Gender-Streit bei "Hart aber fair" Totaler Schwachsinn bei Frank Plasberg

Düsseldorf · Fernsehen zum Fremdschämen am Montagabend bei "Hart aber fair": Beim Thema Gender Mainstreaming und der Frage nach Sinn und Unsinn von Unisex-Klos gab es außer Keiferei nicht viel zu holen. Unschöner Höhepunkt: Ein sexuell aufgeladenes Party-Foto von FDP-Macho Wolfgang Kubicki.

 Frank Plasberg ließ am Montag über Gender Mainstream streiten.

Frank Plasberg ließ am Montag über Gender Mainstream streiten.

Foto: http://www.wdr.de/tv/hartaberfair/

"Hart aber fair" entwickelt sich mehr und mehr zur Krawallbude. Am Montag nicht nur wegen des Themas und seinem entsprechend zugespitzten Titel: "Nieder mit den Ampelmännchen — Deutschland im Gleichheitswahn?" Sondern auch wegen der Gäste. Plasberg hatte Leute an den Diskussionstisch geladen, die eine erhellende Diskussion von vornherein unmöglich machten.

Auf der einen Seite die Feministin Anne Wizorek und der Gender-Befürworter Anton Hofreiter (Grüne). Auf der anderen Seite der bekennende Macho Wolfgang Kubicki (FDP), die flirtfreudige Schauspielerin Sophia Thomalla und die konservative Journalistin und Gender-Kritikerin Birgit Kelle. Man hätte wohl genauso gut russische Warlords aus der Ostukraine mit Kämpfern vom Maidan zusammensetzen können.

Dabei bedarf die Diskussion über Sinn und Unsinn von Gender Mainstreaming längst der Versachlichung. Stattdessen aber ist sie in der Öffentlichkeit längst zwischen ideologischen Schützengräben zu einer schrillen Posse geworden.

 Im Hintergrund ist das Foto zu sehen, das bei Plasberg für Wirbel sorgte.

Im Hintergrund ist das Foto zu sehen, das bei Plasberg für Wirbel sorgte.

Foto: Screenshot ARD

Verdient hat das Thema das ganz und gar nicht. Am deutlichsten macht das die unbestrittene Ungerechtigkeit, dass Frauen in gleichwertigen Jobs immer noch deutlich weniger verdienen als Männer. Aber auch, dass sie in Beruf und Lebenswirklichkeit sexuell belästigt werden oder im öffentlichen Raum mehr Ängste aushalten müssen, kann einer Gesellschaft nicht egal sein. Darüber sollte ein Land diskutieren und unaufgeregt nach Lösungen suchen dürfen.

Bei Plasberg bekam der Zuschauer das andere Ende des Spektrums serviert. Schon nach wenigen Minuten keiften sich Kelle und Wizorek an, riefen durcheinander, durfte Thomalla das ganze Anliegen der Genderforschung als "totalen Schwachsinn" abtun. "Die Leute, die so was auf den Tisch bringen, haben etwas geraucht", kommentierte auch Kubicki die Forderung nach Ampelfrauen, Unisextoiletten oder geschlechterneutralen Infobroschüren über Naturschutzgebiete in der Eifel.

Bizarre Auswüchse

Das lag freilich auch an den Fragen Plasbergs, der lieber mit solchen bizarren Auswüchsen der Gender-Politik in die Diskussion startete als mit ausgewogenem Pro und Contra. Schon zu Beginn witzelte der Moderator eher dümmlich über den langhaarigen Hofreiter, der ja "auch eher gendermäßig aussehe." Der ließ das nicht auf sich sitzen und warf Plasberg umgehend vor, genau diese dämlichen Stereotype zu bedienen, um die es in dieser Sendung gehen sollte.

Ernster zu nehmen war da schon die Kritik der Buch-Autorin Birgit Kelle. Sie warf den Gender-Befürwortern vor, geschlechtliche Unterschiede einebnen zu wollen, die die Natur schon rein biologisch vorgesehen hat. Inzwischen fürchte sie sich vor lauter Gleichstellungsbeauftragten mehr um die Zukunft ihrer Söhne als die ihrer Töchter. Dass Frauen im Beruf weniger verdienen als Männer führte sie auf deren "sanftes Naturell" zurück.

An keinem Punkt wie diesem zeigte sich, wie weit die Positionen auseinander gingen: Während Kelle ähnlich wie Thomalla die biologische Veranlagung für solche Unterschiede verantwortlich machte, war für Wizorek und Hofreiter die Sozialisierung schuld, die Frauen tendenziell zu unterwürfigen Wesen macht. Während selbstbewusste Ansprüche von Männern als Zeichen von Stärke gedeutet würden, werde in unserer Gesellschaft ein Aufbegehren von Frauen als zickig bewertet und entsprechend sanktioniert, monierte Kelle.

Thomalla - Feindbild für Feministinnen

Thomalla reagierte mit Augenrollen und höhnischem Auflachen. Die Schauspielerin tat ohnehin einiges dafür, sich zum Feindbild von Feministinnen zu mausern, indem sie ihr Selbstbewusstsein eben auch sexuell ausspielte: Kubicki umschmeichelte sie als genau den "Typ Mann, auf den ich stehe", auf ihre Playboy-Fotos spielte sie mit dem Kommentar an: "Ich habe zwei Brüste und zeige sie ab und zu auch mal gerne."

Kubicki beschränkte sich hingegen überwiegend auf Witzeleien. Er kann als Liberaler naturgemäß nichts damit anfangen, wenn der Staat per Gesetz eine Gleichstellung verordnen will. In seinen Augen ist das alles eine Frage der Leistung des Einzelnen und nicht gesellschaftlicher Strukturen. Seine Töchter, beide Mitte 30 und beruflich erfolgreich, könnten über die ganze Gender-Debatte ohnehin nur den Kopf schütteln. Selbst die Gehaltsunterschiede zweifelte er an. Die Frau, die für die gleiche Arbeit weniger verdiene als ein Mann, werde er gerne vor Gericht vertreten.

Peinliche Party-Bilder

Zum Ende hin stieß allerdings auch Kubicki an seine Grenzen, als Plasberg ein Foto zeigte, auf dem er bei einer Hamburger Wahlparty ausgelassen neben FDP-Spitzenkandidatin Katja Suding feierte und Luftgitarre spielte. Zuvor hatte Plasberg über Sexismus und den erfolgreichen Wahlkampf Sudings gesprochen, jetzt sah es auf dem Bild so aus, als würde Kubicki Suding tief in den Ausschnitt schauen. Das müsse er sich nicht unterstellen lassen, so Kubicki.

Bemerkenswertes lieferte am Montagabend zum Abschluss noch ein Zuschauerkommentar. Die ganze Diskussion unterliege einem grundlegenden Missverständnis, merkte ein Nutzer bei Twitter an. Es gehe bei Gender nicht um Gleichmacherei, sondern gleiche Chancen. Eine solche Erkenntnis hätte man sich auch beim Moderator gewünscht.

Das grundlegende Missverständnis ist ja, bei Gleichstellung ginge es um Gleichmacherei. Es geht um gleiche Chancen. #hartaberfair

(pst)
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