"Hart aber Fair" "Sie hat das Geld da gebunkert, also ist sie die Täterin"

Düsseldorf · Deutschland diskutiert weiter über den Fall Alice Schwarzer. Bei "Hart aber Fair" sah sich die Feministin Angriffen von vielen Seiten ausgesetzt. Schnell aber ging es auch um eine grundsätzliche Frage: Wie gerecht sind eigentlich Steuer-Selbstanzeigen?

 Frank Plasberg (rechts) diskutierte mit seinen Gästen den Fall Alice Schwarzer.

Frank Plasberg (rechts) diskutierte mit seinen Gästen den Fall Alice Schwarzer.

Foto: Screenshot

Alice Schwarzer hat viel Geld vorbei am Fiskus auf ein Konto in der Schweiz transportiert und sieht sich dennoch als Opfer einer vom "Spiegel" lancierten Medienkampagne. Im Netz wird die Journalistin und Feministin mit Spott und Anfeindungen überschüttet. Ist ihr Ruf als moralische Instanz für die Rechte von Frauen dahin?

Die ARD und ihr Moderator Frank Plasberg wollten ursprünglich über die gesellschaftlichen Chancen von jungen Menschen sprechen — doch Schwarzers Eingeständnis war dann doch ein stärkeres Thema für den Montagabend und "Hart aber Fair".

Kritik am Verhalten Schwarzers

Leider war Schwarzer nicht selbst im Studio, um sich zu erklären. So mussten folgende Gäste die Debatte diskutieren: Katrin Göring-Eckardt (Fraktionschefin Bündnis 90/Die Grünen), der in Talkshows gern gesehene Wolfgang Kubicki (stellvertretender FDP-Parteivorsitzender), Ernst Elitz (Publizist), Fernsehproduzentin Gisela Marx und NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD).

Der Publizistin Marx kam an diesem Abend die schwierige Aufgabe zuteil, ihre Vertraute Schwarzer gegen die Angriffe des Moderatoren und der übrigen Gäste zu verteidigen. Ihre Position: "Ich wehre mich dagegen, Frau Schwarzer als Täterin zu denunzieren."

Verhalten kein Kavalierstdelikt

Marx war aber auch die Einzige, die Schwarzers Verhalten verteidigen wollte. Die übrigen Gäste kritisierten die Gründerin der Zeitschrift "Emma". Die Grünen-Politikerin Göring-Eckardt erklärte: "Wenn man einen Fehler gemacht hat, dann steht man dazu, anstatt sich als Opfer zu inszenieren."

Und Publizist Elitz konterte: "Alice Schwarzers Selbstgerechtigkeit macht das Ganze noch schlimmer." Die Runde erregte unter anderem auch Schwarzers Erklärung auf ihrer der Homepage ihrer Internetseite. Dort erklärte sie: Ja, sie habe ein Konto in der Schweiz gehabt. Sie habe aber alles ordnungsgemäß nachgezahlt. "Inzwischen ist alles legal. Ich gehöre nicht zu den tausenden, die Schwarzgeld in der Schweiz haben, das bis heute nicht versteuert ist. Meine Steuern sind gezahlt."

"Die werden sie im Leben nicht erwischen"

NRW-Finanzminister Walter-Borjans meinte: "Diejenigen, die sich irgendwann melden und selbst anzeigen, kommen heute immer noch besser weg als die, die von Anfang an ehrlich sind: Das müssen wir ändern." Und der Spitzen-Liberale Kubicki sagte: "Die Superreichen sind mit ihrem Geld nicht mehr in der Schweiz, die sind schon längst ganz woanders. Die werden sie im Leben nicht erwischen."

Kubicki wiederum versuchte, Schwarzers Verteidigungsmodus zu entkräften: Hier ginge es eben nicht um Rufmord, die Journalistin habe die Steuerhinterziehung eingestanden. "Ich kann die Betroffenheit von Frau Schwarzer darüber, dass ihr Steuergeheimnis verletzt wurde, verstehen." In die selbe Kerbe schlug Elitz, der Schwarzer "Halluzination" vorwarf. "Sie hat das Geld da gebunkert, also ist sie die Täterin." SPD-Minister Walter-Borjans dagegen nannte die Verletzung des Steuergeheimnisses von Schwarzer eine "Straftat", die verfolgt werden müsse. Die Steuerhinterziehung der Frauenrechtlerin selbst dürfe dabei aber nicht verharmlost werden.

Spott von Passanten in Düsseldorf

Schwarzer hatte am Sonntag bekannt, seit den 80er Jahren ein Schweizer Konto gehabt zu haben, das sie erst im vergangenen Jahr beim Finanzamt angezeigt habe. Für zehn Jahre habe sie etwa 200.000 Euro an Steuern nachgezahlt - plus Säumniszinsen.

Übrigens: Am Montag auch der Berliner Kulturstaatssekretär André Schmitz (SPD) zugegeben, Steuern hinterzogen zu haben. Union und SPD hatten sich in ihrem Koalitionsvertrag eine Verschärfung der Selbstanzeige-Kriterien in Aussicht gestellt. Details stehen bisher nicht fest.

Zum Schluss der Sendung nahm Plasberg sein Publikum mit auf die Straße. Passanten in Düsseldorf wurdem zum Fall befragt. Die gesendeten Kommentare schwankten zwischen einem ernstgemeinten Ausspruch ("Alice, das hätte ich von dir nicht gedacht") und Stammtisch-Witzen ("Was hat ein Engel, der in einen Misthaufen gefallen ist? Kotflügel"). In der Tat war es schade, dass sich Schwarzer in der Sendung nicht äußerte.

(nbe)
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