TV-Nachlese Günther Jauch Vom Hitler-Stalin-Pakt will von der Leyen nichts wissen

Günther Jauch ließ am Sonntag in epischer Breite über das Schicksal der Ukraine diskutieren. Ausgerechnet ein alter Haudegen der SPD wird mit einem Hitler-Vergleich konfrontiert. An den Reaktionen zeigte sich, wie hoffnungslos die Lage ist.

Günther Jauch: Ursula von der Leyen und der Hitler-Stalin-Pakt
Foto: Screenshot

Günther Jauch lud am Sonntag zum Talk über die Eskalation in der Ukraine ein. "Kriegsgefahr in Europa — ist Putin noch zu stoppen?", lautete sein Thema. Gekommen sind Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen, die in Kiew geborene Marina Weisband, der ehemalige Russland-Korrespondent Fritz Pleitgen, der frühere SPD-Minister Erhard Eppler und der in Talkshows bisher wenig aufgefallene taz-Journalist Klaus-Helge Donath.

Für seine Einladung hatte Jauch jedoch gute Gründe: Donath hatte sich zuvor in ernsthafter Deutlichkeit dafür ausgesprochen, die Armeen des Westens nachzurüsten. Hinter Putins Vorgehen in der Ukraine vermutet er das Ziel, mit Hilfe der populistischen Rechten im Westen die Europäische Union zu destabilisieren. Putins Ziele gingen über die Ukraine hinaus. "Er baut an einer neuen reaktionären Internationalen, das ist das Ziel", so der Journalist bei Jauch.

In seiner harschen Eindeutigkeit blieb er in der Talkrunde allein. Die anderen Teilnehmer bemühten das schon von der Bundesregierung gut bekannte Vokabular der Deeskalation — allerdings auf einer Basis der Stärke, wie von der Leyen betonte.

Fahrt nahm die Runde vor allem im letzten Viertel auf, als der frühere Entwicklungsminister Erhard Eppler zur Verteidigungsrede für Altkanzler Gerhard Schröder und dessen Geburtstagsparty mit Wladimir Putin abhob. Der nämlich habe sehr wohl in den Verhandlungen über die Freilassung der OSZE-Geiseln eine Rolle gespielt, das wisse er.

Eppler skizziert bei Jauch seine eigene Geostrategie: Das Problem ist in seinen Augen insbesondere die "leidenschaftlich anti-russische" Regierung in Kiew. Mit der könne man nur ganz schwer reden. Auch die Rolle der Amerikaner sieht er kritisch.

Besser fände es Eppler hingegen, wenn man sich mit den Russen zu ergebnisoffenen Gesprächen zusammensetzt, um erst einmal zu klären, was die andere Seite denn wolle. Die Russen seien nicht so blöd, sich koste es was es wolle die Ukraine einverleiben zu wollen. Eine Annexion provoziert nach Ansicht Epplers nur Widerstand, horrende Kosten und neuen Bombenterror.

Das aber will der russland-kritische Donath so nicht stehen lassen: "Da muss ich jetzt einfach mal dazwischen", interveniert er. "Das klingt so nach Hitler-Stalin-Pakt, so als ob wir Deutschen und Russen uns zusammen an einen Tisch setzen und mal eben entscheiden, was wir mit den Polen machen, nur dass es jetzt eben die Ukraine ist."

Eppler schaut entgeistert. Und verteidigt sich. Es ginge nicht um Geheimverträge sondern Sondierungsgespräche. Doch der Applaus des Publikums gilt Donath. Auch von der Leyen schüttelt den Kopf. "Wir können jetzt nicht einfach so über die Ukraine entscheiden", widerspricht sie. Die nämlich habe eine gewählte Regierung, die man nicht einfach infrage stellen könne. Eppler widerspricht entschieden: Diese Regierung sei eben nicht die Ukraine, sondern nur ein kleiner radikaler Teil.

In dieser Frage wird deutlich, dass die im Osten in vielen Bevölkerungsteilen nicht anerkannte Regierung in Kiew ein Kernproblem des Konfliktes ist. Das weiß auch von der Leyen, die Ukraine brauche eine Regierung, die alle Gruppen beteiligt. Darum gilt als einziger denkbarer Ausweg im zerfallenden Land die für den 25. Mai vorgesehene Wahl. Ob die im täglich stärker werdenden Hass überhaupt eine Chance hat, steht auf einem anderen Blatt. "Ist die Ukraine denn überhaupt in der Lage, diese Wahl seriös abzuwickeln?", fragt Jauch zum Abschluss Martina Weisband. Ihre Antwort klingt eher wie ein Hilferuf an, wenn sie sagt: "Wir müssen."

(pst)
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