"Hart, aber fair" Erdogan, Erdogan, Erdogan

Erdogan-Diskussion, die nächste. So wie am Sonntag bei Anne Will standen sich auch bei "Hart, aber fair" zwei Lager gegenüber, die sich nicht aufeinander zubewegen wollten. Nur Monheims Bürgermeister Daniel Zimmermann überraschte.

Darum ging's

Offiziell war das Thema der Sendung "Hier Freiheit leben, dort Erdogan wählen - wie passt das zusammen?" Wie so oft war das nur eine grobe Vorgabe.

Darum ging's wirklich

Erdogan, Erdogan, Erdogan.

Die Runde

  • Innenminister Thomas de Maizière (CDU)
  • Cem Özdemir, Parteivorsitzender der Grünen und der erste Bundestagsabgeordnete mit türkischen Eltern
  • Daniel Zimmermann, Bürgermeister von Monheim, der den beiden muslimischen Gemeinden seiner Stadt Zuschüsse gewährt hat, mit denen sie Grundstücke für ihre Moscheen kaufen können
  • Düzen Tekkal, deutsche Journalistin und als jesidische Kurdin gleich Angehörige zweier Minderheiten in der Türkei
  • Fatih Zingal, Jurist und Vize-Vorsitzender der Union Europäisch-Türkischer Demokraten (UETD), die als Lobby-Organisation der Regierungspartei AKP gilt

Frontverlauf

Auf der einen Seite Özdemir, de Maizière und Tekkal, die nicht an Erdogan-Kritik sparten, auf der anderen Seite Zingal, der sich nicht anders verhielt als der türkische Sportminister am Sonntag bei Anne Will: Kritik an Erdogan abwehren durch den Hinweis auf die Verfehlungen deutscher Politiker und sich schnurstracks in die Opferrolle begeben. Dass Erdogan Deutschland Nazi-Methoden vorgeworfen hatte, davon wollte er sich jedenfalls nicht distanzieren. Zwischen diesen beiden Lagern saß Daniel Zimmermann, der die Vorzüge der sachlichen Argumentation anpries.

Bemerkenswertester Gast

Daniel Zimmermann ist kein Dauergast in Polit-Talkshows, weshalb er anderen nicht ins Wort fällt und sich nur selten einbringt - dann aber sehr eindrücklich. Ohne Erdogan zu verteidigen, machte er klar, dass sich viele Türkischstämmige in Deutschland von dessen starken Worten angezogen fühlen, weil sie sich nicht ohne Berechtigung als Bürger zweiter Klasse fühlen. Weil sie es schwerer haben, eine Wohnung zu finden oder auch nur in die Disco zu kommen. Außerdem machte er klar: Veranstaltungen mit türkischen Politikern würden in seiner Kommune stattfinden - und nicht unter Vorwänden abgesagt.

Klügster Satz des Abends

"Was wir da hören, ist kein Zeichen von Stärke, sondern von Schwäche." (Thomas de Maizière)

Dass Erdogan die halbe EU gegen sich aufbringt, zeigt ja nur, dass er Angst davor hat, das Referendum zu verlieren. Nur deshalb provozieren er und die türkischen Minister europäische Staaten - in der Hoffnung, dass deren Gegenwehr so aussieht, als wären alle gegen die Türkei. Was den Wähler zum Ja in der Volksabstimmung bewegen soll.

Emotionalster Satz des Abends

"Tun Sie nicht so, als ob alles in Ordnung wäre - das stimmt nicht." (Düzen Tekkal)

Nachdem Zingal nicht nur keine Veranlassung gesehen hatte, sich von den Nazi-Vergleichen Erdogans zu distanzieren, nachdem er den Wahlkampf in der Türkei als fair bezeichnet hatte, da reichte es Frau Tekkal. Die emotionalste Teilnehmerin der Runde verwies unter anderem auf die vielen eingesperrten Journalisten in der Türkei. Eine Zahl, die Zingal nicht sonderlich zu beeindrucken schien.

Seltsamster Moment

Gegen Ende der Sendung sprach Frank Plasberg mit einem Türkischstämmigen, der seit 44 Jahren in Berlin wohnt, in Deutschland Abitur gemacht hat, sich aber noch immer nicht so richtig heimisch fühlt. Im Anschluss sagt Thomas de Maizière: "Ich bin beeindruckt von seinem Sprachniveau. Kleiner Akzent, aber..." Warum es so bemerkenswert ist, dass dieser Mann gut Deutsch spricht, weiß nur de Maizière allein. Ein peinlicher Moment für den Innenminister.

Erkenntnis

In einer Politshow wird die diplomatische Krise zwischen der Türkei und der EU jedenfalls nicht beigelegt.

(seda)
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