"Hart aber fair" "Da werden Fakten geschaffen"

Düsseldorf · Die Debatte um die Griechenland-Krise dreht sich derzeit vor allem um eine Person: den griechischen Finanzminister Giannis Varoufakis. Seine ständigen medialen Auftritte sorgen mittlerweile nicht nur bei den Europartnern, sondern auch im eigenen Land für Kritik. Auch bei Plasberg drehte sich die Debatte um das krisengeschüttelte Land wieder um den "Star-Ökonom".

 Der Mittelfinger beschäftigte am Montagabend auch Frank Plasberg.

Der Mittelfinger beschäftigte am Montagabend auch Frank Plasberg.

Foto: Screenshot ARD

So startete der Moderator seine Sendung "Hart aber fair" am Montagabend vor einem Foto der Stinkefinger-Geste des griechischen Finanzministers, das am Abend zuvor bei Günther Jauch für Aufregung gesorgt hatte. "Muss man eigentlich über echte und gefälschte Stinkefinger, über gezielte und versehentliche Beleidigungen, über ernst gemeinte oder leere Drohungen reden? Wenn es doch schlicht um eins geht: Die Frage nämlich, ob Griechenland noch für der Pleite zu retten ist bzw. überhaupt überhaupt gerettet werden will?", fragte Plasberg und beantwortete seine Frage mit einem klaren "Ja", "denn schließlich bleiben solche Scharmützel nicht ohne Wirkung bei den Bürgern in diesem Land".

Seine Gäste sahen es etwas differenzierter. Bis auf dem Politikberater und Journalis Michael Spreng, der die Umgangsformen der griechischen Regierung kritisierte: "Wenn ein Land in der Krise ist und Hilfe und Schutz bei anderen sucht, dann ist die Frage nach Vertrauen und Umgang miteinander ein Faktum." Und er betonte, wie wichtig der Umgang für den Ausgang von Verhandlungen seien: "Da werden Fakten geschaffen. Über schlechten Umgang eben schlechte Fakten, über guten Umgang vielleicht bessere."

Kipping: "Inszeniertes Ablenkungsmanöver"

Für die Parteivorsitzenden der Linken, Katja Kipping, war die Auseinandersetzung zwischen Deutschland und Griechenland als "inszeniertes Ablenkungsmanöver" und forderte eine Sachdebatte. "Das ist das Dilemma, dass wir mit diesem Bild die ganze Zeit auf Nebengleise und Ablenkungsmanöver kommen."

Doch vom Stinkefinger wollte Plasberg dennoch nicht abrücken. Ob die Stinkefinger-Aufnahme echt ist oder wie Varoufakis selbst bei Jauch behauptete, es sich um eine Fälschung handele, blieb in der Sendung jedoch weiter ungeklärt. Auch wenn es Anhaltspunkte für eine Fälschung laut Plasberg nicht gebe. So hatte am Montag der Italiener Alessandro Del Prete, der Mann der das Video drehte und ins Netz stellte, den Vorwurf der Manipulation zurückgewiesen. Auch Julian Reichelt, Chefredakteur von Bild.de, sagte bei Plasberg, man habe mit Teilnehmern der Konferenz in Zagreb, wo das Video entstand, gesprochen und Techniker dazu befragt, und es gebe keine Anhaltspunkte für eine Manipulation. Demgegenüber steht Varoufakis' Wort, der am Tag nach der Jauch-Sendung bei "Spiegel Online" sagte: "Das Video wurde ohne jeden Zweifel gefälscht."

Hier das Video, wie es bei Youtube zu finden ist.

Die dürren Hinweise, die zu der Sache bislang vorliegen, sprechen allerdings kaum für Varoufakis. So heißt es von der ARD, es gebe nach bisherigem Kenntnisstand keinerlei Anzeichen von Manipulation oder Fälschung in dem gezeigten Video.

Reichelt: "Varoufakis reagiert mit abstrusen Verschwörungstheorien"

Die Geste sieht Reichelt nicht als "endscheidend" in der Griechenland-Debatte. Sie sei aber "symptomatisch, denn Herr Varoufakis reagiert so wie Politiker von Regierungen reagieren, die unter extremen Druck stehen, nämlich — so wie es jetzt aussieht — mit abstrusen Verschwörungstheorien." Und hält seinen Umgang mit dieser Frage für "besorgniserregend" für einen Mann, der "die größte Schuldenkrise seit Menschengedenken managed".

Jorgo Chatzimarkakis, derzeit noch Sonderbotschafter der griechischen Regierung, war mit dem Auftritt seines Finanzministers zufrieden. "Wichtig ist europäisch zu denken — und das hat Varoufakis deutlich gemacht." Wie glaubwürdig Varoufakis mit seiner europäischen Idee sei, stellte SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann in Frage. Ihn störe weder die Geste noch sein Umgang damit, sondern vielmehr, was Varoufakis im Video von 2013 gesagt hatte: Er hätte Griechenland 2010 insolvent werden lassen und den Deutschen gesagt, löst doch diese Probleme alleine. "So zu tun, als ob man ein Land einfach Konkurs gehen lassen kann und einem anderen Land dann sagen, löst doch selbst bitte das Problem - das ist eine Haltung die mich enorm stört, und die weckt kein Vertrauen."

Sinn: "Die Griechen sind pleite"

Auch ifo-Chef Hans-Werner Sinn sieht die Glaubwürdigkeit der griechischen Finanzministers geschädigt. "Was mich gestört hat, ist eine andere Unwahrheit, die er gesagt hat: dass Griechenland ein 'kleines Liquiditätsproblem' hätte", so Sinn über Varoufakis Aussagen bei Jauch. Dabei hätte er vor einem Monat in einem Interview selbst behauptet, Griechenland sei insolvent. Das habe er im Grunde auch mit der Stinkefinger-Geschichte bestätigt. "Die Griechen sind ja pleite, und es macht überhaupt keinen Sinn, wenn wir uns vorstellen, sie seien nicht pleite." Und gab zu, da ausnahmsweise mit Varoufakis einer Meinung zu sein.

Doch anders als Spreng, der in Varoufakis eher einen "Showminister" sieht als einen ernsthaften Sachpolitiker, hält Sinn den griechischen Ökonomen sehr wohl für fähig. "Die griechische Regierung weiß sehr wohl, was sie tut", sagt er und sieht in Varoufakis Handeln Kalkül.

Offen bleibt aber die Frage, wie der Plan eigentlich aussieht.

(rm)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort