TV-Nachlese "Hart aber fair" Trump, der Monsterzähmer

Düsseldorf · Bei Plasberg tritt der deutsche Trump-Verfechter Ralph Freund auf und erklärt, warum er Trumps Sozialverhalten mangelhaft, seine Politik aber trotzdem gut findet. Der Kanzleramtsminister lobt das neue politische Dreamteam "Mercron".

Das ist Frank Plasberg: Alle Infos zum TV-Journalisten und Moderator
8 Bilder

Das ist Frank Plasberg

8 Bilder
Foto: dpa/Horst Galuschka

Und über allem schwebt der Geist von Helmut Kohl.

Darum ging's "Trumps neue Welt: Wild-West statt freier Westen?", lautete das Thema bei Frank Plasberg. Am Montagabend machte ein Gerichtsurteil Schlagzeilen, das Trumps Einreiseverbot mit Einschränkungen für zulässig erklärt. Das nimmt die ARD reflexartig zum Anlass, um nach Trumps Qualitäten als "Anführer des Westens" zu fragen. Kann man sich an einen Präsidenten Trump gewöhnen?, fragt der Moderator zu Beginn. Zumindest an Trump als wiederkehrendes Talkshowthema mit Ralph Freund als obersten deutschen Republikaner und deutsches Trump-Orakel.

Darum ging's wirklich Von der Frage, wer jetzt eigentlich den Westen anführt, bis zur Kritik an einem schwachen Europa ist jedes Thema mit Trumpbezug in der Sendung vertreten. Beim Blick auf die Gästeliste sind Rollen und Themen sofort verteilt. Die amerikanische Unternehmerin mit Hang zu Verschwörungstheorien spricht über Trumps wirtschaftliche Isolationspolitik, der außenpolitische Berater prophezeit einen Krieg mit Nordkorea. Ralph Freund mag zwar Trumps Sozialverhalten nicht, aber dafür dessen Politik. Die Journalistin ist schockiert angesichts der breiten Unterstützung für den amerikanischen Präsidenten in der Washingtoner Peripherie und Peter Altmaier will sich von Trump nicht ins Bockshorn jagen lassen und lobt stattdessen das neue deutsch-französische Duo "Mercron".

Die Gäste

  • Sandra Navidi, Gründerin von BeyondGlobal
  • Horst Teltschik, ehemaliger Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz und Berater von Helmut Kohl
  • Ralph Freund, Vizepräsident der "Republicans Overseas Germany"
  • Bettina Gaus, "taz"-Journalistin
  • Peter Altmaier (CDU), Chef des Bundeskanzleramts

Der Frontverlauf

Merkel oder Trump — wer ist nun der Anführer des Westens? Diese Frage, die Moderator Frank Plasberg zu Beginn der Sendung stellt, finden aber fast alle Gäste langweilig. Mit der Wahl Trumps zum Präsidenten der USA begann in Deutschland die Diskussion darüber, ob nun Europa den Westen anführen müsse. Meistens war diese Frage rhetorischer Natur. Bei Plasberg interessieren sich die Gäste scheinbar gar nicht mehr dafür. "Mein Bedürfnis, dass überhaupt jemand Anführer ist, hält sich in Grenzen", sagt die "taz"-Journalistin Bettina Gaus, die kürzlich von einer Recherche-Reise in die USA zurückgekehrt ist. Eine Gegenüberstellung von Trump und Merkel bringe im Übrigen nichts, merkt der Quoten-Republikaner in deutschen Talkshows, Ralph Freund, noch an. Die Deutschen hätten fast alle republikanischen Präsidenten nicht leiden können, siehe George Bush Junior und Ronald Reagan.

Dass Ralph Freund ständig in politischen Talkshows zu Gast ist, wenn es um das Thema Donald Trump geht, will Frank Plasberg nicht einfach schweigend übergehen. Ob es ihm leicht falle, den US-Präsidenten zu verteidigen, will der Moderator von Freund wissen. Er trenne zwischen Trumps Sozialverhalten, das zugegebener Maßen bisweilen defizitär sei, und dessen Politik, die er gut findet. Freund findet, dass auch andere US-Präsidenten nicht durch gutes Sozialverhalten aufgefallen seien, wie zum Beispiel Bill Clinton (der mit seiner Praktikantin Monica Lewinsky Sex auf der Toilette hatte). "War ja klar", murmelt da die Journalistin. Und Frank Plasberg bemerkt, dass sei ja eher Sexualverhalten als Sozialverhalten.

Die Passagen zwischen Bettina Gaus und Ralph Freund gehören noch zu den unterhaltsamsten des Abends. Gaus erzählt von ihrer Recherche-Reise in die USA. Sie habe dort die Erfahrung gemacht, dass jede Kritik an Trump ihm bei seinen Wählern nur noch mehr Unterstützung einbringe — das vor allem im Mittleren Westen.

Ralph Freund sieht das ähnlich und möchte Gaus' Redebeitrag noch ergänzen. Trump erhalte auch deshalb so viel Unterstützung, weil er genau das tue, was er versprochen habe — er zähme das Washingtoner Monster. Auf amerikanisch "Taming of Leviathan". Der Leviathan ist ein mythologisches Ungeheuer und wird in diesem Ausdruck synonym für den Staatsapparat in Washington benutzt. Leviathan ist aber seit dem britischen Philosophen Thomas Hobbes auch ein Synonym für den "Staat". Je nach Lesart ist Trump also wirklich ein Monster-Ringer, für seine Anhänger einer, der gegen "die Eliten" und "das Establishment" angeht, für seine Kritiker einer, der die Verfassung missachtet.

Dann streiten sich Gaus und Freund noch über die Definition von Populismus. Gaus findet, dass Trumps Ressentiments gegen die "Washingtoner Elite" und die "Ostküsten-Dominanz" reiner Populismus ist. Freund definiert Populismus als "Abweichung von bisherigen Erfahrungen im Umgang mit der parlamentarischen Demokratie". Gaus hingegen sagt: "Populismus ist eine unzulässige verkürzte Darstellung und Skandalisierung von Sachverhalten." "Nenne Sie es, wie sie es wollen", entgegnet Freund. Für ihn kommt am Ende dasselbe Ergebnis raus, nämlich, dass alle "Trump ist doof" schreien und reflexartig erstmal alles verurteilen.

Am Schluss ist die Zeit der eingefleischten und erfahrenen Politiker gekommen. Horst Teltschik, ehemaliger außenpolitischer Berater von Kohl, plaudert aus dem Nähkästchen der Deutschen Einheit. Und Peter Altmaier sagt, er sehe ein ähnliches "historisches Zeitfenster" nun wieder gekommen. Das Verhältnis Angela Merkel und Emmanuel Macron erinnere ihn Helmut Kohl und Francois Mitterand. Und so schwebt am Ende über allem der Geist von Helmut Kohl.

(heif)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort