Marcus da Gloria Martins bei Plasberg Wenn ein Polizeisprecher zum Helden wird

München · Marcus da Gloria Martins sprach in der Sonderausgabe von "Hart aber Fair" am Sonntag über die Herausforderung der Kommunikation beim Amoklauf von München. Auch eine Verschärfung des Waffenrechts war Thema der Sendung.

 Münchens Polizeisprecher Marcus da Gloria Martins (2.v.l.) sprach über die Hürden des Informationsflusses in Krisensituationen.

Münchens Polizeisprecher Marcus da Gloria Martins (2.v.l.) sprach über die Hürden des Informationsflusses in Krisensituationen.

Foto: Screenshot ARD

Wenn über den Amoklauf von München gesprochen wird, fällt stets sein Name: Marcus da Gloria Martins, Pressesprecher der Münchener Polizei. Er wurde zum Helden des Freitagabends, als er mit seinen klaren, ruhigen Worten immer wieder die Öffentlichkeit über den aktuellen Stand der Ermittlungen - und auch darüber, was die Polizei nicht wusste - informierte. Welche Herausforderung dies war, darüber sprach er am Sonntagabend bei Frank Plasberg in einer Sonderausgabe von "Hart aber Fair" zum Thema.

"Wir hatten die Aufgabe, mit rationalen Argumenten gegen Gerüchte und Ängste anzureden. Und das ist nicht so einfach gewesen, denn wir waren nur eine Stimme von vielen", sagte er. Zudem käme der Polizei in Krisensituationen stets eine schwierige Rolle zu: "Der Informationsbedarf ist hoch und wir müssen informieren, auch wenn wir selbst erst nach und nach Fragmente geliefert bekommen über das, was passiert ist."

Das tat die Münchener Polizei unter anderem über das soziale Netzwerk Twitter. In vier Sprachen informierte sie am Wochenende die Bevölkerung. Netzwerke wie Twitter und Facebook gerieten im Zusammenhang mit dem Münchener Amoklauf aber auch in die Kritik: Immer wieder wurden über die Netzwerke falsche Informationen, ja sogar gefälschte Bilder verbreitet, die ohnehin schon chaotische Situation in der bayerischen Landeshauptstadt teilweise noch unübersichtlicher.

Vor allem in Bezug zu Terrorakten im Namen des Islamischen Staates wie zuletzt in Würzburg und Nizza gerieten viele Menschen in Panik. Und so war auch die Schattenseite der sozialen Netzwerke Thema am Sonntagabend in der Sendung, die den Titel "Amok im Zeiten des Terrors - wie verändert die Angst unser Land?" trug. Mit Frank Plasberg diskutieren dabei außer Marcus da Gloria Martins noch Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU), die Journalistin Annette Ramelsberger, der Kriminologe Christian Pfeiffer und der Journalist Björn Staschen.

Letzterer forderte Netzwerke wie Facebook und Twitter zu schärferen Kontrollen der von ihren Nutzern geteilten Inhalten auf. "Wenn heute jeder zum Massenmedium werden kann, wenn Attentäter wie der Polizistenmörder von Paris ohne Hürden sogar live im Internet auf Sendung gehen können, dann frage ich mich, wieso Facebook und Twitter das nicht stärker kontrollieren", sagte er.

Immer wieder beschäftigte sich die Gesprächsrunde zudem mit den Motiven des Täters, dem 18-jährigen Schüler David S. Dieser soll ein Einzelgänger gewesen sein, wurde von Mitschülern gemobbt, spielte laut ersten Ermittlungsergebnissen Ego-Shooter-Spiele am Computer, recherchierte intensiv zum Thema Amoklauf und war in psychiatrischer Behandlung. Dennoch, sagte Joachim Herrmann, sei sein Handeln nach den bisherigen Erkenntnissen der Ermittler nicht voraussehbar gewesen. "Er war depressiv, aber nicht aggressiv. Und er war auch in Behandlung. Man kann zum Beispiel nicht sagen, dass die Eltern sich nicht gekümmert haben."

Christian Pfeiffer sprach zudem das Thema Ego-Shooter an: "Es stimmt, dass sie die Hemmschwelle für Gewaltanwendung sinken lassen. Aber sie sind niemals ein allein auslösender Faktor, sondern verstärken nur, wenn ohnehin etwas schon nicht stimmt."

Wie wichtig in Fällen wie dem von David S. dennoch auch der Einfluss des sozialen Umfeldes ist, betonte Marcus da Gloria Martins: "Soziale Verantwortung fängt in der Familie an. Wir als Polizei können zwar alarmiert werden. Aber wir kommen meist, wenn es schon zu spät ist", sagte er.

Eine Verschärfung des Waffenrechts in Deutschland forderte dagegen Barbara Nalepa aus Winnenden, die der Sendung kurzzeitig zugeschaltet wurde. 2009 verlor sie ihre Tochter bei dem Amoklauf an der dortigen Albertville-Realschule. Der Täter hatte damals eine Waffe aus dem Waffenschrank des Vaters, einem Sportschützen, gestohlen.

David S., der Winnenden vor seiner Tat besucht haben soll, feuerte dagegen aus einer illegalen Waffe. "Es ist Zeit, dass die Politiker nicht mehr nur reden, sondern handeln und schärfere Gesetze beschließen", sagte Barbara Nalepa, sichtlich betroffen von den Ereignissen des Wochenendes. Und auch, dass sich mögliche Täter im Internet über Amokläufe, Strategien und Möglichkeiten informieren könnten, hält sie für bedenklich. Auch da müsse es schärfere Regeln und Kontrollen geben, forderte sie.

(lai)
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