"Hart aber fair" mit Frank Plasberg "Es gibt Dinge in Deutschland, die sind nicht verhandelbar"

Düsseldorf · Wie viel Islam gehört zu Deutschland? Frank Plasberg hat am Montagabend eines der heißesten Themen der Stunde diskutieren lassen. Den allgemeinen Konsens bringt dabei aber nur ein Provokateur durcheinander, der ankündigt, mit Mohammed abrechnen zu wollen.

 Gute Miene zu ernstem Thema: Die Talkgäste bei "Hart aber fair".

Gute Miene zu ernstem Thema: Die Talkgäste bei "Hart aber fair".

Foto: ARD Mediathek

"Unser Herz ist weit, unsere Möglichkeiten sind endlich." Das "Ja, aber" des Bundespräsidenten zu Deutschlands Rolle in der Flüchtlingskrise dürfte historischen Wert haben. Damit setzt sich Gauck spürbar von Angela Merkel ab, die unlängst betonte, das Recht auf Asyl kenne keine Obergrenze. Kein Wunder also, dass Frank Plasberg genau jenes Zitat des Bundespräsidenten wählte, um seine Sendung am Montagabend zu eröffnen.

"Merkel bejubeln, an Mohammed glauben: Wie viel Islam gehört zu Deutschland?", fragte Plasberg bei "Hart aber fair". Etwa vier Millionen Muslime leben in Deutschland, durch die Flüchtlingswelle dürften es noch mehr werden. Aber wächst mit ihrer Zahl auch der Einfluss des Islam in Deutschland?

"Viele der Flüchtlinge sind arabische Muslime. Ihr Verständnis von Religion und Gesellschaft ist oftmals ein fundamental anderes", meinte Plasberg. Das fange bei der Freiheit des Wortes an, setze sich über den Wert der Liebe bis hin zur Gleichberechtigung fort. Errungenschaften der aufgeklärten westlichen Welt, die es zu verteidigen gelte, so Plasberg. Oder, um es ein wenig praktischer zu machen: Wenn sich ein Imam weigere, der CDU-Politikerin Julia Klöckner die Hand zu geben, sei das zwar kein Skandal, aber ein Warnzeichen.

Grundgesetz gegen Koran?

Wie vertragen sich also Grundgesetz und Koran? "Gar nicht", sagt einer, von dem man genau das erwartet hat: Hamed Abdel-Samad. Der Politikwissenschaftler und Autor wuchs als streng gläubiger Muslim auf. Heute rechnet er mit seiner Religion ab und warnt: Die Angst vor dem Islam ist berechtigt, denn das freiheitliche Leben in Deutschland und die Lehre des Islam würden sich gewaltig widersprechen. Mohammed sei nicht weniger als ein Massenmörder, meint Abdel-Samad.

57 Prozent der Deutschen nehmen den Islam als Bedrohung war, 61 Prozent meinen, der Islam passe nicht in die westliche Welt. Ihnen liefert der Autor Futter. "Es gibt nichts, was der IS heute tut, das Mohammed und seine Gefährten, seine erste Gemeinde und seine Nachfolger, nicht getan haben."

"Da dreht sich der Magen um"

Das sah Sylvia Löhrmann (Grüne), stellvertretende NRW-Ministerpräsidentin, entschieden anders. Das Bild, das öffentlich vom Islam gezeichnet werde, sei zu negativ und produziere Angst. Wer den Islam für feindselig halte, solle lieber in die Bibel schauen. "Da dreht sich an manchen Stellen selbst mir als Katholikin der Magen um." Aber, daran wolle sie keinen Zweifel lassen: Für sie sei klar, dass das Grundgesetz über den Religionen steht, sagt Löhrmann. In dieser Frage gebe es keine Toleranz.

Ins selbe Horn wie die Grünenpolitikerin Löhrmann blies auch Jens Spahn von der CDU. Schon allein das ist eine Erkenntnis im Jahr 2015. Spahn unterstrich das "Ja, aber" des Bundespräsidenten. "Es gibt ein paar Dinge in Deutschland, die sind nicht verhandelbar", sagte er. Spahn warnte vor einem Verheddern im Emanzipieren.

Hamed Abdel-Samad warf den Muslimen in Deutschland indes vor, sich nicht klar genug zu positionieren. Was fehle, seien eben jene klaren Spielregeln, die auch er sich gewünscht habe, als er nach Deutschland gekommen sei. Eine Bedienungsanleitung, klare Regeln der Leitkultur. Mit den Flüchtlingen komme eine Machokultur ins Land, mit der man umgehen müsse. "Man sollte das Kind beim Namen nennen", sagte er in der Runde wohl vor allem in Richtung Zekeriya Altugs.

Nicht über die Köpfe hinweg

Das Vorstandsmitglied im größten Muslimverband DITIB betonte, dass der Islam schon längst zu Deutschland gehöre, Muslime auch kulturell eine Bereicherung seien. "Deshalb sollten wir nicht ständig fragen, wer sich wem anzupassen hat. Es wäre viel wichtiger, endlich zu sagen: Wir gehören zusammen." Eine angenehme Abwechslung zu Abdel-Samad war, dass Altug sicht nicht provozieren ließ und versuchte, das Thema sachlich aufzulösen. Junge Menschen, die in Moscheevereinen sozialisiert sind, seien gegen Salafisten und Islamisten deutlich besser gefeit. Man dürfe nicht über die Köpfe der Muslime hinweg arbeiten, sondern mit ihnen zusammen.

Eine Meinung, die auch ZDF-Journalist Dietmar Ossenberg teilt. Er berichtete mehr als 13 Jahre aus dem arabischen Raum und zeigte sich überzeugt, dass Flüchtlinge aus Syrien keine IS-Kämpfer, sondern überwiegend Gebildete seien. Diese Muslime würden Deutschland eher helfen, als Anlass zur Sorge zu sein.

"Hart aber fair" gab fast jeder vorherrschenden Meinung zum Islam eine Stimme und sorgte damit für Pluralität. Das dürfte unbestritten eine gute Sache sein. Aber, wen wundert's: Den Leitkultur heißenden "Beipackzettel" für Deutschland konnte auch Frank Plasberg nicht finden.

(lukra)
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