"Hart aber fair" mit Frank Plasberg An einer Stelle schweigt Frau Petry

Düsseldorf · Frank Plasberg diskutiert über rechten Hass im Bürgertum. Vor allem aber redet AfD-Chefin Frauke Petry. Mit einer ZDF-Moderatorin liefert sie sich ein bizarres Duell. Ein Hinweis am Ende der Sendung lässt sie verstummen.

 Frauke Petry redete bei Plasberg ohne Punkt und Komma - bis sie der Journalist Georg Mascolo zum Schweigen bringt.

Frauke Petry redete bei Plasberg ohne Punkt und Komma - bis sie der Journalist Georg Mascolo zum Schweigen bringt.

Foto: Screenshot ARD

Die Ausgabe von Plasberg beginnt ungewöhnlich. 18 Minuten nimmt sich die Sendung zum Einstieg Zeit für eine Reportage. In nachgestellten Bildern skizziert sie, wie aus bisher anständigen jungen Männern, scheinbar aus der Mitte der Gesellschaft, Brandstifter werden konnten. In Salzhemmendorf hatten sie einen Molotow-Cocktail in eine Flüchtlingsunterkunft geworfen. Die Täter waren bis zu diesem Tag unbescholtene Bürger. Zwar anfällig für rechte Parolen. Aber niemals auffällig, keine Straftaten, keine Behörde hatte sie auf dem Schirm.

Das Ergebnis der Recherchen von WDR, NDR und SZ ist beklemmend. Salzhemmendorf ist demnach kein Einzelfall. Zwei Drittel der inzwischen rund 770 Übergriffe auf Flüchtlingsheime im Jahr 2015 sollen auf Täter zurückgehen, die in dieses Muster passen. Direkt aus der Nachbarschaft, ohne nachweisbare Nähe zu rechtsextremistischen Organisationen, dafür Mitglied in der Freiwilligen Feuerwehr. Einer der Täter aus Salzhemmendorf rückte Minuten nachdem er den Brandsatz in die Unterkunft geworfen hatte, zum Feuerlöschen aus.

Diese Geschichte ist die Vorlage für die Diskussionsrunde bei Plasberg. Das Thema: "Vom Wutbürger zum Brandstifter — woher kommt der rechte Hass?" Die Gäste: Der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius (SPD), der Polizist Joachim Lenders, Georg Mascolo, der in Salzhemmendorf mitrecherchiert hatte, ZDF-Moderatorin Dunya Hayali - und AfD-Chefin Frauke Petry.

Vermutlich ist es alleine diese Konstellation, die von vornherein eine ernsthafte Auseinandersetzung mit den möglichen Ursachen für den latenten Hang zu Radikalisierung und Gewalt verhindert. Schnell geht es nur noch um Petry, die AfD und eine mögliche Mitverantwortung für eine wachsende Salonfähigkeit rechtsextremen Gedankenguts.

Petry reagiert auf solche Fragen furienhaft. Vorwürfe von Pistorius, dass aus ihren Reihen und der von der AfD tolerierten "Pegida"-Bewegung immer wieder Angst- und Hetzparolen zusammen mit deutschtümelnden Andeutungen zu hören sind, lässt sie nicht zu. Ihre übliche Argumentationslinie klingt in etwa so: Die Vorwürfe sind einseitig, Zitate aus dem Zusammenhang gerissen oder längst relativiert, rechtsextreme Hassmails und Morddrohungen rechnet sie mit linksextremen Anschlägen auf AfD-Parteibüros auf.

Die Diskussion hat trotz aller Bemühungen Plasbergs über lange Strecken keinerlei Kontur, weil Petry jedem Argument die Berechtigung abspricht. Lieber pflegt sie den Opfer-Mythos der AfD als einer von Politik und Medien unterdrückten Partei, deren Wahrheiten kein Gehör finden. Die AfD - ein Nährboden für rechtsextremes Gedankengut, rassistische Ressentiments und völkische Deutschtümelei? Nicht mit Petry. Die Partei sei doch gegen Gewalt. Der Zuwachs an Anschlägen auf Flüchtlinge ist in ihren Augen nur eine logische Folge der Statistik, weil ja auch die Zahl der Flüchtlinge gestiegen sei.

Geradezu abenteuerlich ihre Erklärung für den wachsenden Hass und Gewaltbereitschaft: Das sei doch alles nur ein Symptom, aber nicht die Ursache: Nämlich der verfehlten Asylpolitik der Bundesregierung. Merke: Verantwortlich für brennende Flüchtlingsheimen ist die Politik. So die einfache Logik von Frauke Petry.

Die Diskussionsteilnehmer haben sich hoffnungslos verschanzt. Mehrfach trägt die Runde Züge eines absurden parteipolitischen Theaters. SPD-Mann Pistorius wirft der AfD vor, politisches Kapital aus den Ängsten der Bevölkerung schlagen zu wollen, Petry keilt zurück, die Regierungsparteien hätten auf ganzer Linie versagt.

Wie wenig Verständigungsbereitschaft vorhanden ist, zeigt ein bizarres Duell mit Dunya Hayali. Die Moderatorin hat bei Petrys Vorträgen sichtbar große Mühe, die Fassung zu bewahren. Mehrfach ist zu sehen, wie sie die Hände vors Gesicht schlägt. Dennoch bietet sie Petry mehrfach an, sie doch einmal bei ihrer Arbeit als Journalistin zu begleiten, um gemeinsam den Vorwurf der einseitigen Berichterstattung und "Lügenpresse" zu prüfen. Doch Petry will sich darauf nicht einlassen.

Erst zum Ende der Sendung wird es in einer Sequenz auffallend ruhig. Der Journalist Georg Mascolo schildert Petry in diesen Sekunden, wie er die Zukunft der AfD einschätzt. Er sehe in der Alternative für Deutschland keine Nazi-, wohl aber eine klassische rechtspopulistische Partei. Die Geschichte rechtspopulistischer Parteien zeige aber vor allem eines: "Das, was es an Ressentiments, an Wut und an Verschwörungstheorien in diesen Parteien gibt, richtet sich irgendwann auch nach innen."

Die interessante Frage für Petry werde sein, wie sie mit denjenigen klarkommt, die die Partei weiter nach rechts rücken wollen und für die rechtsradikale Sprüche kein Problem, sondern Kern des eigenen Gedankenguts seien. "Ich bin gespannt, ob Sie diesen Tiger werden reiten können", so Mascolo.

Ein wenig schiebt Petry die Unterlippe vor. Eine wortreiche Entgegnung aber bleibt aus. "Nehmen Sie's doch mal hin", schließt Plasberg.

(pst)
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