"Hart aber fair" Tim Mälzer vergleicht Müsli-Packungen mit großen Brüsten

Düsseldorf · Übergewicht, Diabetes, Bluthochdruck – die Folgen von zu viel Zucker sind klar. Es gab wenig Neues bei "Hart aber fair" in der Diskussion über eine Zuckersteuer, freiwillige Selbstverpflichtungen der Industrie und irreführende Werbung. Nur Fernsehkoch Tim Mälzer fand deutliche Worte.

Das sind die zuckerreichsten Getränke
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Foto: Foodwatch

Übergewicht, Diabetes, Bluthochdruck — die Folgen von zu viel Zucker sind klar. Es gab wenig Neues bei "Hart aber fair" in der Diskussion über eine Zuckersteuer, freiwillige Selbstverpflichtungen der Industrie und irreführende Werbung. Nur Fernsehkoch Tim Mälzer fand deutliche Worte.

Darum ging's: "Willkommen im Club der Süßen", so begrüßte Moderator Frank Plasberg Zuschauer und Studiopublikum. In der Sendung "Der Feind in meinem Essen — wie ungesund sind Zucker und Co.?" ging es unter anderem um die Frage, ob Verbraucher akzeptieren müssen, wie viel Zucker in den industriell produzierten Nahrungsmitteln ist und ob Verbote helfen können.

Darum ging's wirklich: Ausnahmsweise war das Thema der Talksendung so weit gefasst, dass es den Gästen nicht schwer fiel, beim Thema zu bleiben. Jeder hatte die Gelegenheit, seine Botschaft zum Thema "Zucker" anzubringen. Die Meinungen bewegten sich vorhersehbar zwischen "Teufelszeug" und "geschmacklich notwenig". Dabei kamen vor allem die Branchenvertreter überproportional häufig zu Wort.

  • Tim Mälzer, Fernsehkoch und Restaurantbesitzer
  • Christian Schmidt, Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft
  • Silke Schwartau, Ernährungsexpertin der Verbraucherzentrale Hamburg
  • Alfred Hagen Meyer, Anwalt für Lebensmittelrecht und Herausgeber der "Deutschen Lebensmittel Rundschau"
  • Günter Tissen, Hauptgeschäftsführer der "Wirtschaftlichen Vereinigung Zucker"
  • Anastasia Zampounidis, TV-Moderatorin, ernährt sich seit zehn Jahren ohne Zucker

Frontverlauf: Der erste Teil der Sendung beschränkte sich auf bekannte Allgemeinplätze in der Debattte über Zucker in Lebensmitteln. Irreführende Produktnamen, Verbrauchertäuschung, freiwillige Selbstverpflichtungen der Industrie, an die sich keiner hält, Grenzwerte, Zuckersteuer und Lebensmittelampeln — Begriffe, die seit Jahren in der öffentlichen Debatte diskutiert werden. Auch die Positionen der Gäste waren entsprechend vorhersehbar. Die Branchenfunktionäre Günter Tissen und Alfred Hagen Meyer fanden das mit der irreführenden Werbung nicht so dramatisch. "Das klingt für mich wie ein Bildersturm. Man will doch umworben werden", sagte Hagen Meyer, als es um den freiwilligen Verzicht auf Werbung für zuckerhaltige Lebensmittel für Kinder ging.

Sein Verbündeter Tissen sprach davon, dass nicht der Zucker an sich, sondern die Dosierung das Problem sei. Die Kombination aus zu viel Fett, Zucker und Eiweiß und zu wenig Bewegung verursache gesundheitliche Probleme.

Die Verbraucher hätten eine Eigenverantwortung und die volle Wahl, zuckerhaltige oder zuckerfreie Lebensmittel zu kaufen. Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt verhielt sich eher neutral, wollte die Industrie nicht verprellen und plädierte gleichzeitig für mehr Verbraucheraufklärung. Nur Fernsehkoch Tim Mälzer fuhr den Herren der Industrie regelmäßig in die Parade.

Auch wenn die Redaktion rund um Frank Plasberg in Einspielern und Fragen eine eindeutige Haltung vertrat und ständig der Lebensmittelindustrie den Schwarzen Peter zuspielen wollte, hielten sich die Verbraucherschützerin und der Bundesminister zurück mit dem Industrie-Bashing. Selbst das Thema "Zuckersteuer" war nicht dazu geeignet, Dynamik in die Diskussion zu bringen. Der Bundesminister wie auch die Industrievertreter waren sich nämlich einig: eine Steuer auf ungesunde Lebensmittel bringt nichts.

So diskutierten die Gäste mehr mit dem Moderator als miteinander. Dem Anwalt für Lebensmittelrecht, Alfred Hagen Meyer, war ein Statement über die Errungenschaften der Lebensmittelindustrie in puncto freiwillige Selbstverpflichtung, weniger Fett und Zucker sogar 15 Euro wert. Er legte für jeden unverständlichen Satz freiwillig fünf Euro auf den Tisch, die der Moderator bereitwillig einsammelte.

Irgendwann war es mit der Eintracht dann doch vorbei. Tim Mälzer platzte der Kragen, als es um eine Kellogg's-Müslipackung ging. Das Produkt enthalte fast zur Hälfte Zucker. "Das ist kein Frühstückscereal, das ist eine Süßigkeit. Ohne Wenn und Aber", sagte der Koch. Und holte sich Unterstützung bei "gesundheitsinteressierten Eltern" im Publikum. Die Verpackung sei das Problem, weil Kinder damit "visuell abhängig" gemacht würden. Mälzer verglich die Müsli-Packung mit großen Brüsten in einer Strip-Bar.

Dann gab es Zoff mit den Industrievertretern. Günter Tissen versuchte, Mälzers Argumente lächerlich zu machen. Ein Koch würde ein Dessert auch nie extra unattraktiv aussehen lassen. Es gehe hier aber nicht um den Bereich Süßigkeiten, konterte der Koch. "Ich verstehe Schokolade. Ich bin doch nicht bescheuert. Was ich nervig finde, ist, dass mir Cerealien als gesund verkauft werden. Das macht mich wütend."

Spruch des Abends: "Das ist wie dicke Brüste in der Stripbar." (Tim Mälzer)

(heif)
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