"Hart aber fair" zu Donald Trump "Oberlehrer können gleich zu Hause bleiben"

Düsseldorf · Abwarten oder Angst haben? Frank Plasbergs Gäste wollten die Ära Donald Trump nicht gar zu düster sehen. Volker Kauder mahnte erneut zu Gelassenheit.

Das ist das Kabinett von Donald Trump
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Darum ging's

"Der Sprung ins Dunkle: Was bringt die Ära Trump?" Dazu wollte Frank Plasberg Meinungen hören. Politiker und Journalisten sollten vorhersagen, ob Amerika künftig vom schwarzen Trump-Tower aus auf rechts gebürstet wird. Droht ein Ende freien Handels und freier Rede? Dreht Trump auf oder dreht er bei? Und was bedeutet das für uns?

Darum ging's wirklich

Natürlich kann niemand voraussagen, was ab nächstem Jahr aus dem Weißen Haus wirklich für Politik gemacht wird. Die Gäste debattieren stattdessen mehr darüber, wie sie Trumps künftige Mitstreiter einschätzen. Und sie ermahnen einander, an einem starken Europa zu arbeiten.

Die Gäste

  • Volker Kauder, Fraktionsvorsitzender der CDU
  • Cem Özdemir, Bundesvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen
  • Carolin Roth, Finanzjournalistin des US-Senders CNBC in London
  • Julian Reichelt, Chefredakteur von "Bild.de"
  • Don Jordan, US-amerikanischer Journalist

Frontverlauf

Julian Reichelt bringt Frank Plasberg gleich zu Beginn aus dem Konzept. Der hat den "Bild"-Mann eigentlich als Trump-Verteidiger eingeladen, doch Reichelt gibt zu, dass ihn die jüngsten Tweets des künftigen Präsidenten gehörig beunruhigen. Dessen scharfen Sprüche zum vermeintlichen Wahlbetrug findet er eher spaltend als versöhnlich. Ihm fehle bei Trump "das Bewusstsein für seine Position". US-Journalist Don Jordan hält Trump weiterhin für ziemlich unvorbereitet. CDU-Vorsitzender Volker Kauder gibt sich vorsichtig abwartend, während sich Grünen-Chef Cem Özdemir um die Zukunft des Klimaabkommens sorgt. Finanzjournalistin Carolin Roth glaubt mit Blick auf die Wirtschaft, der Deutschen Bank hätte nichts besseres als Trump passieren können.

Sorgen um Trumps Truppe

"Wie tickt der Mann?" Da die Frage offenbar so schwer zu beantworten ist, schlägt Plasberg vor, sich dessen künftige Mitstreiter genauer anzusehen. Über Michael Flynn, dem Trump künftig die nationale Sicherheit anvertrauen will, hat die Runde höchst unterschiedliche Ansichten. Reichelt findet ihn gut: Er sei ein Mann, der "Terrorismus mit maximaler Härte bekämpft" habe. Cem Özdemir indes hält ihn für gefährlich, für einen, der Öl ins Feuer gießt.

Während die Ernennung des gemäßigteren Reince Priebus zum Stabschef noch versöhnlich stimmt, halten die meisten in der Runde die Aussicht, Stephen Bannon als Stabschef im Weißen Haus zu sehen, für wenig erbaulich. Die menschenrechtsverachtende Sprüche in dessen Online-Magazin Breitbart kann Carolin Roth nur als "ekelig" bezeichnen, und auch Kauder gefällt dessen Sprache nicht. Jordan wiegelt ab: Bannons rechte Freunde seien Randerscheinungen. "Ich glaube nicht, dass Trump so dumm ist, solchen Leuten auf Dauer eine Stimme zu geben."

Der amerikanische Journalist erinnert daran, dass es auch in der eigenen Region ein paar politische Entwicklungen gibt, über die man sich Sorgen machen könne. "Die Europäer sollten sich über beunruhigende Dinge in Europa beunruhigen", mahnt er, dafür sollten sie etwas weniger mit dem Zeigefinger Richtung Amerika wedeln. Es gebe überdies genug Leute im amerikanischen System, die Trump kontrollierten. Wie Trump künftig mit dem enormen Interessenkonflikt als Präsident und Geschäftsmann umgehen werde, kann er auch nicht voraussehen, hofft aber auf die regulierenden Kräfte seiner republikanischen Parteikollegen.

Auf die Antrittsrede warten

Wie verhalten Sie sich denn in Zukunft bei Besuchen in Washington, wollte Plasberg dann von den beiden Politikern wissen. "Sagen Sie erstmal: 'Also die schwulenfeindlichen Attacken, das geht so nicht' — oder blenden Sie das aus?" Ganz genau mag keiner der beiden das sagen. Kauder allerdings wagt sich weit vor mit einer Anspielung auf China: "Wir sind ja nicht ungeübt im Umgang mit Regierungen, die andere Ansichten in Sachen Menschenrechte haben." Dann wieder mahnt er: "Wer da oberlehrerhaft auftritt, kann gleich zu Hause bleiben." Später gibt sich der Franktionsvorsitzende wieder zahmer und sagt, er wolle auf die Antrittsrede in sechs Wochen warten: "Ich will erst mal wissen, was er denn wirklich für eine Politik macht. Was macht der in der Wirtschaft, was macht der gegen Isis? Wird er dem Putin sagen, dass das mit der Krim und der Ukraine so nicht geht?"

Keine Sippenhaft

Ob angemessen ist, dass Trump Tochter Ivanka bei Staatsbesuchen Bein zeigt und Werbung für ihren teuren Schmuck macht, findet Jordan eher egal: Man könne ja "nicht die ganze Familie unter Sippenhaft stellen, nur weil der Vater Präsident wird". Selbst Cem Özdemir ist der Klunker schnuppe. Der Grünen-Chef vertraut auf die "Selbstheilungskraft" des amerikanischen Systems und meint, es mache keinen Sinn, nun wie "Bibel-Exegeten Trumps nächtliche Tweets zu analysieren". Ihn sorgt mehr, dass in den nächsten vier Jahren "der Klimaschutz vor die Hunde" gehen könne.

Spruch des Abends:

"Trump ist so eine Mischung aus Sepp Blatter, Middelhoff, Zumwinkel, Beckenbauer, Winterkorn und Ecclestone. Obama dagegen ist eher der Typ ruhiger Gentleman." (Don Jordan)

Fazit

Ein unterhaltsamer Schlagabtausch mit offenen Worten. Ob Trump für Europa, wie Plasberg fragte, ein "heilsamer Schock" sein wird, können die Gäste allerdings nicht beantworten.

(jj)
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