerecht wird — und nun natürlich auch Arbeitgeber ist. Rossmann wiederum stellte klar, dass er seinen Söhnen nie sein Unternehmen vererben würde, wenn sie sich nicht als fähig und willig herausgestellt hätten. Butterwegge wiederum ließ es sich nicht nehmen, das Thema Gerechtigkeit in den Vordergrund zu stellen. Erwartbare Positionen in einer eher lauen Sendung.

Es waren dann Butterwegge und Rossmann, die die Debatte dominierten — und sich natürlich nicht einig werden konnten, was zumindest ein wenig Feuer in die Debatte brachte. Rossmann betonte immer wieder, dass es doch um die Leistungsfähigkeit des Staates insgesamt geht. Denn wenn Erben von Unternehmen hoch besteuert würden, könnten auch Arbeitsplätze gefährdet sein. Butterwegge dagegen hält Erben für einen guten Zeitpunkt, Verantwortung zu übernehmen. Er meint damit aber, Erbschaftsteuer zu zahlen. Und ein Satz von 50 Prozent könnte da für ihn durchaus drin sein.

Klar, dass keiner von beiden von seiner Sichtweise abweichen wollte. Und genau darin sieht Vermögensforscher Druyen denn auch die große Problematik der Debatte insgesamt. Wenn man mit dem Thema weiter so konfrontativ umgehe, komme man nicht weiter, stellte er fest — und schlug vor, individuell zu schauen, was Erben mit ihrem Geerbten anstellen. Ganz nach dem Motto: Wer sozial nichts leistet, kann denn auch ordentlich Steuern zahlen.

(das)
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