TV-Nachlese "Hart aber fair" Trump macht ernst — und "wir bleiben vor allem cool"

Düsseldorf · Frank Plasbergs Runde diskutiert Donald Trumps Einreiseverbot und fragt sich, wie Deutschland auf Barrieren für den Freihandel reagieren soll. Das Mantra: cool und selbstbewusst bleiben.

Donald Trump: Erste Amtshandlungen als US-Präsident
Infos

Trumps erste Amtshandlungen

Infos
Foto: rtr, KL/KC

Darum ging's

Nach zehn Tagen im Amt zeigt sich, dass viele radikale Pläne des Donald Trump keine leeren Drohungen sind. "Wie warm müssen wir uns anziehen?" wollte Frank Plasberg von seinen Gästen wissen — vor allem im Hinblick auf die deutsche Wirtschaft. Wird Trump den ewigen Exportweltmeister Deutschland zum Verlierer machen?

Darum ging's wirklich

Die Runde sieht, dass Donald Trumps Vorsätze Wirklichkeit werden: Freihandelsbarrieren, Zölle und Mauerbau. Doch die meisten der Gäste mögen für Deutschland kein allzu großes Risiko sehen. Sie diskutieren sachlich und betonen, wie wichtig es sei, vor allem cool zu bleiben. Zuweilen klingt der Appell wie ein Mantra: Wenn wir nur selbstbewusst auf die eigene Stärke vertrauen, wird alles gut. Interessant der Ansatz vom Verhandlungsstrategen Matthias Schranner: "Win win" ist in Trumps Amerika nicht unbedingt gefragt.

Die Gäste

  • Ilse Aigner, Bayerische Staatsministerin für Wirtschaft und Medien, CSU
  • Oskar Lafontaine, Linken-Fraktionsvorsitzender im Saarland
  • Wolfram Weimer, Publizist und Verleger
  • Melinda Crane, US-amerikanische Journalistin und Chef-Korrespondentin im englischen Programm von Deutsche Welle TV
  • Carl Martin Welcker, Präsident des Verbandes der Maschinenbauer (VDMA)
  • Matthias Schranner, Verwaltungsjurist und Verhandlungsexperte

Frontverlauf

Reaktionen auf Trumps Einreiseverbot für Menschen aus sieben Ländern machen den Auftakt: Plasberg nennt das Dekret eine "Unterschrift mit maximalen Nebenwirkungen". VDMA-Präsident Car Martin Welcker hofft, dass die Maßnahme nicht endgültig ist. Schon jetzt sei es kompliziert, Mitarbeiter mit den 'falschen Stempeln' im Pass in die USA zu schicken. Den Firmen mache es das neue Verbot gewiss nicht leicht. Oskar Lafontaine sieht in der Maßnahme seine Meinung bestätigt, dass Trump ein Mann voller Widersprüche ist: "Wieso klammert er Saudi-Arabien aus?"

Dann dreht sich das Gespräch vor allem um Wirtschaft und Handel: Worauf müssen sich deutsche Betriebe im Export einstellen und welche Strategien sollten die Politiker fahren. Melinda Crane ist die erste, die mahnt, cool zu bleiben. "Die erste Woche diente vor allem der Show", sagt die Journalistin, die beide Länder gut kennt. Sie erinnert daran, dass immerhin noch Kontrollinstanzen Trumps Entscheidungen relativieren können. Schon jetzt griffen Richter und Kongress ein. Eine neue Steuer zu erlassen, funktioniere nur via Kongress. Sie plädiert für "abwarten und weiter sehen".

"When they go low, go high"

Mit harten Kanten zurückzuschlagen, würde Trump in ihren Augen ohnehin eher anheizen. Es sei wichtig, sich an die Regeln zu halten, sagt sie und zitiert Michelle Obama: "When they go low, go high." Menschen wegen Herkunft und Religion auszugrenzen findet auch Ilse Aigner inakzeptabel, gibt sich aber besonnen: "Die Hoffnung stirbt zuletzt", begründet die CSU-Politikerin, weshalb sie "auf einen guten Dialog hofft, der Hauruck-Entscheidungen wieder ändern kann". Aigner kritisiert gleichwohl, dass Trump sich mit BMW den falschen Feind ausgesucht habe. "Wenn Deutschland eine gute Handelsbilanz hat, liegt das eben auch an guter Qualität." Es sei normal für ein Land, die eigenen Interessen voranzustellen, sie zweifle allerdings, ob Trumps Mittel die richtigen seien, und daran, ob sie zum Erfolg führten.

