"Hart aber fair" zu Donald Trump "Die Irritation ist in Amerika so groß wie in der übrigen Welt"

Düsseldorf · Bei "Hart aber fair" haben diesmal die Zuschauer die Fragen gestellt – natürlich zum Thema Trump. Sie haben vor allem Angst. Die fünf Experten nehmen die Sorgen ernst, können sie aber nur selten zerstreuen.

Das ist das Kabinett von Donald Trump
17 Bilder

Das ist das Kabinett von Donald Trump

17 Bilder

Bei "Hart aber fair" haben diesmal die Zuschauer die Fragen gestellt — natürlich zum Thema Trump. Sie haben vor allem Angst. Die fünf Experten nehmen die Sorgen ernst, können sie aber nur selten zerstreuen.

Darum ging's

"Auch Tiefenentspannte bekommen es langsam mit der Angst zu tun", beobachtet Frank Plasberg und macht Trump erneut zum Talk-Thema. Kaum ein Tag vergehe, an dem man sich morgens nicht frage, was der amerikanische Präsident nun wieder ausgeheckt habe. "Müssen wir uns vor Trump fürchten?", will er wissen, dann lässt er fünf Experten vor allem die Fragen der Zuschauer beantworten.

Darum ging's wirklich

Eine weitere Runde in der Serie der Trump-Talks macht deutlich: Die Deutschen beschäftigen sich intensiv mit US-Präsidenten, seine Politik bereitet vielen Sorge. Die Experten geben sich mit Fakten, Meinungen und Analysen redlich Mühe: Psychologie, Ziele, Stil und selbst die mögliche Entmachtung des Präsidenten werden besprochen.

Die Experten

  • Jürgen Hardt, CDU, Koordinator für Transatlantische Zusammenarbeit
  • Prof. Borwin Bandelow, Psychiater und Angstforscher
  • Prof. Marcel Fratzscher, Präsident des DIW Berlin, Wirtschaftswissenschaftler
  • Prof. Christian Hacke, Politikwissenschaftler
  • Ina Ruck, Leiterin des ARD-Studios in Washington

Frontverlauf

Nur die Einstiegsfrage einer Zuschauerin aus Wesseling zeugt von Gelassenheit: Sie versteht nicht, was so schlimm daran sein soll, wenn ein Politiker halte, was er versprochen habe. Die weiteren 70 Minuten geht es darum, wie Deutsche Amerika derzeit sehen und wie die Amerikaner selbst Donald Trump und die Situation wahrnehmen. Es geht um Wirtschaft, Kriegsgefahr und sogar darum, wie man Präsidenten eigentlich wieder los wird.

Jürgen Hardt kann mit Trumps Tempo wenig anfangen, er hätte "auch als Wähler in unserer komplexer Welt lieber jemanden, der sich Entscheidungen besser und länger überlegt". ARD-Frau Ina Ruck findet, der Präsident mache mit seinen Hau-Ruck-Entscheidungen zwar viel Arbeit (auch den Journalisten). Es würde allerdings lange dauern, bis Mexikos Mauerbau oder die Änderungen der Krankenversicherung wirklich umgesetzt werden könnten. Insofern täusche das Tempo Geschäftigkeit eher vor. Die ehemalige Russland-Korrespondentin gibt zu, dass sie derzeit Vieles an ihre Zeit in Moskau erinnere, was auch ihr Grund zur Besorgnis gebe.

Borwin Bandelow glaubt, dass zu wenig Zeit bleibe, sich zwischen den Schocks zu beruhigen. Hinzu gesellt sich nach Ansicht des Angstforschers ein "ernüchterndes Erwachen, dass der Mann in der Tat macht, was er sagt".

Auch Christian Hacke sieht wenig Grund zur Entwarnung. Der Politikwissenschaftler hält Trump für sprunghaft und unberechenbar. Für ihn bleibt die Schlüsselfrage, ob er die Linie der Demokratie überschreitet. Marcel Fratzscher glaubt, dass Trump nicht nur die Gesellschaft spalte: "Seine Politik polarisiert auch in der Wirtschaft" — baldige neue Finanzkrise nicht ausgeschlossen.

Garantien hat derzeit nur Trump

Zum Einreiseverbot äußert ein deutsch-iranisches Paar seine Hilflosigkeit. Wird die Mutter aus den USA zur Geburt des Enkelkindes kommen — und auch wieder abreisen — können? Die Beiden möchten eine Garantie, aber die mag keiner so recht geben: Jürgen Hardt sagt, garantieren könne derzeit nur Trump etwas. Ina Ruck immerhin rät, auf den Einfluss der Bundesrichter zu hoffen. "Die Verunsicherung hat Methode: Nicht-Weiße sollen aus dem Land gedrängt werden," so Hackes Analyse. Auch Ina Ruck kann zwischen den Zeilen ein "Make Amerika white again" hören.

