TV-Talk "Hart aber fair" Adel verbindet - und verpflichtet

Düsseldorf · Prinzessinnen, Glamour und ein mögliches Comeback vom Freiherrn zu Guttenberg - Frank Plasbergs Gäste diskutieren über Adel in Deutschland und soziale Aufstiegschancen.

Darum ging's

Königshäuser und Prinzen begeistern offenbar viele Deutsche. Von Adeligen, Politikern und Experten möchte Frank Plasberg wissen, was uns an Glamour und den "Oberen Zehntausend" so fasziniert? Zugleich will die Runde der Frage nachgehen, wie schwer der soziale Aufstieg ist, wenn man nicht in die "richtige" Familie geboren wurde.

Darum ging's wirklich

Die Runde schwelgt eine Weile in der glitzernden Welt des Adels, die auch in Deutschland noch immer mit romantischen Ideen behaftet ist. Zwei Adelige erklären, weshalb derlei Status nicht nur Vorteile sondern auch Verantwortung mit sich bringt. Dann sprechen die Gäste über Zusammenhänge zwischen Bildung und Herkunft, Reichtum und sozialen Aufstiegsmöglichkeiten.

Die Gäste

  • Katarina Barley, SPD-Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
  • Eduard Prinz von Anhalt, Oberhaupt des Hauses Anhalt-Askanien
  • Michael Hartmann, Soziologe und Elitenforscher
  • Mareile Höppner, Moderatorin des ARD-Magazins "Brisant" und Adelsexpertin
  • Christian von Stetten, Vorsitzender der Finanzkommission der Unionsfraktion CDU

Frontverlauf

Moderator Frank Plasberg fand am Kiosk an einem Tag 62 Illustrierte, deren Titelseiten sich mit Adeligen beschäftigen und will fragt: "Was fesselt uns an dieser Gesellschaftsschicht so?" Die Gäste besprechen Glück und Unglück der Adeligen in Deutschland und Großbritannien und lassen natürlich einen Rückblick auf Prinzessin Diana nicht aus. Soziologe Michael Hartman meint, das der Adel für viele Menschen so etwas wie eine "heile Vergangenheit" verköpere, die leicht verklärt werde.

Der Prinz ohne Schloss - Eduard von Anhalt hat zwei Wohnungen, in Dessau und Berlin - glaubt die Menschen fasziniert vor allem das Bunte am Adel, davon gebe es nun mal vor dem Buckingham Palace deutlich mehr als vor dem Kanzleramt. Dann erklärt das Oberhaupt des Hauses Anhalt-Askanien die Unterschiede zwischen echtem und adoptiertem Adel, letztere tragen häufig auch von Anhalts Namen.

Seiner Ansicht nach hofften Menschen, die sich in diese Gruppe adoptieren lassen "in eine Gesellschaftsschicht zu landen, aus der sie nicht stammen." Das sei allerdings nicht per Papier zu erreichen, Vererbung und Milieu spielten da schon auch eine Rolle. Laut Frank Plasbergs Umfragezahlen wollen immerhin 90 Prozent der Deutschen heute keine Monarchie mehr. Eduard Prinz von Anhalt allerdings kennt Zahlen nach denen es nur 60 Prozent eine Monarchie ablehnen.

Christian von Stetten, der ein Schloss in einem Ort bewohnt die beide seinen Namen tragen, erinnert daran, dass so ein Status auch Verpflichtungen und Bindungen mit sich bringe. Er zum Beispiel könne nie einem guten Jobangebot nach Australien folgen. "Wenn jemand heißt wie sein Land, darf er dort nie auch nur einen Stein verkaufen."

Wie durchlässig ist das soziale Gefüge?

Die Runde diskutiert Strategien, nach denen Adel gern unter sich bleibt, etwa gemeinsame Feiern oder Touren wie "Adel auf'm Radel", bei denen sich junge Adelige kennenlernen sollen. Soziologe Hartmann erinnert unterdessen immer wieder daran, dass nicht nur diese Gesellschaftsgruppe, sondern auch das bürgerliche, demokratische Deutschland weniger durchlässig ist, als es sein sollte oder gerne wäre.

Über 70 Prozent der Kinder von Geringverdienern würden später selbst Geringverdiener. Dieser Trend sei nach Erkenntnissen von Michael Hartmann in den 1980er Jahren mal aufgehalten worden. Die Situation sei "inzwischen leider wieder auf allen Ebenen schlechter." Nach Ansicht des Soziologen könne man das zwar durch Bildungsabschlüsse erklären, oft aber spiele schlicht auch Geld eine Rolle.

Für Prinz von Anhalt bestätigt das eine These: Auch die Demokratie ist nicht so durchlässig wie sie gerne wäre. Seine Töchter hingegen, die zwar die teure Privatschule Schloß Salem besuchten, hätten dort durchaus auch bleibende Kontakte zu Schülern geknüpft, die nicht durch Geld sondern Stipendien in der Eliteschule gelandet seien.

SPD-Ministerin Katarina Barley bestärken die Zahlen zur fehlenden sozialen Mobilität darin, noch mehr auf Bildung, Erziehung und Kita-Förderung zu setzen. Christian von Stetten sieht da weniger Bedarf für Verbesserungen. Für den CDU-Mann ist Deutschland schon jetzt ein Land der allerbesten Möglichkeiten. Schule und Studium seien kostenlos und selbst Kinder, die ohne Deutsch zu können ins Land kämen, würden heutzutage Chancen haben.

Wollen wir zu Guttenberg wieder haben?

Zuletzt will Frank Plasberg noch wissen, was seine Gäste zu einem möglichen Comeback des CSU-Politikers Karl-Theodor zu Guttenberg, halten. Dem ehemaligen Verteidigungsminister war nach Plagiatsvorwürfen sein Doktortitel aberkannt worden, er ging für sechs Jahre ins Ausland. SPD-Frau Katarina Barley erinnert sich, wie sehr sie sich über den Freiherrn geärgert habe, vor allem da sie selbst sich jeden Satz ihrer Jura-Doktorarbeit selbst hart erarbeitet habe.

Als sie erfährt, dass laut einer Umfrage 46 Prozent der Deutschen eine Rückkehr Guttenbergs in die Politik befürworten, kontert Barley zynisch, dass sie hoffe er werde in der CSU den größtmöglichen Schaden anrichten. Christian von Stetten gehört zu den 46 Prozent der Fans, ihm wäre Recht wenn Guttenberg zurückkäme. Er nennt den Freiherrn zu Guttenberg "ein politisches Talent, wie es nur selten vorkommt." Vielleicht verbindet Adel doch stärker, als die bürgerlichen Kreise glauben möchte.

Zitat des Abends

"Blut ist keine Bluna, Vererbung ist schon auch wichtig". Eduard Prinz von Anhalt über adoptierte Adelige.

(juju)
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