Cool bleiben und Hartball spielen

Das Stay-Cool-Mantra sprach auch Wolfram Weimer mit: "Hier wird erstmal Hartball gespielt, wir müssen uns formieren und unsere eigenen Interessen besser aufstellen." Den Publizist erinnert Trumps Amtsübernahme an die Ära Ronald Reagan. "Und da wurden wir nach Jahren positiv überrascht."

Journalistin Crane sieht das anders: "Reagan hatte immerhin politische Erfahrung und sein Kabinett ebenfalls", sagt sie. Nun allerdings hätten wir es vor allem mit Milliardären und Generälen zu tun. "Für viele Amerikaner ist beunruhigend, dass hier Amateure am Werk sind", sagt Melinda Crane. Der Neoliberalismus habe vielleicht in Reagans Zeiten begonnen, "doch unter einem Handelskrieg wird vor allem die untere Mittelschicht leiden".

Für Oskar Lafontaine ist Freihandel "das größte Lügenwort überhaupt". Er führt aus, dass der Mächtigere den Schwächeren an die Seite dränge, wenn es keine Regeln gebe. Für ihn ist Handel fair, wenn für beide Partner gleich viel herauskommt. Der deutsche Überschuss sorge andernorts für Löcher. Der Saarländer fragt: "Wenn ich mit Lohndumping andere Länder in die Krise treibe — was ist daran fair?" So richtig überrascht ist der Linke nicht von Trumps Zielen: "Amerika first ist nichts neues", sagt Lafontaine und erinnert an Öl- und Gaskriege, die Amerika vor allem im eigenen Interesse geführt habe.

Unsere Maschinen können die nicht bauen

Die große Freiheit sieht Carl Martin Welcker vor allem für Trump, da der Mann auf niemanden große Rücksicht nehmen müsse. Dass nun die deutsche Industrie Preise senken müsse wie Lockheed Martin (deren Hauptkunde die amerikanische Regierung ist und die künftig günstigere Flugzeuge bauen wollen), glaubt der Industrievertreter nicht.

"Als Maschinenbauer sehen wir uns da nicht im Fokus", sagt Welcker selbstbewusst. "Denn vieles, was wir in Deutschland produzieren, kann Amerika gar nicht mehr herstellen." Für hochtechnisierte Maschinen fehlten dort unter anderem schlicht die qualifizierte Ausbildung und richtige Infrastruktur.

Im amerikanischen Sport gibt es kein Unentschieden

Interessant sind die Tipps vom Verhandlungsexperten Matthias Schranner. Seiner Ansicht nach arbeitet Trump derzeit an Phase 1 (sich selbst inszenieren und Gegner in die Ecke drängen), um in Phase 2 (verhandeln) eine gute Ausgangsposition zu haben. Er zieht eine Parallele zwischen Trump und dem amerikanischen Sport: "Da gibt es keine Unentschieden." Deutschen Politikern rät auch er, vor allem cool zu bleiben, "Bestürzung zu zeigen, ist grundfalsch." Das mache man als Politiker einfach nicht, wolle man nicht in der Opferrolle landen.

Schranner empfiehlt, auf eigene Stärke zu bauen und sich mehr mit den eigenen Vorstellungen zu befassen als denen des anderen. Kanzlerin Merkel attestiert er Geschick: "Gemeinsame Interessen herausarbeiten und zugleich an eigenen Zielen arbeiten, ist gut", lobt der Verhandlungsexperte und empfiehlt ihr Nähe: "Wäre ich Merkel, würde ich morgen hinfliegen."

(juju)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort