Talk bei "Hart aber fair" Hirnforscher empfiehlt Smartphones erst ab 16 Jahren

Köln · Bei "Hart aber fair" debattierten Frank Plasbergs Gäste über das Thema "Immer Online – machen Smartphones dumm und krank?" Ein Hirnforscher vergleicht Google, Apple und Co. mit der amerikanischen Waffenlobby – und erklärt Smartphones für Kinder als ungeeignet.

Bei "Hart aber fair" debattierten Frank Plasbergs Gäste über das Thema "Immer Online — machen Smartphones dumm und krank?" Ein Hirnforscher vergleicht Google, Apple und Co. mit der amerikanischen Waffenlobby — und erklärt Smartphones für Kinder als ungeeignet.

  • Prof. Manfred Spitzer, Hirnforscher
  • Duygu Gezen, Social-Media-Volontärin der ARD
  • Frank Thelen, Unternehmer
  • Ranga Yogeshwar, ARD-Wissenschaftsjournalist
  • Leni Breymaier, ver.di-Vorsitzende Baden-Württemberg

Frank Plasberg eröffnete die Sendung mit einem Appell an seine Ehefrau: "Leg' das Smartphone bitte weg". Er gab damit zu Bedenken, dass die Aufmerksamkeitsspanne vieler Mitmenschen auf die Kürze einer Whatsapp-Nachricht geschrumpft sei. Es war der Auftakt zu einer Sendung, in der er einiges Privates preisgab. Etwa, dass er sich ertappt fühle, weil er selbst täglich sämtliche Termine per Handy plane. Auch sein Sohn habe bereits ein Faible für Smartphone-Spiele.

Plasberg stellte die neuen Bodenampeln in Augsburg und Köln zur Debatte. "Jede Gesellschaft lernt, mit neuen Techniken umzugehen", sagte Ranga Yogeshwar. Hirnforscher Spitzer zeigte sich zunächst ebenfalls offen für die Innovation. Als "Informations-Junkies" bezeichnete Spitzer die Gesellschaft — und nahm sich dabei nicht heraus. Er merkte aber an, dass sich 50 Prozent der Schüler zwischen acht und 14 Jahren von Smartphones abgelenkt fühlten. "Wenn Kinder nur reagieren, dann lernen sie nicht, etwas selbst zu wollen", sagte Spitzer. Doch bevor das Thema Kinder und Smartphones in den Mittelpunkt rückte, gerieten der Mediziner und der Unternehmer im Studio aneinander.

Die Debatte des Abends lautete Wirtschaft vs. Medizin. Während die Bundesregierung warnt, dass zu viel Internet süchtig machen kann, sagte Unternehmer Frank Thelen: "Aber zu wenig Internet tötet die deutsche Wirtschaft." Als "Zauberboxen" bezeichnete er die technologischen Endgeräte. Er appellierte an junge Leute, das Handy als "hocheffektives Werkzeug" zu verstehen. Hinrforscher Spitzer widersprach lautstark, da Kindergehirne keine technologischen Geräte zur Entwicklung brauchten. "Wir können nicht zulassen, dass Apple und Google dadurch reicher werden, dass unsere Kinder krank werden." Als Nebenwirkungen der Smartphone-Nutzung nannte er Kurzsichtigkeit, Konzentrationsprobleme oder den "Handynacken". Yogeshwar versuchte zu moderieren:"Wir sind ja noch dabei, den richtigen Umgang zu lernen."

"Wer nicht programmieren kann, das sind die Analphabeten der Zukunft", sagte Thelen. Der Hirnforscher setzte dagegen: "Steve Jobs hat selbst gesagt, Smartphones sind nichts für Kinder." Keine Studie zeige, dass die Entwicklung der Kinder gefördert würde. Erneut sprang Yogeshwar herbei: "Es hängt davon ab, was wir mit den Geräten machen. Wir müssen weg von der Konsum- und hin zur Gestaltungshaltung." Als Spitzer die Wirtschaft mit der amerikanischen Waffenlobby verglich, setzte Yogeshwar einen Punch: "Manchmal ist auch die Waffe, zu schweigen."

Erstmals meldete sich auch die ver.di-Chefin unaufgefordert zu Wort. Nachdem Frank Thelen Vergleiche zum Arbeitsmarkt in den USA zog, von der Marktkapitalisierung schwärmte und die deutschen Felle der Wirtschaft davonschwimmen sah, konterte Breymaier: "Während Sie ein selbstfahrendes Auto haben, verlieren wir hier Arbeitsplätze. Dann haben wir bald keine Busfahrer, Spediteure oder Fernfahrer mehr."

Duygu Gezen wollte keine pauschale Aussage machen, als Plasberg die Gretchen-Frage stellte, ab wann Kinder Smartphones nutzen sollten. "Vielleicht ab acht oder zehn Jahren", sagte sie. Spitzer antwortete mit mehr Bedacht, denn die Dosis mache das Gift. Er berief sich auf Studien: "Wer länger auf Facebook ist, ist insgesamt unzufriedener." Der Hirnforscher riet dazu, dass Jugendliche erst ab 16 oder 18 ein Smartphone nutzen sollten. Selbst Frank Thelen lenkte ein: Ab 14 Jahren würde er den eigenen Kindern ein Smartphone gewähren.

Die Punktwertung zum Schluss

Plasberg resümierte, dass das Smartphone zu einem smarteren Alltag führe. Kurze Aufmerksamkeitsspannen und permanente Erreichbarkeit aber nachteilig seien. In dieser "mobilen Arbeitswelt" sah Unternehmer Thelen — wenig überraschend — eher Vorteile. Hirnforscher Spitzer zog ein erstaunlich eindimensionales Fazit und stellte fest, dass Schulbücher, aber keine Smartphones in Schulen gebraucht würden. Beide hatten Argumente auf ihrer Seite. Während Volontärin Gezen selbstbezogen blieb und sich schlicht selbst als "besonderen Fall" ein weiteres Mal selbst inszenierte. Breymaier sparte sich das Fazit gleich gänzlich — und blieb gefühlt bei unter drei Minuten Sprechzeit.

(ball)
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