Persönlich Jan Böhmermann tarnt sich als Zyniker
Köln · Eines hat Jan Böhmermann begriffen wie kein anderer deutscher TV-Entertainer: Was im Internet-Zeitalter zählt, ist nicht Quote, sondern Aufmerksamkeit. Zwar sahen seine Sendung "Neo Magazin Royale" am Donnerstagabend bei ZDF-Neo weniger Menschen als in der Vorwoche - dafür aber hatte sein "Varoufake" zuvor die sozialen Netzwerke und Online-Medien dominiert.
Das ist Jan Böhmermann
In einem Youtube-Clip hatte Böhmermann behauptet, das in Günther Jauchs Talkshow ausgestrahlte Video des griechischen Finanzministers Giannis Varoufakis mit dem ausgestreckten Mittelfinger zuvor manipuliert zu haben. In Wirklichkeit habe dieser die Geste gar nicht gemacht. Mehrere Stunden lang rätselte Internet-Deutschland: War es ein Fake oder ein Fakefake? Bis das ZDF klarstellte: Varoufakis hatte im Video tatsächlich den Mittelfinger ausgestreckt.
Es ist nicht der erste erfolgreiche Coup des 34-jährigen Satirikers. 2009 hatte Böhmermann sich für die Harald-Schmidt-Show als Opfer der Schweinegrippe ausgegeben und es als Rüdiger Alt in einige Medien geschafft. 2014 zeigte Stefan Raab in seiner Sendung "TV Total" einen Ausschnitt einer Sendung aus China, die das Konzept seiner Show eins zu eins geklaut hatte. Blöd nur, dass Böhmermann der Urheber des Videos war und es ins Netz gestellt hatte. Plötzlich sah der über sein übergroßes Ego gestolperte Raab so alt aus wie Thomas Gottschalk. Böhmermann hingegen zeigte: Seht her, so funktioniert Fernsehen heute - mit Meta-Ebene. Dieser Erfolg war verantwortlich dafür, dass ihm auch eine Manipulation des Varoufakis-Videos zuzutrauen war.
Er nutzt diese Aktionen aber nicht nur, um seine Bekanntheit zu steigern. Er kritisiert Medien für ihre Auswüchse, Youtube-Stars, das Urheberrecht, Nazis, "Pegida". Dabei tarnt er sich nur als arroganter Zyniker. In Wirklichkeit kämpft Jan Böhmermann für das Gute in der Welt.