Ein anderes Amerika

Jürgen Hardt hat den Eindruck, dass viele amerikanische Politiker ähnlich nervös die Tweets verfolgen wie die Deutschen. "Die Irritation ist in Amerika so groß wie in der übrigen Welt." Sorgen seien auch dort bis in die höchsten Ämter spürbar. Wenn er aus den USA heimfliege, sei er froh, in einem Land mit Verhältniswahlrecht zu leben. Allein, dass auch in Amerika diskutiert werde, wie man einen Präsidenten des Amtes entheben könne, zeigt nach Ansicht von Ina Ruck, dass sich auch Amerikaner Sorgen machen. Hacke glaubt, dass dort eine Art Ausnahmezustand herrscht. "Das ist ein sehr anderes Amerika als wir es kennen, sonst hätten die nicht einen Präsidenten mit solchem Wutpotenzial gewählt."

Handelskrieg vermeiden

Donald Trump: Erste Amtshandlungen als US-Präsident
Infos

Trumps erste Amtshandlungen

Infos
Foto: rtr, KL/KC

Angst prägt auch die Frage aus einem mittelständischen Unternehmen: Muss man um den sicheren Arbeitsplatz fürchten, wenn Amerika die Drohung wahr macht und neue Steuern und Zölle erhebt? Fratzscher kann dem Zuschauer die Sorge nicht nehmen: "Ja, viele Jobs sind an Exporte in die USA gekoppelt und wären durch einen Handelskrieg gefährdet."

Und nicht alles, was Trump sage, sei falsch, den Vorwurf des Preisdumpings etwa höre der Wirtschaftswissenschaftler auch aus Frankreich. Wenn der Rest Europas Trump in so einem Vorwurf Recht gebe, "ist meine große Sorge, dass er Europa spalten könnte". CDU-Mann Hardt sieht das anders, er erinnert an die 700.000 Arbeitsplätze in Amerika, die von deutschen Unternehmen abhängen.

Bandelow sieht Zeichen einer narzisstischen Persönlichkeit

Ein Gundelsheimer Zuschauer fragt "Ist Mr. Präsident ein Psychopath?" und begründet das mit einer Symptom-Liste, auf der Trump viele Kriterien erfülle. Psychiater Bandelow will besagte "Psychopathy Checklist" nicht anwenden, ohne mit Trump selbst gesprochen zu haben. Handlungen und Gebaren vermittelten ihm immerhin einen Eindruck. Er sehe Zeichen einer narzisstischen Persönlichkeit, jemanden, der es mit der Wahrheit nicht genau nimmt und zur Hochstapelei neigt.

Zudem attestiert Bandelow Trump von der Ferncouch aus einen Mangel an Reue und ein maßlos übersteigertes Selbstwertgefühl, das mit sich bringe, dass er keine Kritik dulde. Er sei möglicherweise "beratungsresistent", so der Psychiater und scherzt: "Und das beschränkt sich leider nicht auf seine Frisur." Er fürchtet, Trump möchte nicht Amerika groß machen, sondern Donald Trump. "Und damit damit kann man ein Land durchaus zugrunde richten."

Hacke indes hält "nichts davon, ihn zu pathologisieren". Er wirke auf viele Menschen uramerikanisch und attraktiv, sagt er und wiederholt: "Amerika ist sehr anders als wir." Ruck ergänzt: "Auch Leute, die ihn gewählt haben finden ihn oft nicht sympathisch, sondern wählten ihn, weil sie Zeichen setzen wollten."

Impuls-Kontrollstörungen und der "rote Knopf"

Ein Zuschauer äußert Angst vor Trumps Machtfülle und dem "roten Knopf", mit dem er einen Atomkrieg starten könnte, doch die immerhin nehmen ihm die Experten weitgehend. "So etwas macht er nicht", meint Hacke und erinnert, dass nicht jeder, der einem unsympathisch ist, auch schlechte Politik machen muss. Auch Jürgen Hardt ist der Ansicht, dass Trumps Fokus die Wirtschaft sei, nicht Streit und Kampf nach Außen. Bandelow allerdings kann sich durchaus vorstellen, dass, wenn Trumps "Impuls-Kontrollstörung" greife, schon mal ein kleines Land wie Nordkorea darunter leiden könne.

Paul Vedder aus der Eifel sorgt sich eher um Stephen Bannon, einen "sehr gefährlichen Mann" und bittet um eine Einschätzung seines Jobs im Sicherheitsrat. Hacke findet den "rechtsradikalen Rasputin auch sehr beunruhigend", hofft aber, dass die Judikative seinen Einfluss eingrenzt. Eine weitere Hoffnung für den Rest der Welt sei, dass auch Bannon sich vor allem um Amerikas Wirtschaft kümmern werde und weniger um die Aupenpolitik.

Bleibt nur die Entmachtung?

Die als Frage verkleidete Hoffnung eines Zuschauers, ob Trump nicht auch seinen Job loswerden könne, stellt sich als eher klein heraus: Hacke gibt zu bedenken, dass eine Machtenthebung außerordentlich schwierig sei und eine Zweidrittelmehrheit im Senat brauche. Ina Ruck sieht ebenfalls in den beiden Kammern wenig Widerstand. Für ein solches Enthebungsverfahren müsse überdies Verdacht auf eine Straftat bestehen.

Fazit:

Zuschauerfragen wurden ernst genommen und gründlich bis tiefgründig beantwortet. Gestritten wurde selten, optimistisch stimmten die Analysen der Experten nicht.

(juju)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort