"Hart aber fair" mit Frank Plasberg Einfach mal gekochte Lunge

Düsseldorf · Frank Plasberg diskutiert über Fleisch, Ethik und gesunde Ernährung. Der Handel wehrt sich gegen ein Ampelsystem für Verbraucher. Dabei ist selbst Star-Koch Tim Mälzer im Supermarkt überfordert. Agrarminister Schmidt erinnert an einen defekten Sprechautomaten. Der Talk im Schnellcheck.

 Tanja Busse lehnte die Gerichte bei Plasberg dankend ab. sie ist Vegetarierin.

Tanja Busse lehnte die Gerichte bei Plasberg dankend ab. sie ist Vegetarierin.

Foto: Screenshot Plasberg ARD

Darum ging's: Das Thema der Sendung​ lautet: "Das elende Leben der Steaks — was ist uns gutes Fleisch noch wert?" Vorab lief eine Doku von Star-Koch Tim Mälzer, in der er nachverfolgt, wie das Fleisch hergestellt wird, das bei uns auf dem Teller landet.

Darum ging's wirklich: Viel zu viel. "Fleisch ist ein kompliziertes Thema", sagt Mälzer direkt zu Beginn. Dann geht alles doppelt und dreifach durcheinander: Themen, Zusammenhänge, Wortbeiträge. Das liegt auch daran, dass hier ideologische Welten aufeinander prallen. Trotz ernsthafter Bemühungen scheitert Plasberg daran, von Handel und Politik Antworten auf die Frage zu bekommen, warum man die Herkunft von Fleisch nicht eindeutiger kennzeichnen kann.

​Die Runde: Auf der einen Seite: die Fleischerin Sarah Dhem, Ernährungsminister Christian Schmidt und Stefan Genth, Vertreter des Handels. Auf der anderen: Koch Tim Mälzer und die Journalistin Tanja Busse ("Die Wegwerfkuh: Wie unsere Landwirtschaft Tiere verheizt, Bauern ruiniert, Ressourcen verschwendet und was wir dagegen tun können").

Frontverlauf: Wie zu erwarten. Die Fleischerin pocht darauf, dass Fleisch aus konventioneller Tierhaltung weit besser ist als sein Ruf, der Handelsvertreter ist unschuldig an Preiskampf und Massentierhaltung, weil doch der Verbraucher entscheidet. Vor allem Tanja Busse, aber auch Tim Mälzer halten dagegen.

Der Star-Koch fordert einfache und transparente Kennzeichnungen, an denen Verbraucher erkennen können, wie das Fleisch produziert wurde. Auch er sei im Supermarkt überfordert. Dabei gibt es schon Lösungen. Beispielsweise bei den Eiern: Schon seit Jahren zeigen die Zahlen 0 -3, ob es aus Käfighaltung oder einem Biobetrieb stammt. Folge: Die Zahl der Eier aus Käfighaltung ist durch das Kaufverhalten um 80 Prozent zurückgegangen. Tanja Busse fragt, warum die Politik keine Gesetze erlässt, die dem ruinösen Preiswettbewerb der Milchbauern ein Ende machen. Schmidt laviert, beteuert aber, man werde in dieser Hinsicht in der Politik noch zulegen.

Spannendster Gedanke: Zeitweise diskutiert die Runde, ob Fleisch essen sozial bald so geächtet sein wird wie inzwischen das Rauchen. Vor allem die Vegetarierin Busse kann sich das vorstellen. Plasberg zeigt in einer Zukunftsvision Warnhinweise auf Fleischverpackungen, die denen auf Zigarettenschachteln ähneln: "Das Kaufen von Billigfleisch begünstigt Massentierhaltung", steht darauf, im Hintergrund sind leidende Tiere zu sehen. "Lässt sich nicht umsetzen", sagt Fleischerin Dhem. Begründung: Internationaler Handel, komplizierte Verwertung. "Wir können das nicht voll zurückverfolgen."

Fotos aus "Deutschlands Ferkelfabriken"
8 Bilder

Fotos aus "Deutschlands Ferkelfabriken"

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Schlimmste Sprechblase des Abends: Agrarminister Christian Schmidt kann einem Sorge machen, so steif und ungelenk tritt er bei Plasberg auf. Auf Plasbergs Frage, was denn falsch sei an einem Warnhinweis "Billigfleisch fördert Massentierhaltung" antwortet er allen Ernstes:

"Ich würde sagen Massentierhaltung, ähm, äh, wenn sie darauf hinweisen, dass die Bildchen, die Mälzer in seinem Check gezeigt, gesehen hat, mit den vielen Höfen und den vielen Fachwerkhäusern, dass die mit der Realität der Produktion nicht übereinstimmen, das ist schon richtig. Massentierhaltung, da will ich in aller Ruhe sagen, — Pause — wir haben neun Milliarden Menschen, im Jahr 2050 zu erwarten auf der Welt. Ich komme gerade von der Weltklimakonferenz, und wir haben da sehr intensiv und sehr sachbezogen auch über die Frage diskutiert, was muss die Landwirtschaft dazu tun, um den Klima — hust- Klimawandel aufzuhalten. Das werden sie mit einer Produktion, mit Tierhaltung, die nach Alp-Öhi und Heidi, wie manches Bild insuiert, wohl nicht...."

Plasberg macht dem ein Ende.

Schmidts Auslassungen jedenfalls haben beste Aussichten, in die Fußstapfen der Wortungetüme eines Edmund Stoiber zu treten.

​Nervigster Gast: ...ist dann aber doch nicht Schmidt, sondern seine schärfste Gegnerin, Tanja Busse. Ständig spricht sie rechthaberisch dazwischen, gestikuliert dazu auch noch lehrerhaft mit einem Stift in der Hand. Für sich selbst nimmt sie mehrfach in Anspruch, dass andere sie ausreden lassen.

Sieger nach Punkten: Unterm Strich Tim Mälzer. Von Anfang an spricht er die Probleme an, erzählt, welche Mühen er hat, seine Restaurants darauf einzustellen, plädiert er für einen undogmatischen Weg und pragmatische Lösungen. Manche Sätze von ihm sind so schlicht wie wahr und helfen, die Diskussion zu erden. "Wenn wir Fleisch essen wollen, müssen wir töten", ist so einer.

Verbraucher-Tipp: Erschreckend der Hinweis Plasbergs darauf, dass in Deutschland oftmals nur 50 Prozent des Fleisches tatsächlich auf dem Teller landet. Der Rest wird nach Asien oder Afrika exportiert. Darum serviert der Moderator seinen Gästen drei Fleischgerichte. Entenzungen, frittierte Schweineschwarte und schottischen Haggis, also Schafsmagen mit gekochter Lunge, Herz und Leber. "Lecker", sagt Mälzer. Auch so kann man den Wert des Fleisches wieder schätzen lernen.

Erkenntnis: Fleisch ist tatsächlich ein kompliziertes Thema. Aber es gibt Lösungsansätze: Verbraucher sind bereit, mehr Geld für ethisch einwandfreie Produkte auszugeben, möchten dafür aber nicht extra Zeit und Mühen investieren. Hier ist die Politik gefragt.

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